Dienstag28. Oktober 2025

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SpanienPremier Pedro Sánchez präsentiert das weiblichste Kabinett Europas

Spanien / Premier Pedro Sánchez präsentiert das weiblichste Kabinett Europas
Amtseid vor König Felipe: Als wichtigste Änderung gilt der Wechsel von Nadia Calviño auf den Posten der ersten Vize-Regierungschefin Foto: AFP/Andres Ballesteros

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Spaniens sozialistischer Ministerpräsident Pedro Sánchez hat eine große Regierungsumbildung vorgenommen. Der Frauenanteil steigt auf über 60 Prozent.

„Wir leben in der Zeit der Frauen“, lautet einer jener Sätze, mit denen Spaniens Premier Pedro Sánchez gerne betont, dass er das südeuropäische Land auf dem Weg der Gleichberechtigung weiterbringen wolle. Ein Königreich, das in der Vergangenheit eher als Macho-Land galt, was aber in der heutigen Gegenwart nicht mehr zutrifft. Ein Etikett, das auch der 49-jährige Sánchez weit von sich weist, wenn er sagt: „Ich bin ein feministischer Politiker.“ Oder: „Ohne Feminismus gibt es keine Zukunft, und ohne Gleichberechtigung gibt es keine Demokratie.“

Starke Sätze, die der sozialistische Regierungschef nun mit einem neuen Paukenschlag begleitet: Im Zuge einer großen Regierungsumbildung holte der progressive Spitzenpolitiker 18 Monate nach seinem Amtsantritt weitere Frauen in sein Kabinett – das vermutlich weiblichste in ganz Europa. Die neue spanische Führungsriege, die am Montag ins Amt eingeführt wurde, besteht aus 14 Ministerinnen, acht Ministern und Sánchez. Das entspricht einer Frauenquote von mehr als 60 Prozent.

Frauen leiten fast alle wichtigen Ressorts

Fast alle wichtigen Ressorts in Spanien sind mit Frauen besetzt: Wirtschaft, Arbeit, Finanzen, Verteidigung, Justiz. Von den Schlüsselressorts werden nur noch das Innen- und das Außenministerium von Männern geführt. Auch aus dem Sprecheramt der Regierung tönt eine Frauenstimme, die der 40 Jahre alten Isabel Rodríguez gehört. Sie hat Ministerrang und ist dafür zuständig, die Beschlüsse des Kabinetts zu verkünden. Womit sie das Gesicht der Mitte-links-Koalitionsregierung aus sozialdemokratisch orientierten Sozialisten und der Linkspartei Podemos sein wird.

Spaniens Premier, der wegen seines smarten Auftretens von den Medien den Beinamen „Pedro der Hübsche“ verpasst bekam, stehen drei nicht weniger adrette Stellvertreterinnen zur Seite: darunter die angesehene und parteiunabhängige Wirtschaftsministerin Nadia Calviño (52), die als künftige Nummer zwei zu Spaniens mächtigster Frau aufrückt. Das ist der Lohn dafür, dass die frühere Generaldirektorin der EU-Haushaltsabteilung in Brüssel heute das populärste Regierungsmitglied ist und damit sogar Sánchez den Rang abläuft.

Am Montag legten die zwölf neuen oder in andere Ressorts gewechselte Ministerinnen und Minister vor König Felipe ihren Amtseid als Kabinettsmitglieder ab. Dabei erregte Arbeitsministerin Yolanda Díaz Aufsehen, weil sie selbstbewusst die offizielle Treueformel gegenüber dem „Minister- und Ministerinnenrat“ änderte und nur dem „Ministerinnenrat“ Loyalität versprach. Die 50-jährige Arbeitsrechtlerin von der Linkspartei Podemos hat sich bei Gewerkschaften wie Arbeitgebern einen exzellenten Ruf erarbeitet. Sie stieg als zweite Sánchez-Stellvertreterin zur Nummer drei in der Regierung auf.

Nur mit der vollständigen Gleichstellung der Frauen können wir ein besseres Spanien konstruieren

Pedro Sánchez, Spaniens Premier

„Heute beginnen wir eine neue Etappe“, verkündete Kabinettschef Sánchez am Montag. Das hat er auch nötig. Sánchez‘ Popularität ist im Keller. Umfragen zufolge würde der Sozialist heute nicht mehr die Wahl gewinnen. Die große und weiblich geprägte Kabinettsumbildung soll der Regierung neuen Schwung verliehen. Vor allem die Folgen der Corona-Pandemie, welche die vom Tourismus abhängige Wirtschaft stärker als in anderen Ländern einbrechen ließ, hat Sánchez‘ Rückhalt geschwächt.

Nun will Spaniens Premier die Wende schaffen: Dabei soll der Geldregen aus Brüssel helfen: 140 Milliarden Euro an Direkthilfen und Krediten wurden Spanien aus dem Wiederaufbaufonds zugesagt. Damit will Sánchez den „sozialen, digitalen und grünen“ Wandel beschleunigen. Und auch den feministischen, „denn nur mit der vollständigen Gleichstellung der Frauen können wir ein besseres Spanien konstruieren“.

Zu den geplanten frauenpolitischen Reformen gehört unter anderem eine weitere Lockerung des Abtreibungsrechts. Genauso der Kampf gegen die Männergewalt gegenüber Frauen. Hier gilt Spaniens Engagement als europäisches Vorbild. Sánchez: „Niemand darf bei Macho-Verbrechen wegschauen.“ Oder ein Gesetz zur sexuellen Selbstbestimmung, das in Spanien unter dem Leitsatz steht: „Nur ein ausdrückliches Ja ist ein Ja.“