Samstag8. November 2025

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Seit drei Wochen „Green Pass“Italiens Erfahrungen mit dem Impfpass 

Seit drei Wochen „Green Pass“ / Italiens Erfahrungen mit dem Impfpass 
Italienische Gewerkschafter gehen nach Angriffen durch Neofaschisten auf die Straße Foto: AFP/Alberto Pizzoli

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Seit der Einführung des sogenannten „Green Pass“ hat sich in Italien die Covid-Impfrate deutlich gesteigert. Die von der Regierung Mario Draghis angeordnete Maßnahme scheint von Erfolg gekrönt. Auch wenn nicht alle Italiener sie mit Freude akzeptieren, halten sich die Proteste im Rahmen.

Seit zwei Wochen ist das sogenannte Green-Pass-Dekret in Kraft, eine Verordnung, die die Italiener nicht nur verpflichtet, in öffentlichen Einrichtungen wie Theater, Museen, Restaurants oder Sportclubs, sondern auch am Arbeitsplatz ein Zertifikat vorzuzeigen, in dem eine vollständige Impfung, ein gültiger Negativtest auf Coronaviren oder die Bestätigung einer ausgeheilten Infektion nachgewiesen werden muss.

Die Ankündigung einer solchen gesetzlichen Verpflichtung hatte starke Proteste der Impfgegner-Bewegung hervorgerufen. Unter Führung der neofaschistischen Forza Nuova hatten Militante den Gewerkschaftssitz der CGIL – der größten italienischen Arbeitnehmervertretung – gestürmt und dort randaliert. Proteste gab es auch im Hafen von Triest sowie in der Mailänder Innenstadt.

Inzwischen hat sich die Lage beruhigt, es gibt zwar noch Proteste, aber sie werden kleiner. An den Demonstrationen, die regelmäßig in den verschiedensten Städten abgehalten werden, nehmen nur wenige Hundert Personen teil. Immer wieder beobachten die Sicherheitskräfte jedoch, dass extrem rechte Formationen – angefangen von Forza Nuova bis hin zu den Fratelli d’Italia – die Bewegungen der Impfskeptiker unterwandern und die Kundgebungen für ihr politisches Ziel missbrauchen, die in Rom amtierende Administration zu spalten und zu Fall zu bringen. Nicht zuletzt wittern FdI Morgenluft: Nach aktuellen Umfragen käme ein Mitte-rechts-Bündnis auf 46,5 Prozent der Wählergunst und würde bei Neuwahlen eine deutliche parlamentarische Mehrheit erhalten können.

Gewerkschaften sind sich uneins

Doch abgesehen von den politischen Zielen, die einige Gruppierungen derzeit verfolgen, wird die Impfpass-Frage breit in der Gesellschaft diskutiert. Dabei hatten bereits im Vorfeld des Inkrafttretens der Green-Pass-Pflicht die großen Gewerkschaften wie CGIL, CSIL und UIL eine Unterstützung des Draghi-Kurses signalisiert. Wie der Regierungschef sahen auch die Spitzen dieser Arbeitnehmervertreter die Notwendigkeit, das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben des Landes am Laufen zu erhalten, um die bereits im ersten Jahr der Pandemie erlittenen wirtschaftlichen Verluste nicht weiter auszudehnen.

Hingegen zeigen sich die kleineren Gewerkschaften, die vor allem im Dienstleistungs- und Bildungssektor engagiert sind, von den restriktiven Maßnahmen enttäuscht. Sie sehen die von ihnen vertretenen Werktätigen – vor allem Mitarbeiter des Gesundheitswesens, Lehrer und Erzieher, Angestellte im öffentlichen Dienst – zu stark gegängelt und in ihren persönlichen Freiheiten eingeschränkt. Die Impfung gegen das Coronavirus ist in Italien freiwillig, doch sehen die Gegner mit der Einführung des obligatorischen Green Pass die Einführung eines Impfzwangs durch die Hintertür. Dies umso mehr, als Tests, die Impfverweigerer ihrem Arbeitgeber vorlegen müssen, nicht mehr staatlich subventioniert werden, sondern von den Betroffenen selbst bezahlt werden müssen.

Noch gilt ein Kündigungsschutz

Auf einigen der Protestveranstaltungen wird Impfgegnern und -verweigerern vorgeschlagen, bis auf Weiteres der Arbeit unentgeltlich fernzubleiben und sich nicht dem „Green-Pass-Diktat“ zu unterwerfen. Fraglich bleibt dabei zweierlei: Können die Betroffenen bis zum Jahresende den Gürtel enger schnallen und von Erspartem leben? Und zweitens: Werden Arbeitgeber eine solche Arbeitsverweigerung dulden und keine Kündigungen aussprechen? Im Moment sind Arbeitnehmer noch durch die Green-Pass-Verordnung vor Kündigung geschützt.

Ich kann dann zwei Tage in der Woche arbeiten. Bis Ende Dezember werde ich auch mit meinen Ersparnissen so wohl durchhalten können, was dann kommt, wird man sehen.

Raffaele M., 46-jährige Kraftfahrer eines mittelständischen Logistikunternehmens, lässt sich nur einmal in der Woche testen

Zwar kann und wird das Unternehmen den Mitarbeitern, die aus Gründen einer Green-Pass-Verweigerung zu Hause bleiben, den Lohn für die entsprechende Zeit vorenthalten. Doch das auch von der Verfassung geschützte Recht auf Arbeit wird davon nicht berührt. Eine Maßnahme, die den schwelenden Konflikt zwischen den unterschiedlichen Interessen nicht noch künstlich anheizen soll. Denn viele Menschen, die aus Unsicherheit oder anderen persönlichen Gründen sich nicht einer Corona-Schutzimpfung aussetzen wollen, können sich mehrere kostenpflichtige Tests pro Woche nicht leisten. So zum Beispiel Raffaele M. aus dem toskanischen Colle Val d’Elsa. Der 46-jährige Kraftfahrer eines mittelständischen Logistikunternehmens lässt sich nur einmal in der Woche testen. „Ich kann dann zwei Tage in der Woche arbeiten. Bis Ende Dezember werde ich auch mit meinen Ersparnissen so wohl durchhalten können, was dann kommt, wird man sehen.“ Wie Raffaele, so hoffen auch Tausende andere, dass die derzeit drastischen Maßnahmen zum Jahresende aufgehoben werden können.

Schwieriger Balanceakt, aber Zustimmung steigt

Sowohl Draghi als auch die ihn unterstützenden Gewerkschaften sehen, dass es ein schwieriger politischer Balanceakt ist, Impfverweigerer vom Zutritt zu Arbeit und Lohn auszuschließen beziehungsweise dreimal pro Woche zu einem kostenpflichtigen Test zu zwingen. Doch stehen allen Italienern noch die dramatischen Bilder der ersten Pandemie-Wochen vor Augen, als die Krankenhäuser des sonst reichen Landesnordens rettungslos überfüllt waren und Militärlaster die Leichen abtransportierten. Bei einer neuen verstärkten vierten Welle könnte Bergamo leicht überall sein. Schon aus diesem Grunde sieht sich der Premier bestätigt.

Ein weiteres Signal, das Draghi positiv aufnehmen dürfte, sind die Impfraten, die seit Inkrafttreten des Green-Pass-Dekrets deutlich angestiegen sind. Ließen sich in den Monaten vor der Ankündigung der Green-Pass-Pflicht 1,2 Millionen Bürger impfen, so stieg die Zahl nach dem 15. Oktober auf 1,8 Millionen. Bis zu 600.000 Menschen lassen sich täglich testen. Mit 132.000 Covid-Toten und mehreren harten Lockdowns war Italien das am härtesten betroffene Land der EU.

Dabei steht das Belpaese im Impfschutz gar nicht einmal schlecht da. Auch aufgrund der jetzt ergriffenen Maßnahmen kann Rom darauf verweisen, dass 82 Prozent der impffähigen Bevölkerung vollständig immunisiert sind. In Deutschland sind es im Vergleich nur 66 Prozent. In Luxemburg sind mit Stand vom 26. Oktober 75,1 Prozent der Impffähigen (ab einem Alter von zwölf Jahren) vollständig geimpft. Auch liegen die 7-Tage-Inzidenzzahlen mit 29 sehr niedrig im Vergleich zu Deutschland (139) und Luxemburg (155).

Diese positiven Ergebnisse werden wohl den Ausschlag geben, weshalb die Green-Pass-Maßnahmen der italienischen Regierung zunehmend Zustimmung in der Bevölkerung finden.

werner
2. November 2021 - 20.37

Die meisten von denen arbeiten gar nicht.
Wer hätte die denn angestellt?

Ujheen
1. November 2021 - 18.55

@ HTK
Mat Aere bëllege Gehässegkeeten iwwerzeecht Der bestemmt keen. An ech kennne vill net Geimpfte Leit, an dat sinn alles aanescht wéi Toperten. Haalt op ze pauschaliséieren!

HTK
31. Oktober 2021 - 13.16

Blödheit kennt eben keine Grenzen. Wir wären schon weiter müssten wir uns nicht mit solchen Dummheiten rumschlagen.