Samstag8. November 2025

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ÖsterreichSchwarzer Freitag für Sebastian Kurz: Meinungsforscherin packt aus

Österreich / Schwarzer Freitag für Sebastian Kurz: Meinungsforscherin packt aus
Ein Kanzler-Comeback für Sebastian Kurz ist vor dem Skandal-Hintergrund geradezu unvorstellbar. Foto: dpa/Lisa Leutner

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In der Affäre um für die ÖVP frisierte Meinungsumfragen und deren Finanzierung aus Steuergeldern will eine Beschuldigte ihren Kopf durch Kooperation mit der Justiz aus der Schlinge ziehen. Es wird eng für die Kurz-Partei.

Seine Fans träumen von einem baldigen Comeback des ÖVP-Chefs, den der grüne Koalitionspartner vor drei Wochen zum Auszug aus dem Kanzleramt gezwungen hatte. Sobald sich alle Vorwürfe im Nichts aufgelöst haben, könnte Kurz wieder im von Alexander Schallenberg nur warm gehaltenen Kanzlersessel Platz nehmen. Außer vom verblassenden Messiasglanz geblendeten Kurzianern teilt zwar niemand diese Lazarus-Hoffnung, doch seit gestern müssen auch ihnen Zweifel kommen. Denn für die türkise Buberlpartie wird es immer enger.

Nach den moralischen Abgründen, die ihre Chat-Protokolle offenbarten, droht nun auch das alle Comeback-Träume zerstörende Ungemach auf der strafrechtlichen Ebene. Es dürfte nämlich eine Kronzeugin geben: Ob die Meinungsforscherin Sabine Beinschab am Ende tatsächlich von der Kronzeugenregelung profitieren wird, hängt von einer Entscheidung der Justiz am Ende der Ermittlungen ab. Bekannt ist aber bereits, dass die Gründerin des Marktforschungsinstituts Research Affairs auspacken will.

Die 37-Jährige war vor drei Wochen vorübergehend festgenommen worden und soll im Zuge der Einvernahme nicht nur geständig gewesen sein. Wie aus Medien nun vorliegenden Akten hervorgeht, erklärte sich Beinschab zur Aussage über Mitbeschuldigte bereit: „Ich bin nunmehr bereit, freiwillig mein Wissen über Tatsachen und/oder Beweismittel zu offenbaren, deren Kenntnis wesentlich dazu beitragen kann“, die Vorwürfe aufzuklären, heißt es in einem von ihr unterschriebenen Dokument.

Korruptes Netzwerk

Um diese Vorwürfe geht es: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hegt den Verdacht, dass das Team um den damaligen Außenminister Kurz in den Jahren 2016/17 bei der Vorbereitung der Machtübernahme in der ÖVP für die türkisen Parteirebellen günstige Umfragen bei Beinschab bestellt und die Kosten dafür über Scheinrechnungen dem Finanzministerium untergejubelt hat. Dort hatte damals der Kurz-Vertraute Thomas Schmid als Generalsekretär das Sagen.

Die Umfragen, welche etwa signalisierten, dass die ÖVP mit Kurz viel besser fahren würde als mit dem damaligen Parteichef Reinhold Mitterlehner, wurden dann in der Boulevard-Zeitung Österreich veröffentlicht. Die Mediengruppe um das Brüderpaar Fellner soll dafür wiederum mit Inseraten des Finanzministeriums belohnt worden sein. Für dieses mutmaßliche Korruptionswerkzeug hatte die Kurz-Truppe einen eigenen Namen: „Österreich-Beinschab-Tool“. Die WKStA stützt sich bisher vor allem auf Chat-Protokolle aus Schmids beschlagnahmtem Handy, die den Verdacht nachvollziehbar erscheinen lassen. In einem dieser Chats etwa wies Schmid Beinschab an, die Kosten für fragwürdige Umfragen in die Rechnung für eine andere vom Finanzministerium in Auftrag gegebene Studie zu packen. Passenderweise handelte es sich dabei ausgerechnet um eine Studie über Betrugsbekämpfung.

Alle Beschuldigten weisen die Vorwürfe zurück. Sie müssen aber nun damit rechnen, dass Beinschabs Aussagen die ohnehin dichte Indizienkette zusätzlich untermauern.

Was wusste Kurz?

Unklar ist bislang vor allem, inwieweit Kurz selbst treibende Kraft solcher Malversationen war. In den Chats taucht sein Name nur am Rande auf. Er könnte sich – und hat das auch bereits getan – auf den Standpunkt zurückziehen, von all dem, was in seinem Umfeld passierte, nichts gewusst zu haben. Das fällt zwar schwer zu glauben, entscheidend ist jedoch, ob es gelingt, Kurz auch gerichtsfest als Bestimmungstäter zu überführen.

Da Kurz Hauptprofiteur der Machenschaften seiner Getreuen und zudem deren Anführer war, liegt es nahe, ihm die Rolle des Anstifters zuzuschreiben. Aber selbst wenn dies nicht gelingt und Kurz strafrechtliche Konsequenzen erspart bleiben: Ein Kanzler-Comeback ist vor diesem düsteren Hintergrund geradezu unvorstellbar.

J.C. Kemp
30. Oktober 2021 - 20.37

Der Mann war ja darauf erpicht sich so schnell als Abgeordneten vereidigen zu lassen. Somit ist er durch die Immunität geschützt.

Klod
30. Oktober 2021 - 12.49

Ein schaumschlaeger wie kurz waere mit sicherheit ein top mann fuer den naechsten EU kommissionspraesidenten.
Oder weltbank oder privatbank...um seine zukunft mach ich mir keine sorgen.

HTK
30. Oktober 2021 - 12.01

Dann hätte Nixon auch bleiben können.Es waren ja die Anderen.