KatalonienZehntausende fordern Unabhängigkeit – Verhandlungen mit Spaniens Regierung starten

Katalonien / Zehntausende fordern Unabhängigkeit – Verhandlungen mit Spaniens Regierung starten
Mehr als 400.000 Menschen demonstrierten am Nationalfeiertag Kataloniens für die Unabhängigkeit Foto: dpa/Thiago Prudencio

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Zehntausende gingen am Wochenende am katalanischen Nationalfeiertag in Barcelona auf die Straße, um für die Unabhängigkeit der spanischen Region zu demonstrieren. Es war die seit Jahren kleinste Machtdemonstration der Separatisten, die jedes Jahr am regionalen Feiertag versuchen, ihre Anhänger zu mobilisieren.

Nach Angaben der Polizei nahmen etwa 100.000 Menschen an der Kundgebung teil. Die Veranstalter sprachen von mehr als 400.000 Demonstranten. In früheren Jahren vor der Pandemie waren am Diada-Feiertag am 11. September mehr als eine Million Menschen zusammengekommen. Möglicherweise hing die geringere Teilnahme dieses Jahres mit der Sorge vor einer Corona-Ansteckung zusammen.

„Wir kämpfen und siegen auf dem Weg zur Unabhängigkeit“, lautete das Protest-Motto. Doch über den Weg zu einem eigenen Staat ist die Unabhängigkeitsbewegung zutiefst gespalten. In ganz Katalonien, wo etwa 7,5 Millionen Menschen leben, werden die Separatisten etwa von der Hälfte der Bevölkerung unterstützt.

Die Unabhängigkeitshardliner, die von der Separatistenpartei Junts per Catalunya (Gemeinsam für Katalonien) angeführt werden, wollen den einseitigen und sofortigen Bruch mit Spanien. Ihr Wortführer ist der frühere katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont, der sich nach einem illegalen Unabhängigkeitsreferendum 2017 nach Belgien absetzte. Gegen ihn besteht in Spanien ein Haftbefehl. Puigdemont konnte deswegen nicht am Protest teilnehmen und forderte via Twitter „die Freiheit Kataloniens“.

Suche nach Ausweg

Der moderate Flügel der Bewegung, der durch Kataloniens tonangebende Unabhängigkeitspartei Esquerra Republicana (Republikanische Linke) repräsentiert wird, will hingegen – ähnlich wie Schottlands Unabhängigkeitsbefürworter – mit Verhandlungen dem Ziel einer „katalanischen Republik“ näherkommen. Ihr wichtigster Politiker ist der heutige katalanische Regierungschef Pere Aragonès. Sein Problem ist allerdings, dass auch die radikale Separatistenpartei Junts als Juniorpartner in seiner Regierung sitzt und auf eine einseitige Loslösung Kataloniens von Spanien drängt.

Katalonien-Präsident Aragonès will sich voraussichtlich Ende dieser Woche mit Spaniens sozialistischem Premier Pedro Sánchez treffen und mit ihm über Auswege aus der seit Jahren schwelenden Katalonien-Krise reden. Dies soll der Auftakt eines mit Spannung erwarteten Dialogs zwischen der Regionalregierung in Barcelona und der Staatsregierung in Madrid sein.

Sánchez hatte im Juni als Zeichen des guten Willens und Geste der Versöhnung die Begnadigung von neun inhaftierten Separatistenführern angeordnet. Sie waren nach der illegalen Unabhängigkeitsabstimmung vor vier Jahren zu langen Haftstrafen verurteilt worden und sind in diesem Sommer frei gekommen.