Bei einem zweitägigen Gipfeltreffen im portugiesischen Porto wollen sich die Staats- und Regierungschefs der EU am Wochenende mit der wieder steigenden Arbeitslosigkeit, der zunehmenden Armut und anderen Sozial- und Wirtschaftsthemen beschäftigen.
Die Sozialpolitik ist ein Schwerpunkt der portugiesischen Linksregierung, die derzeit den EU-Vorsitz innehat. Das Treffen soll ein Höhepunkt der halbjährigen Ratspräsidentschaft sein. Doch die Erwartungen wurden schon vorab gedämpft – mit einer Absage aus Berlin. Kanzlerin Angela Merkel hat ihre Teilnahme mit Hinweis aus die Corona-Lage in Deutschland abgesagt. Sie will nur virtuell mitreden.
Aus der Gesundheitskrise ist sehr schnell eine Wirtschaftskrise geworden
Mit Gegenwind ist auch aus Nordeuropa und aus den Visegrad-Ländern in Mittelosteuropa zu rechnen. Die Skandinavier sträuben sich gegen neue EU-Regeln für Mindestlöhne, weil sie an ihren bewährten Tarifverträgen festhalten wollen. Und die Visegrad-Länder haben Widerstand gegen neue Maßnahmen zur Gleichstellung der Frauen angekündigt. Polen und Ungarn versuchen sogar, das Wort „Gender“ aus der Gipfelerklärung zu streichen.
Viele Staaten wehren sich
Schon Ende April hatten sich elf EU-Länder – darunter die „Frugal Four“ Holland, Dänemark, Schweden und Österreich – gegen neue EU-Kompetenzen in der Sozialpolitik ausgesprochen. Dafür seien allein die Mitgliedsstaaten zuständig, das Subsidiaritätsprinzip müsse beachtet werden. Seither bläst auch der EU-Kommission in Brüssel der Wind ins Gesicht. Sie setzt auf eine aktivere Sozialpolitik, um die Folgen der Corona-Krise zu mildern.
Die Pandemie habe „gezeigt, wie wichtig soziale Themen sind“, sagte Sozialkommissar Nicolas Schmit. „Aus der Gesundheitskrise ist sehr schnell eine Wirtschaftskrise geworden.“ Durch die Vernichtung Hunderttausender Arbeitsplätze sei die Pandemie für Teile der Bevölkerung auch zu „einer echten sozialen Notlage“ geworden.
Mit verbindlichen Beschlüssen wird in Porto jedoch nicht gerechnet – nicht zuletzt wegen der Absage der deutschen Kanzlerin. Scharfe Kritik daran kommt von der Linken im Europaparlament: „Offenkundig hat ein soziales Europa für diese Bundesregierung keine Priorität“, sagte Fraktionschef Martin Schirdewan. Dabei sei die soziale Spaltung durch die Pandemie zusätzlich verschärft worden.
De Maart
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