Es wird sie doch noch geben, die guten alten Plakate, die dann an den Laternenmasten hängen. Auch wenn der Wahlkampf der digitalste sein wird, „den wir je erlebt haben“, so Generalsekretär Paul Ziemiak am Dienstag bei der Vorstellung der CDU-Wahlkampagne in Berlin. Nur eines von insgesamt acht Postern der Unions-Kampagne zur Bundestagswahl zeigt den Kanzlerkandidaten Armin Laschet, vertrauensvoll lächelnd. „Gemeinsam für ein modernes Deutschland“, steht unter dem Bild des freundlichen CDU-Chefs. Alle anderen Plakate sorgen bereits für Spott.
Es sind größtenteils ihre Wahlkampf-Klassiker, die die CDU für alle sichtbar in Szene setzt. Mehr Jobs, mehr Sicherheit oder ein gutes Leben im Alter, lauten die Versprechen. Doch jetzt kommt’s: Die Plakate zeigen zwar Berufstätige wie eine Polizistin in Schutzweste, eine Pflegerin, einen Dachdecker und eine Ingenieurin. Doch dabei handelt es sich nicht um echte Fachkräfte, sondern zum Teil um Mitarbeiter aus der Parteizentrale. So gibt die Vize-Chefin der Online-Kampagne „CDU-Connect“ die Polizistin, während Parteisprecherin Isabelle Fischer sich auf dem Renten-Plakat lächelnd über einen älteren Herren beugt. Ihr Ehemann und ihr Sohn streichen hingegen für „bezahlbares Wohnen“ eine Wand. „Und sie sind wirklich echte Menschen“, so Fischer gegenüber dem Tageblatt. Man habe kein Infektionsrisiko eingehen und auch keine Pfleger oder Polizisten von ihrem wichtigen Job abhalten wollen, begründete Generalsekretär Ziemiak. Im Netz wurden die Motive jedenfalls bereits verlacht. So nah am wahren Leben ist die Union mit ihren Plakaten dann wohl doch nicht.
Neues Design
Nichtsdestotrotz, die CDU will möglichst viel Optimismus verbreiten in den schwierigen Zeiten der Pandemie. Darauf ist die Kampagne der nächsten Wochen bis zum Wahltag am 26. September ausgerichtet. Der zentrale Slogan kommt nicht von ungefähr: „Deutschland gemeinsam machen.“ Verbindendes Element der Wahlkampagne sei laut Ziemiak das neue Design mit dem sogenannten „Unions-Kreis“, mit dem man Themen und Gesichter in den Fokus rücke und „Lust auf Zukunft“ machen wolle. In Zeiten des Digitalen und sozialer Netzwerke wie Twitter, Facebook oder Instagram ist der klassische Wahlkampf allerdings nur noch eine Facette dessen, was alle Parteien anbieten müssen. Es gebe auch keine Trennung mehr zwischen digitalem und analogem Wahlkampf, so Ziemiak, „wir denken immer alles zusammen“.
20 Millionen Euro investiert die Union in ihre Kampagne, so viel wie in früheren Wahlkämpfen auch. Veranstaltungen soll es zwar geben, aber Virus-konform, also nicht mit zehntausend Parteigängern. Und weil die Zahl der Briefwähler in diesem Jahr wegen Corona so hoch sein wird wie noch nie, will die CDU ihre Kampagne schon sechs Wochen vor dem Urnengang starten, wenn die Briefwahl möglich ist. „Jeder Tag ist für uns dann Wahl“, so Ziemiak.
Laschets Sommertour
Richtig ins Rennen einsteigen wird Kanzlerkandidat Laschet nach dem zentralen Wahlkampfauftakt am 21. August im Europapark Rust in Baden-Württemberg. Dabei sein werden dann CSU-Chef Markus Söder, Noch-Kanzlerin Angela Merkel sowie alle Bundestagskandidaten von CDU und CSU. Bei seiner Sommertour will Laschet die Republik bereisen, auch Bayern, wo es Auftritte mit Söder geben wird. Beide hatten sich einen harten Kampf um die Kanzlerkandidatur geliefert. Die CSU werde freilich eine eigene „Werbelinie“ verfolgen, räumte Ziemiak ein. „Aber natürlich wird Armin Laschet auch in Bayern plakatiert.“ Den Abschluss des Wahlkampfs wollen CDU und CSU dann am 24. September auf dem Münchner Nockherberg vornehmen – ausgerechnet dort, wo sonst immer im März der Starkbieranstich mit politischem Kabarett stattfindet.
Bleibt die Frage, ob die Kampagne der Union im Wahlkampf zünden wird. Karsten Göbel, Kommunikationsexperte und Chef der Berliner Agentur „Super an der Spree“, die schon mehrere Wahlkämpfe begleitet hat, hat da seine Zweifel. Die Kampagne vermittele zwar Kontinuität und Sicherheit, aber keinen Aufbruch. Der Claim „Deutschland gemeinsam machen“ sei zudem austauschbar. Darüber hinaus vermisse er die Besonderheit. So habe die Union im Wahlkampf 2017 mit „fedidwgugl“ (Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben) einen Hashtag als geflügeltes Wort etablieren können – „davon fehlt jetzt jede Spur“, so Göbel zum Tageblatt.
De Maart
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