Dienstag28. Oktober 2025

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Gegenpressing – die EM-KolumneReif für den FC Hollywood

Gegenpressing – die EM-Kolumne / Reif für den FC Hollywood
Ciro Immobile  AFP

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Während sich in anderen Nationen noch damit beschäftigt wird, welcher der elf Volkshelden die Nationalhymne überhaupt singt, wird „Il Canto degli Italiani“ von der „Squadra Azzurra“ voller Inbrunst gebrüllt. Ein Feuerwerk der Emotionen. Teils mit geschlossenen Augen präsentiert sich der Knabenchor um den strahlenden Kapitän Giorgio Chiellini an jedem Spieltag als geschlossene Bruderschaft – so wie es der Liedtext eben will. 

Einer, der die ersten beiden Zeilen beim letzten Auftritt zu genau nahm, war Stürmer Ciro Immobile. „Fratelli d’Italia, l’Italia s’è desta“, heißt es gleich zu Beginn der Hymne. Grob übersetzt ungefähr: „Brüder Italiens, Italien hat sich erhoben.“ Denn was die Zuschauer im Viertelfinale gegen Belgien erlebten, glich einer Wunderheilung, die selbst beim Nachbarn aus dem Vatikan per VAR überprüft werden muss. Schwanenkönigmäßig ging der Angreifer von Lazio Rom unmittelbar vor dem 1:0-Führungstreffer von Teamkollege Nicolò Barella im gegnerischen Strafraum theatralisch-dramatisch zu Boden. Übrig blieb von Immobile zu diesem Zeitpunkt nur noch ein Häufchen Elend. Fast so, als wäre sein Name Programm.

Erst als seine Landsleute das Tor lautstark bejubelten, hob der 31-Jährige zuerst den Kopf – und legte daraufhin seinen wohl schnellsten Sprint der gesamten 90 Minuten hin, um in der Spielertraube zu verschwinden. Alles in allem also erlebte die Welt an diesem Abend eine hollywoodreife Schwalbe, für die ihm wohl sogar Schwerkraft-Experte Neymar anerkennend zugenickt haben könnte. 

Selbst bei den eigenen Tifosi hat Immobile sein gravierendes Imageproblem dadurch nur verstärkt. Hat man dem Lazio-Angreifer bislang während der EM in Italien lediglich vorgeworfen, nur im vereinseigenen Stadio Olimpico treffsicher zu sein, wurde seine Beliebtheitsquote nach dieser Schauspieleinlage sicherlich nicht verbessert. 

Heimlich haben sich die Italiener wohl gewünscht, es hätte im Viertelfinale nicht Leonardo Spinazzola erwischt (der sich einen Achillessehnenriss zuzog), sondern den Römer, den man von „Unbeweglich“ auf „Antisportivo“ umtaufen könnte. Sei’s drum. Im Vatikan hat man wegen Immobile scheinbar wieder alle Hände voll zu tun – und kaum Zeit zum Beten, dass der Stürmer heute Abend auch mal außer Haus trifft.