„Eine Million auf den Circo Massimo“ hieß die Parole, mit der die Impfgegner der No-Vax- und No-Green-Pass-Bewegungen zum Protest gegen die Anti-Covid-Maßnahmen der italienischen Regierung aufgerufen hatten. Am Ende versammelten sich am vergangenen Samstag in Rom etwa 4.000 Menschen. Die geplante „Befreiung Italiens“ blieb auch diesmal aus, doch die Töne der Demonstrationen – wie auch der in Mailand und Triest – wurden aggressiver. Insbesondere richteten sich die Demonstrationen gegen die Absichten der Regierung Mario Draghis, im Falle deutlich ansteigender Infektionsraten die Anti-Covid-Maßnahmen im Lande nochmals zu verschärfen. Seit Mitte Oktober gilt ein Dekret, das sowohl den Zutritt zum Arbeitsplatz als auch zu öffentlichen Einrichtungen nur noch unter Vorzeigen des sogenannten Green Pass erlaubt. Überall in Italien gilt somit die 3G-Regel. Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss sich mindestens zweimal in der Woche für je 15 Euro kostenpflichtig testen lassen. Sprecher des Gesundheitsministeriums begründen diese Maßnahme damit, dass der Anreiz, sich doch impfen zu lassen, materiell untermauert werden soll.
Etliche Demonstranten forderten auf Plakaten, die Pläne der Regierung zurückzuweisen, jetzt auch Kinder b dem Alter von fünf Jahren impfen zu lassen. Die Organisatoren der Proteste riefen ab dem 11. Dezember zu landesweiten „Impfstreiks“ und dem Verweigern des Vorzeigens des Green Pass auf. Ähnliche Forderungen stellten auch Demonstranten in Mailand, Turin und Triest.
Nazisymbole und Antisemitismus
Wie bereits bei ähnlichen Veranstaltungen aus den vergangenen Monaten dominierten rechte Organisationen den Protest in Rom. Transparente mit der Aufschrift „No Green Pass“ waren so beschriftet, dass für die beiden letzten Buchstaben die auch in Italien verbotenen SS-Runen benutzt wurde. Etliche andere waren deutlich antisemitischen Inhalts. So verwies ein Banner darauf, dass eine jüdische Verschwörung gemäß dem „Protokoll der Weisen von Zion“ mit der Corona-Pandemie die Weltherrschaft anstrebe.
Fahnen der rechtsextremen Forza Nuova tauchten ebenso unter den Demonstranten auf wie Trump-Banner. Auch die „Gelben Westen“ des früheren Carabinieri-Generals Antonio Pappalardo waren inmitten der Protestierenden zu finden. „Wir stehen an der Geburt einer neuen Bewegung, die diese Gesundheitsdiktatur hinwegfegen wird“, so der Ex-General. Diese Bewegung, so Pappalardo, solle bewirken, dass sowohl die „diktatorische Regierung Draghi als auch Präsident Mattarella“ nach Hause geschickt würde. Das Volk würde sich dann einen neuen Führer wählen, erklärte der Ex-General.
Corona-Partys und Trauma Bergamo
Laut Regierungsdekret erhalten auch Genesene einen Green Pass. Dies aufgreifend, beobachtet man in Südtirol starke Tendenzen, sogenannte Corona-Partys abzuhalten. Die Idee solcher Partys, so erklärte der stellvertretende Koordinator des Covid-Zentrums von Bozen, Patrick Franzoni, käme aus Deutschland und Österreich. In beiden Ländern hätten vor allem Jugendliche in weitem Maße solche Partys organisiert. Hier sollen sich Infizierte mit Nichtinfizierten treffen, um das Virus weiterzuverbreiten. Bei leichten Verläufen wären die Menschen dann von der Krankheit geheilt und könnten so einen Green Pass erhalten. Franzoni äußerte die Besorgnis, dass die ohnehin schon angespannte Lage in der autonomen Provinz Bolzano (Bozen) vollkommen aus dem Ruder laufen und eine Situation heraufbeschwören könnte, wie man sie zu Beginn der Pandemie in Bergamo und der übrigen Lombardei beobachten musste.
Im März 2020 waren alle 80 Intensivbetten des „Papst-Johannes-XXIII-Krankenhauses“ in Bergamo belegt, neu ankommende Patienten mussten auf den Fluren versorgt werden. Per Triage entschieden die Ärzte, wem keine Behandlung zukommen konnte. Lastwagen der Armee transportierten die Leichen ab.
Das Trauma von Bergamo sitzt tief. Noch ist die Situation der vierten Corona-Welle nicht an einem kritischen Punkt wie vor 20 Monaten angelangt, da die Impfquote in Italien eine der höchsten in Europa ist. Damit die Lage auch beherrschbar bleibt, will die Regierung in Rom den dritten Impfzyklus möglichst schnell vorantreiben. Proteste wie jene der No-Vax- und No-Green-Pass-Bewegungen sind da kontraproduktiv.
"Corona-Partys." Geil, aber bitte die spätere Katerstimmung einfach übergehen, Spreewaldgurken sollen sehr dazu beitragen können, dass das Virus weniger aggressiv ist. :-)