Die jüngste alpine Sportlerin dieser Spiele hatte sich gut auf die Verhältnisse eingestellt, das Material stimmte und das Sebstbewusstsein auch. Noch am Morgen der Eröffnungsfeier wurde trainiert. Nach fünf Trainingstagen und der späten Rückkehr ins Olympische Dorf wurde sie an ihrem freien Tag zwar morgens um acht für eine Dopingkontrolle geweckt, aber am nächsten Tag stand nur noch ein Abschlusstraining an und sie war bereit für ihr erst 21. Rennen bei den Großen. Und bei ihrem mit großem Abstand bisher größten Rennen war am Montag ausnahmslos die Top 18 der Welt am Start. „Ich versuche, in meiner Blase zu bleiben und nicht viel darüber nachzudenken, wie gut die anderen sind. Ich will einfach mit Selbstbewusstsein an den Start gehen“, meinte Gwyneth ten Raa in einem Video des COSL am Wochenende.
Das tat sie auch, wie Gilles Osch versicherte. Sie startete gut in den anfänglichen Steilhang. „Sie wollte gut fahren, nicht nur runterkommen“, erklärte der Teamchef und meinte, dass Ten Raa ihren Fehler nach kaum 20 Sekunden, knapp vor dem Übergang in ein Flachstück und der ersten Zwischenzeit, bereits relativ gut verkraftet habe. „Im ersten Moment war sie natürlich enttäuscht, aber das war kein Anfängerfehler“, analysierte der frühere WM-Teilnehmer. „Sie ist nach dem vorigen Schwung etwas spät auf die Kante gegangen, hat mit dem Körper reingedreht, um dennoch nah am Tor zu bleiben, viel Druck gegeben und hat dabei einen kleinen Innenskifehler gemacht. Das wird ihr auch in späteren Rennen noch passieren, aber es ist natürlich schade, wenn man in so einem Rennen rausfliegt. Bei FIS-Rennen fährt man die nächste Woche das nächste, bei Olympia muss man vier Jahre warten.“

Es war ein spannender Wettkampf um das erste Gold der alpinen Skifahrerinnen bei diesen Spielen und die deutsche Nachwuchshoffnung Emma Aicher hatte die Verhältnisse passend resümiert: „Die Piste mit dem trockenen, aggressiven Schnee verzeiht keinen Fehler.“ Zudem hatte der Wind über Nacht für einen etwas eisigeren Steilhang gesorgt. Unter anderem die italienische Mitfavoritin Marta Bassino, die einzig für dieses Rennen angereist war, war sogar schon nach zwei Toren draußen. Wenige Tore später schied auch die Titelverteidigerin von Pyeongchang, Mikaela Shiffrin, mit dem gleichen Fahrfehler wie Bassino und Ten Raa aus. Daran hatte die junge Athletin am Wochenende aber sicher nicht gedacht, als sie meinte: „Mein Idol ist Mikaela Shiffrin. Als ich sie das erste Mal gesehen habe, wollte ich auch so sein wie sie.“
Noch bleibt Ten Raa in Peking aber nach einem kurzen Training am Mittwoch der Slalom und danach eine ganze Skikarriere. Schließlich landete die zwei Jahre ältere Emma Aicher als beste Fahrerin aus dem neuen Millennium mit fast fünf Sekunden Rückstand auf dem 21. Platz und war die höchste Startnummer, die es unter die Top 30 für den zweiten Lauf schaffte. Die auch erst 20-jährige starke neuseeländische Mitfavoritin und Teamkollegin von Ten Raa, Alice Robinson, hatte jedoch öfters überdreht und enttäuschte als 22. Ganz vorne setzte sich ein erfahrenes Trio durch: Die 29-jährige Schwedin Sara Hector, die in diesem Winter bereits drei Weltcups gewonnen hat, brillierte im ersten Durchgang. Ihren Vorsprung auf die italienische Bronzemedaillengewinnerin von Pyeongchang, Federica Brignone, behauptete sie nervenstark im zweiten. Bei insgesamt größeren Abständen schob sich die schweizerische Achte des ersten Durchgangs, Lara Gut-Behrami, mit einem verwegenen Laufsieg noch auf die letzte Stufe des Podests.

Feuz holt Abfahrts-Gold
Der Schweizer Beat Feuz hat bei den Olympischen Spielen in Peking die Abfahrt gewonnen. Der Weltmeister von 2017 siegte mit 0,10 Sekunden Vorsprung vor Altmeister Johan Clarey aus Frankreich, der im Alter von 41 Jahren und 29 Tagen nun der älteste alpine Medaillengewinner bei Olympia ist. Bronze ging an Matthias Mayer aus Österreich (+0,16), dem nach den Siegen 2014 in der Abfahrt und 2018 im Super-G knapp ein historisches Triple misslang. „Es war ein enges, schwieriges Rennen auf einer neuen Strecke. Der schönste Moment war, als die Nummer 30 im Ziel war. Dann habe ich den Anruf von meiner Freundin und Tochter bekommen. Da sind dann alle Emotionen hochgekommen“, berichtete der glückliche Sieger.
De Maart
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