Samstag8. November 2025

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La PalmaZu Fuß über die Lava: Wie ein unbekanntes „A-Team“ sechs Hunde rettet und damit die Behörden düpiert

La Palma / Zu Fuß über die Lava: Wie ein unbekanntes „A-Team“ sechs Hunde rettet und damit die Behörden düpiert
Kein Anzeichen für Beruhigung: Sicherheitsbeamte helfen bei der Evakuierung einer Gemeinde auf La Palma Foto: dpa/Europa Press

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Im Vulkan-Drama auf La Palma gibt es auch schlechte Nachrichten. Ein weiteres Dorf wurde unter den Lavamassen begraben. Und die abenteuerliche Geschichte um die nächtliche Hunderettung freut nicht alle. 

Sie harrten auf einem kleinen Flecken Land aus, der von den Lavaflüssen verschont geblieben war. Das Schicksal der sechs Hunde, die auf der Kanareninsel La Palma durch die heißen Vulkanmassen eingekesselt worden waren, besorgte seit Tagen die Öffentlichkeit, die um das Leben der Tiere bangte. Doch nun gelang es, die Vierbeiner aus ihrem Lava-Gefängnis zu befreien. Die Hilfe kam aber nicht aus der Luft per Drohne, wie es die Behörden geplant hatten. Sondern auf dem Landweg und dank einer überraschenden nächtlichen Rettungsaktion von Einheimischen.

Inzwischen sickerte durch, wie die Rettung ablief. Es war ein Einsatz ohne Erlaubnis der Sicherheitskräfte, die rund um den vor fünf Wochen ausgebrochenen Vulkan und seine Lavafelder eine Sperrzone errichtet haben. „Mehrere Personen drangen in die Sperrzone ein und überquerten die Lava, bis sie zu den Hunden kamen“, berichtet ein Eingeweihter. Dies sei möglich gewesen, weil sich die Lava an einigen Stellen schon ziemlich abgekühlt habe, sodass man über die inzwischen gefestigten Vulkanmassen zu den Tieren, sechs Podenco-Jagdhunden, gelangt sei. Sie seien gesund, und es gehe ihnen gut, hieß es weiter.

Jagd-Zeitschrift berichtet zuerst

Der Hergang wurde von der spanischen Jagd-Zeitschrift Jara y Sedal enthüllt, die sich auf Angaben des Hundebesitzers beruft. Bei diesem soll es sich um einen einheimischen Jäger handeln, der unterhalb des Vulkans in dem Ort Todoque wohnte. Ein 1.000-Seelen-Ort, der schon wenige Tage nach dem Vulkanausbruch am 19. September von der Lava weitgehend begraben wurde. Die Identität der Retter wurde aus gutem Grund nicht bekannt gegeben: Sie erwartet nun wegen der eigenmächtigen Rettungsaktion eine Strafanzeige.

Die Zeitung El País berichtete weitere Einzelheiten. Demzufolge war der Hundebesitzer am Tag des Lavaausbruchs mit seinen Podencos im Vulkangebirge auf Jagd. Er sei von der Kraterexplosion überrascht worden und die Polizei habe ihn im Zuge der Evakuierung aufgefordert, das Gebiet sofort zu verlassen. Ihm sei nicht erlaubt worden, seine Hunde zu suchen, die noch im Gelände unterwegs gewesen seien. „Deswegen mussten die Hunde allein und mit ihrem Instinkt zu ihrem Haus zurückkehren.“ Dort seien sie dann am vergangenen Montag, offenbar im Schutz der morgendlichen Dunkelheit, gerettet worden.

Kopf hoch, La Palma. Den Hunden geht es gut.

Die Retter hinterließen eine Botschaft auf einem Betttuch – und unterzeichneten als „A-Team“

In den letzten Wochen waren die Hunde mit Drohnen versorgt worden, die ihnen Wasserbehälter und Futter brachten. Doch die Kameras dieser ferngesteuerten Luftfahrzeuge hatten schon seit Tagen keine Spur mehr von den Tieren entdeckt. Dafür wurden jedoch auf dem aschebedeckten Flecken Land menschliche Fußspuren gesichtet und eine Botschaft der Tierretter: Auf einem Betttuch, das an einer Mauer wehte, war in roten Buchstaben gepinselt: „Kopf hoch, La Palma. Den Hunden geht es gut.“ Zudem veröffentlichten die Retter ein Video, in dem man die Tiere sieht. Die Unbekannten stellten sich nicht ohne Humor als „A-Team“ vor, eine Anspielung auf eine populäre Actionserie gleichen Titels, in der eine Gruppe ehemaliger Soldaten Menschen in Notlagen hilft.

Die Sicherheitsbehörden auf La Palma fanden die mysteriöse und nicht genehmigte Hunde-Rettungsaktion des „A-Teams“ alles andere als lustig. Der Sprecher des Vulkan-Krisenstabes, Miguel Ángel Morcuende, bezeichnete den Einsatz wegen möglicher Gefahren durch Vulkangase, heiße Lava und aus dem Krater fliegenden Gesteinsbrocken als „verwerflich“. Der Krisenstab hatte deswegen eine Rettung der Vierbeiner auf dem Landweg oder sogar per Hubschrauber ausgeschlossen und sich für einen Rettungsversuch per Drohne ausgesprochen.

Spezialisten wollten Drohnen einsetzen 

Doch ob dieses Drohnen-Experiment geglückt wäre, weiß niemand. Tagelang übte ein Spezialunternehmen mit Lastendrohnen, die mittels eines mit Futterködern ausgestatteten Netzes die Hunde einfangen und dann ausfliegen sollten. Auch das war kein einfacher Plan. Nun zogen die Drohnen-Spezialisten unverrichteter Dinge ab, zeigten sich aber trotzdem zufrieden: „Wenn die Hunde jetzt wirklich in Sicherheit sind, freuen wir uns.“

Unterdessen gab es vom Vulkan, der im Gebirgszug Cumbre Vieja ausgebrochen ist, auch nach fünf Wochen keine Anzeichen, dass er sich in nächster Zeit beruhigen werde. Die Lavaflüsse haben inzwischen ein weiteres Dorf erreicht, das nun komplett von den Vulkanmassen verschlungen werden könnte. Dabei handelt es sich um den Ort La Laguna, in dem 1.500 Menschen lebten, die aber inzwischen evakuiert wurden. Etliche Gebäude, darunter der Supermarkt, die Apotheke und das Bürgerzentrum, wurden bereits von der Lava verschluckt.

Seit Beginn des Vulkan-Dramas wurden bereits mehr als 2.100 Häuser zerstört. Die Lava, die aus mehreren Kratern die Westflanke des Cumbre Vieja hinunterfließt, bedeckt bereits neun Quadratkilometer. Nahezu 8.000 Menschen, rund zehn Prozent der Inselbevölkerung, mussten ihre Häuser verlassen. Es ist die schlimmste Vulkan-Katastrophe, an die sich die Menschen auf den zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln erinnern können. Insel-Präsident Ángel Víctor Torres zeigte sich ohnmächtig angesichts der Zerstörungskraft des feuerspuckenden Berges: „Wir sind dem Vulkan ausgeliefert.“