Donnerstag30. Oktober 2025

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Slowenien beginnt mit EU-PräsidentschaftEuropas neues Problemkind übernimmt das Ruder

Slowenien beginnt mit EU-Präsidentschaft / Europas neues Problemkind übernimmt das Ruder
Vom Vorzeigeland zum Störfall? Premier Janez Jansa sorgt für skeptische Blicke auf Slowenien. Foto: AFP/Kenzo Tribouillard

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Als selbsterklärter Brückenbauer übernimmt Slowenien am 1.Juli die EU-Präsidentschaft. Dabei steuert der polarisierende Premier Janez Jansa auf den Spuren seines ungarischen Vorbilds Viktor Orban sein gespaltenes Land stets stärker ins Abseits: In der EU stößt der Rechtsausleger zunehmend auf Skepsis.

Zumindest Ungarns rechtspopulistischer Premier Viktor Orban stimmt inbrünstig das Loblied auf den neuen EU-Ratsvorsitzenden Slowenien und „seinen tapferen Anführer“ an. Die Ungarn würden die Slowenen als „christliche Brüder“ sehen, versicherte der Rechtsausleger seinem Amtskollegen und Gesinnungsfreund Janez Jansa bei den Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag von Sloweniens Unabhängigkeit vergangene Woche.

Europas neues Sorgenkind übernimmt das Ruder: Ab 1. Juli wird Slowenien bereits zum zweiten Mal seit dem EU-Beitritt 2007 den Ratsvorsitz übernehmen. Er habe „starkes Vertrauen in Sloweniens Fähigkeit, die EU in dieser sensiblen Zeit zu führen“, beteuert Italiens Chefdiplomat Luigi di Maio diplomatisch. Andere machen aus ihrer Skepsis gegenüber Jansa kein Geheimnis.

Kritik von außen

Eine „demokratieverachtende Politik“ bescheinigte kürzlich beispielsweise die sozialdemokratische Vizepräsidentin des Europaparlaments Katerina Barley (SPD) dem Chef der nationalpopulistischen SDS, dem sie die Einschüchterung von Journalisten und das Bestreben vorwirft, „sich ähnlich wie Orban den Staat unterzuordnen“. Es gebe zwar immer die Hoffnung, dass „selbst schwierige Regierungschefs während der EU-Präsidentschaft staatstragender“ würden: „Aber ich fürchte, dass Jansa diese Hoffnung enttäuschen wird.“

Tausende demonstrieren Ende Juni in der Hauptstadt Ljubljana gegen die Regierung
Tausende demonstrieren Ende Juni in der Hauptstadt Ljubljana gegen die Regierung Foto: dpa

Tatsächlich gilt der streitbare Ex-Dissident als keinen Fettnapf auslassender Überzeugungstäter. Seit der 62-jährige Hobby-Alpinist im März letzten Jahres zum dritten Mal in seiner Karriere die Regierungsgeschäfte übernahm, kommt die Alpenrepublik kaum mehr zur Ruhe. Jansas vor allem über Twitter ausgetragener Feldzug gegen die „Lügenberichterstattung der Mainstream-Medien“ geht nicht nur mit unflätigen Beschimpfungen unliebsamer Journalisten gepaart. Die Führung des öffentlich-rechtlichen TV-Senders RTV wurde auf Regierungsdruck ausgetauscht. Der missliebigen Nachrichtenagentur STA hat der Premier zu Jahresbeginn kurzerhand den Geldhahn abgedreht.

Kritik des Europarats, der EU-Kommission oder des Europaparlaments an Sloweniens Mediengängelung ficht den streitbaren Verschwörungstheoretiker kaum an. Im Gegenteil: Resolut legt sich der selbsternannte „Karantinische Panther“ auch mit ausländischen Würdenträgern und Journalisten an.

Nicht nur mit seinen verfrühten Twitter-Wahlglückwünschen an den entthronten Ex-Präsidenten Donald Trump hat Sloweniens „Marschall Twito“ in Washington unnötig Kredit verspielt. Schon während des US-Stimmenstreits hatte der Trump-Fan den späteren Wahlsieger Joe Biden als „schlechtesten US-Präsidenten aller Zeiten“ geschmäht.

Weil ihm im März der Wunsch verweigert worden war, bei seiner Anhörung im Europaparlament einen Propaganda-Film zur Lage der Medienfreiheit in seinem Land abzuspielen, brach Jansa seine Videozuschaltung kurzerhand beleidigt ab. Der faktische Boykott der neuen EU-Staatsanwaltschaft in Luxemburg, für die Slowenien noch immer keine Staatsanwälte abgestellt hat, verärgert nicht nur die EU-Korruptionsjägerin Laura Kövesi. Entnervt warf Justizministerin Lilijana Kozlovic (SMC) im Mai das Handtuch, weil Jansa die von ihr abgesegnete Ernennung zweier Staatsanwälte für nichtig erklärt hatte.

Wacklige Macht

Doch bei allen Ähnlichkeiten zwischen Sloweniens „Alpen-Orban“ und dem ungarischen Original gibt es einen gravierenden Unterschied: Über eine starke Machtbasis verfügt Jansas Minderheitsregierung keineswegs.

„Christliche Brüder“: Viktor Orban und Janez Jansa mögen sich
„Christliche Brüder“: Viktor Orban und Janez Jansa mögen sich Foto: AFP/Jure Makovec

Zwar kann Jansas SDS weiter stabil mit einem Viertel der Wählerstimmen rechnen. Doch in Ljubljana mehren sich nicht nur die Demonstrationen wütender Slowenen, die verärgert seinen Abtritt fordern, sondern auch die Zerfallserscheinungen in der wackligen Koalition. Nur die nationalistische SNS und parteilos gewordene Parlamentarier, die bei Neuwahlen um ihre Jobs fürchten müssten, halten seine Regierung bei den sich mehrenden Misstrauensanträgen noch im Sattel.

Vom EU-Ratsvorsitz erhofft sich Jansa eine Aufpolierung seines angekratzten Renommee – und eine innenpolitische Atempause: Während der Ratspräsidentschaft könne sich das Land kaum Neuwahlen erlauben, so seine Argumentation. Doch ob seine Kalkulation aufgeht, muss sich weisen. Jansa müsse gefasst darauf sein, „wie wir während der EU-Präsidentschaft ganz genau hinsehen werden“, warnt die liberale Europaabgeordnete Nicola Beer (FDP): „Die Ratspräsidentschaft ist kein Grund für falsche Rücksichtnahme.“

Jansa und die Medien

Nach Ansicht des slowenischen Ministerpräsidenten Janez Jansa ist Meinungsfreiheit ein individuelles Recht, das Medienunternehmen nicht zustehe. „Meinungsfreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht und gehört dem Einzelnen, nicht den Medienhäusern und Konzernen“, sagte Jansa unlängst im slowenischen Slovenske Konjice bei einem Kongress seiner Partei SDS, wie das slowenische Portal „24ur.com“ berichtete. Jansa fällt seit langem immer wieder mit Beschimpfungen von Journalisten auf. Die Medien in seinem Land setzt er dauernd unter Druck .

Ba
3. Juli 2021 - 8.44

Das sind eben die Nachwehen der zu schnellen Osterweiterung, man hätte gezielt vorgehen müssen und auch Notbremsen einbauen sollen um den Zug zu stoppen gegebenenfalls...bevor er entgleist!

HTK
30. Juni 2021 - 9.20

Mal ehrlich.Es gibt Länder die gehören noch nicht einmal in die Union und die übernehmen jetzt das Ruder? Einer für alle und alle für mich? Schön wär's. Diese übereilte Ost-Erweiterung fliegt uns täglich um die Ohren. Aber es ist auch schön in einem Verein zu sein wo man die Sahne vom Kuchen schlecken kann,ohne selbst einen Beitrag zu leisten.