Luigi Nerini, Eigentümer der Seilbahngesellschaft Ferrovie Mottarone Srl., Firmendirektor Enrico Perocchio sowie der Cheftechniker Gabriele Tadini wurden in den Morgenstunden des Mittwochs von den Carabinieri festgenommen. Im Haftbefehl der Staatsanwaltschaft von Verbania (Lago Maggiore) wird den drei Personen fahrlässige Tötung in 14 Fällen vorgeworfen sowie schwere Körperverletzung im Falle des fünfjährigen Eitan Biran, des einzigen Überlebenden des tragischen Kabinenunglücks vom Sonntag.
Den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge unterließen die Verantwortlichen der Seilbahngesellschaft dringende Reparaturarbeiten, um einen reibungslosen Betrieb der Anlage nicht zu gefährden. Sie waren – so die ersten Eingeständnisse – davon ausgegangen, dass das erst Anfang Mai gewartete Zugseil nicht reißen könne – ein tragischer Irrtum, wie das Geschehen bewies.
Seit längerem Unregelmäßigkeiten
Wegen der Covid-Pandemie hatte die Seilbahn über einen längeren Zeitraum stillgelegen. Seit Mitte April war die beliebte Ausflugsattraktion wieder in Betrieb. Die Seilbahn, die von der Talstation Stresa auf den Gipfel des Monte Mottarone führt, bietet einen spektakulären Blick über den Lago Maggiore. Seit vergangenem Samstag war der Touristenverkehr wieder zugelassen, wenngleich wegen der Corona-Sicherheitsmaßnahmen die Belegung einer Gondel auf 15 Personen beschränkt blieb.
Am Sonntagvormittag fuhr eine Gondel bergaufwärts, unter den 15 Passagieren auch die aus Israel stammende Familie Biran. Kurz vor der Zielstation riss das Zugseil, die Kabine rollte ungebremst mit etwa 100 km/h zurück, kollidierte am nächstgelegenen Stützpfeiler und löste sich hier aus dem Tragseil. Daraufhin stürzte die Kabine 20 Meter in die Tiefe, überschlug sich mehrfach und blieb schließlich an einem Baum hängen. 13 Menschen starben sofort, der zweijährige Tom Biran erlag wenig später seinen Verletzungen, nur sein fünfjähriger Bruder Eitan überlebte den Sturz.
Untersuchungen ergaben, dass eine sogenannte „Gabel“, die ein Einrasten der Notbremse verhindert, vor Fahrtantritt nicht gelöst wurde. Die Verantwortlichen der Seilbahngesellschaft gestanden, dass dies geschehen sei, um einen unruhigen Lauf der Bahn, wie er seit Tagen beobachtet wurde, zu unterbinden. Eine weitergehende Reparatur hätte mehr Zeit in Anspruch genommen und den Fahrbetrieb, der gerade erst wieder aufgenommen wurde, unterbrochen. Dies habe man, so der Cheftechniker zu den Ermittlern, nicht in Kauf nehmen wollen.
Derzeit dauern die Ermittlungen an. Die Staatsanwaltschaft unter Leitung der Staatsanwältin Olimpia Bossi will nicht ausschließen, dass noch gegen weitere Personen wegen fahrlässiger Wartung mit Herbeiführen des schweren Unfalls ermittelt werde.
Eitan aus Koma erwacht
Nur die beiden Kinder der Familie Biran aus Israel überlebten zunächst den Sturz der Kabine aus 20 Metern Höhe. Der jüngere Bruder Tom erlag seinen Verletzungen noch an der Unfallstelle, der fünfjährige Eitan wurde mit einem Rettungshubschrauber in die Kinderklinik Königin Margherita nach Turin gebracht. Dort wurde der Junge einer fünfstündigen Notoperation unterzogen und zunächst in ein künstliches Koma versetzt. In der Nacht zu Mittwoch stabilisierte sich sein Zustand, im Laufe des Vormittags wurde die Aufweckphase eingeleitet. Eine aus Israel angereiste Tante des Jungen konnte beim Aufwachen dabei sein. Wie es aus Krankenhauskreisen hieß, habe Eitan die Verwandte erkannt und Blickkontakt zu ihr aufgenommen.
Die sterblichen Überreste der ebenfalls am Ausflug beteiligten Eltern, Großeltern und des Bruders sind mit einer Regierungsmaschine nach Israel ausgeflogen worden und dort unter Anteilnahme der Öffentlichkeit beigesetzt worden.
De Maart
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