Am selben Tag, wie Luxemburg seinen ersten Omikron-Fall bekannt gab, musste Großbritannien den ersten an einer Erkrankung mit der Coronavirus-Mutation Verstorbenen melden. Mindestens ein mit Omikron infizierter Patient sei gestorben, sagte Premierminister Boris Johnson am Montag in London. Die neue Corona-Variante breite sich mit „phänomenaler“ Geschwindigkeit aus, „wie wir es noch nicht erlebt haben“, sagte Gesundheitsminister Sajid Javid dem Sender Sky News. Die Zahl der Neuinfektionen verdoppelt sich derzeit alle zwei bis drei Tage.
Die neue Virusvariante mache inzwischen bereits rund 40 Prozent der Corona-Infektionen aus; die Zahl der Krankenhauseinweisungen steige, sagte Johnson bei einem Besuch in einem Impfzentrum in der britischen Hauptstadt. Der Premierminister hatte die Omikron-Ausbreitung am Sonntagabend in einer Fernsehansprache zum „Notfall“ erklärt und von einer auf das Land zurollenden „Flutwelle“ gesprochen. Angesichts der Lage erhöhten die Behörden die Corona-Warnstufe auf die zweithöchste Stufe.
Die Kampagne für Auffrischungsimpfungen soll zudem beschleunigt werden, um möglichst vielen Erwachsenen schon vor Jahresende eine dritte Impfdosis zu verabreichen. Die Impftermin-Website des nationalen Gesundheitsdienstes NHS brach am Montag unter der großen Nachfrage zusammen. Interessenten für Schnelltests erhielten die Mitteilung, dass die Vorräte erschöpft seien. Vor den Impfzentren in London bildeten sich lange Schlangen. Seit Montag sind die Briten auch wieder aufgerufen, im Homeoffice zu arbeiten.
Niemand sollte daran zweifeln: Auf uns kommt eine Omikron-Flutwelle zu
Auch die Forschung kann zurzeit nicht mit beruhigenden Neuigkeiten aufwarten. Eine zweifache Covid-19-Impfung erzeugt einer britischen Studie zufolge nicht genügend neutralisierende Antikörper gegen die neue Omikron-Variante. Wissenschaftler der Universität Oxford kamen zu diesem Schluss nach Labortests mit Blutproben von Geimpften, die die Vakzine von AstraZeneca oder Biontech/Pfizer erhielten. Der am Montag veröffentlichten Studie zufolge gibt es aber noch keine Hinweise dafür, dass die niedrigeren Antikörperspiegel bei Omikron zu einem höheren Risiko für schwere Erkrankungen oder gar Todesfälle führen könnten.
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa wurde derweil positiv auf das Coronavirus getestet. Der 69-Jährige habe nach dem Staatsbegräbnis für Ex-Präsident Frederik de Klerk in Kapstadt am Sonntag begonnen, sich unwohl zu fühlen und sei daraufhin getestet worden, erklärte sein Büro. Ramaphosa ist demnach vollständig geimpft und wohl auf. In Südafrika war im November erstmals die mittlerweile auch in Europa verbreitete Omikron-Variante des Coronavirus festgestellt worden. Die Zahl der Coronavirus-Fälle in Afrika hat sich im Zuge der Ausbreitung von Omikron innerhalb einer Woche fast verdoppelt.
Australien will die Wartezeit für eine Auffrischungsimpfung verkürzen, weil immer mehr Fälle der Omikron-Variante im Land gemeldet werden. Wie Gesundheitsminister Greg Hunt in einer Erklärung bestätigt, soll die Frist von sechs auf fünf Monate nach der zweiten Dosis verkürzt werden.
Eine Frage von wenigen Wochen
Norwegen fürchtet bei einer ungebremsten Omikron-Ausbreitung bis zu Hunderttausende Neuinfektionen täglich. Bereits im Dezember werde Omikron eine Welle mit vielen Erkrankten und Krankenhauseinlieferungen sowie einer bedeutenden Belastung von Gesundheitswesen und Gesellschaft verursachen, schrieb das nationale Gesundheitsinstitut FHI am Montag in einer Risikobewertung. Das skandinavische Land will noch in dieser Woche die Corona-Maßnahmen verschärfen.
Dass die Omikron-Variante andere Virusvarianten wie Delta bald verdrängt haben wird, erwartet Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel in der Schweiz. Nach Einschätzung des renommierten Experten wird, wenn Entwicklung so weitergeht, „Omikron in etwa zwei bis vier Wochen in Europa vorherrschend sein“, so Neher in einem am Montag auf der Webseite der Universität veröffentlichten Interview. Daten aus Dänemark und Großbritannien legten nahe, dass sich die Zahl der Omikron-Ansteckungen alle drei bis vier Tage verdoppele.
Die Übertragungsrate ist dem Schweizer Experten zufolge dreimal so hoch wie bei Delta. Grund dafür sei, dass sich sowohl Geimpfte als auch Ungeimpfte infizieren. Gegen eine Ansteckung seien Geimpfte bei der Delta-Variante besser geschützt gewesen als nun bei Omikron. Zumindest aber seien Geimpfte und vor allem Geboosterte bei Omikron nach den bisherigen Hinweisen wohl weiter vor einem schweren Verlauf der Krankheit Covid-19 geschützt.
Für Luxemburgs ersten Omikron-Fall trifft das leider nicht zu. Die junge Frau, die in einem Pflegeheim arbeitet, ist nach Angaben der Gesundheitsbehörden zweimal geimpft gewesen – sie leidet jetzt unter schweren Symptomen und befindet sich in medizinischer Behandlung. (Reuters, dpa, A.B.)
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können