Unter Zwangsarbeit errichteten 1936 Häftlinge aus den NS-Emslandlagern unter menschenunwürdigen Bedingungen das Konzentrationslager Sachsenhausen/Oranienburg nördlich von Berlin. Das von einem SS-Architekten entworfene Lager wurde als idealtypisches Konzentrationslager konzipiert und sollte dem Weltbild des Nationalsozialismus architektonischen Ausdruck geben und die Häftlinge auch symbolisch der absoluten Macht der SS unterwerfen.
Mehr als 200.000 Menschen waren zwischen 1936 und 1945 im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Mehrere Zehntausende kamen durch Misshandlungen, Zwangsarbeit, Hunger oder Krankheiten um, oder sie wurden Opfer von systematischen Vernichtungsaktionen der SS. Tausende von Menschen mussten während der Todesmärsche nach der Evakuierung des Lagers Ende April 1945 ihr Leben lassen.
129 luxemburgische Gefangene wurden in Sachsenhausen inhaftiert, davon kamen 33 unschuldige Männer qualvoll ums Leben. 19 der Inhaftierten weigerten sich, der SS oder der Schutzpolizei Deutschlands beizutreten bzw. einen Eid auf Hitler abzulegen. Unter ihnen waren 15 junge Soldaten aus der Freiwilligenkompanie, zwei Gendarmen und zwei Polizisten.
Blumenniederlegung am Denkmal
Am Samstag hatte die „Amicale des anciens prisonniers politiques et familles de disparus de Sachsenhausen/Oranienburg“ zu einer Gedenkfeier eingeladen. Nach einer Gedenkmesse wurden Blumen am „Monument aux morts de la Force armée“ am „Kanounenhiwwel“ niedergelegt. Die Anwesenden gedachten der ermordeten Luxemburger und der unzähligen Opfern des Naziregimes.
Aufgrund der Pandemie fand die Gedenkzeremonie in einem kleinen Rahmen statt. Gegenüber dem Tageblatt unterstrich Josée Gaasch-Trauffler von der „Amicale Sachsenhausen“ die Wichtigkeit der Erinnerung. Gedenkzeremonien alleine reichten nicht aus. Vielmehr müsse man auch die Jugend mit einbinden. Die Amicale tue dies seit langen Jahren mit Schulklassen des Sekundarunterrichts, etwa durch Studienreisen nach Sachsenhausen.
Steit um Straßennamen
Eine aktuelle Angelegenheit ist den Verantwortlichen der Amicale ein Dorn im Auge. Derzeit entsteht das neue Wohngebiet „Aderluch“ an jener Stelle, an der sich von 1942 bis 1945 ein Außenkommando des Konzentrationslagers Sachsenhausen befand, aus dem später ein sowjetisches Speziallager wurde. Dort war die damals 16-jährige Gisela Gneist unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert. Nun beabsichtigen die Stadtverordneten in Oranienburg, eine Straße im Wohngebiet auf den Namen Gisela Gneist zu taufen.
Grundsätzlich stehe dem Vorhaben, die Straße auf den Namen einer Inhaftierten aus diesem Lager zu taufen, nichts entgegen. Gisela Gneist aber sei öfters ins Rechtsextreme abgedriftet. Ihr Vater war Mitglied der NSDAP, sie selbst gehörte ab 1940 dem Bund Deutscher Mädel (BDM) an.
Und damit nicht genug. In einem Schreiben an den Bürgermeister der Stadt Oranienburg, Alexander Laesicke, zeigte sich José Trauffler, die ebenfalls Mitglied im Internationalen Sachsenhausenkomitee (ISK) ist, entsetzt. Denn Gisela Gneist habe die Taten im Konzentrationslager verharmlost, später sogar Gaskammern geleugnet, schreibt Trauffler.
Trauffler setzte zusammen mit dem ISK alle Hebel in Bewegung, um die Benennung der Straße nach Gisela Gneist zu verhindern. Auch die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und der Zentralrat der Juden reagierten und forderten eine Alternative seitens der Stadt. Bisher ohne Erfolg.

De Maart
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