Tageblatt: Als Coach des Teams, aber ebenso als Vater von Geoffrey und Matthieu haben Sie zwei Kappen auf. Wie schwierig ist dieser Spagat?
Gilles Osch: Ich sehe das überhaupt nicht als Nachteil. Wir funktionieren richtig gut zusammen. In dieser Konstellation haben wir bereits einige Rennen absolviert, auch ziemlich erfolgreich die letztjährige Weltmeisterschaft. Zum Team gehört natürlich ebenso Patrick Empatz als Trainer. Jetzt kommt noch Gwyneth (Ten Raa) dazu. Sie kennt uns gut und wir kennen sie schon lange. Sie integriert sich sehr gut in unsere kleine Struktur.
Wie fühlt es sich an, mit Ihren beiden Söhnen bei den Spielen zu sein?
Ich weiß nicht, ob es weltweit viele Familien gibt, die solch ein Glück haben. Ich freue mich riesig darüber und bin stolz. Es zeigt, dass wir nicht umsonst jahrelang hart gearbeitet haben. Dabei waren die Spiele so natürlich nicht geplant. Das hat sich so ergeben. Mit Geoffrey als Physiotherapeut und Matthieu als Athlet. Und ich dann für den technisch-administrativen Bereich, als Co-Trainer auf der Strecke und ebenso als Servicemann. Es macht viel Freude, dass jetzt auch Gwyneth dabei ist. Es ist also nicht nur die Familie Osch.
Wie erklären Sie sich, erstmals zwei alpine Skifahrer bei den Spielen dabei zu haben?
Wir haben die letzten 20 Jahre in der FLS versucht, ganz konsequente Aufbauarbeit zu leisten. Beim Skifahren stellen sich die Erfolge nicht von heute auf morgen ein. Es wird ein großes Invest an Zeit und Mitteln verlangt. Matthieu hat den Schritt ins Ausland (an ein Skigymnasium in den Alpen, Anm. d. Red.) gewagt, diesen Schritt hat später auch Gwyneth gemacht. Wir haben in die richtige Richtung gearbeitet und ernten jetzt die Früchte hierfür.
Ich freue mich riesig darüber und bin stolz. Es zeigt, dass wir nicht umsonst jahrelang hart gearbeitet haben.
Sie trainierten zeitweise mit Marc Girardelli. Kann aber jemand, der im Flachland in Luxemburg geboren wurde, ähnliches erreichen? Also im Weltcup um Siege mitfahren?
In letzter Zeit gibt es immer mehr Fahrer vorne, die nicht aus den Alpenländern stammen. Also hat auch Luxemburg seine Möglichkeiten. Man kann aber vergessen, von Luxemburg aus erfolgreich zu sein. Wenn man nicht vor Ort lebt, erreicht man nie das nötige Niveau. Der Belgier Armand Marchant (Top 50 im Slalom, Anm. d. Red.) oder vor zwei Wochen auch Dave Ryding, der lange und hart gearbeitet hat, um als erster Brite einen Weltcup zu gewinnen, und das auch noch in Kitzbühel, zeigen, dass es möglich ist. Unser Ziel ist nicht, wieder Weltcups zu gewinnen. Ich hätte aber auch nichts dagegen.
Wir wollen vielmehr das Skifahren nach vorne bringen. Für uns ist es aber schwierig, große Teams zu haben. Wir werden nicht plötzlich drei oder vier Leute vorne haben. Wir müssen in Luxemburg zudem aufpassen, weil es ein schwieriges Gleichgewicht ist. Einen Topsportler nach vorne zu bringen, kostet viele Ressourcen. Darüber darf man den Nachwuchs nicht vergessen.
Was erschwert den Weg nach vorne? Das Know-how für Training und Wettkampf, die Infrastruktur oder das Material?
Für eine erfolgreiche Skikarriere ist es ziemlich schwierig, an das nötige Know-how zu kommen. Wie trainiert man, welches Material nutzt man? Ebenso die Frage, wann man am besten wo trainiert und welche Rennen man bestreiten soll. Dass Leute aus anderen Ländern nach vorne fahren, ist nur möglich, weil es vermehrt private Strukturen gibt, die sich dieses Wissen erwerben. Die Alpenländer haben etwas Angst davor, ihre Dominanz zu verlieren.

Thema Material, wie gut ist Ihr Team ausgestattet?
Ein Olympiastart öffnet natürlich einige Türen und unsere Athleten haben noch einmal Material bekommen. Jeder hat seine besten vier Paar Ski für Slalom und ebenso für Riesenslalom dabei. Wir sind für unser Niveau gut ausgerüstet und die Herausforderung ist jetzt, aus diesem Material das Beste herauszuholen. Die große Unbekannte war dabei der Schnee. Es ist hundertprozentiger Kunstschnee, ganz ohne natürlichen Niederschlag. Das kennen alle Teams so nicht, aber wir werden klarkommen.
Wie sind denn die Bedingungen in Peking?
Ich muss sagen, die Pisten aus Kunstschnee sind wirklich außergewöhnlich. Vorzüglich präpariert, steil, eine Herausforderung. Wir haben extrem gute Trainingsbedingungen, immer blauen Himmel und es ist sehr kalt. Wir sind früh genug vor Ort und wir können uns in unserer kleinen Blase mit unserem eingespielten Team optimal einstellen. Falls sich die Bedingungen nicht ändern, haben wir bereits jetzt unsere Skiauswahl so weit getroffen und müssen nur noch mit dem passenden Wachs spielen. Die Chinesen sorgen dann dafür, dass mit dem Virus alles möglichst sicher ist. Es wird wohl kaum Orte auf der Welt geben, die mit der Pandemie so sicher sind wie das Olympiadorf, sodass wir uns ganz auf unsere Wettkämpfe konzentrieren können.
Thema Wettkampf: Matthieu wird bei seinem Start genau einen Monat ohne Rennen sein. Ist das kein Nachteil?
Natürlich kann das ein Problem werden, aber das war ohne höheres Risiko eines positiven Tests nicht anders möglich. Matthieu kann sich aber ziemlich gut auf solch eine Situation einstellen.
Gwyneth hat hingegen in ihren erst 20 Rennen bei den „Großen“ alle überrascht, aber ist im Gegensatz zu Matthieu noch nie bei Olympischen Spielen der Jugend, WM oder anderen großen Rennen gestartet. Könnte sie ihr erstes großes Rennen gleich bei den Olympischen Spielen nicht plötzlich lähmen?
Das glaube ich nicht. Unsere beiden Sportler sind sich ziemlich ähnlich. Sie haben vollen Fokus auf ihren Sport, sind sehr ehrgeizig, ihr Bestes zu geben. Matthieu hat natürlich viel mehr Erfahrung bei großen Rennen, aber für ihn war vor vier Jahren die Situation ähnlich. Und er gibt ihr diese Erfahrung weiter. Gwyneth hat den Vorteil ihrer jugendlichen Unbekümmertheit. Sie kann es ganz unbeschwert angehen und braucht nichts zu fürchten. Dabei hat sie ihre mentale Stärke schon oft genug bewiesen. Ich glaube, dass wir auch das richtige Team um Gwyneth haben und erfahren genug sind, um ihr den Stress zu nehmen. Wir haben ihr bereits gesagt: „Maach däi Bescht a genéiss et.“ Es sind ihre ersten, aber wohl nicht ihre letzten Spiele.
Und die aktuelle Form der beiden?
Sie sind beide sehr gut in Form, sehr froh mit den Bedingungen, haben sich bereits gut angepasst. Alles passt und es könnte nicht viel besser sein.

		    		
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