„Ich bin so glücklich :-))) Ich liebe meinen Kanzler“ – das ist eine von vielen Nachrichten aus dem von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beschlagnahmten Handy des Chefs der österreichischen Staatsholding ÖBAG, Thomas Schmid. Mit der Liebeserklärung hatte sich dieser nicht nur für die vor zwei Jahren erfolgte Bestellung zum Verwalter der 26 Milliarden Euro schweren Staatsbeteiligungen an Konzernen wie OMV, Telekom Austria, Post und Casinos Austria bedankt, sondern auch dafür, dass er in dieser Funktion die gewünschten Machtbefugnisse bekam.
Schmid hatte Kurz nämlich gebeten, ihn „nicht zu einem Vorstand ohne Mandate“ zu machen. Der Kanzler antwortete laut den ausgelesenen Handy-Daten: „Kriegst eh alles, was Du willst“. Alles, was man will, kriegt man aber nur, wenn man dazugehört. Und Schmid gehörte dazu. „Du bist Familie“, bestätigte ihm der damalige Kanzleramtsminister und heutige Finanzminister Gernot Blümel.
Der heute 45-jährige Schmid hatte es im ÖVP-Biotop vom Mitarbeiter eines Europaabgeordneten über einige Pressesprecherposten bis zum Generalsekretär im Finanzministerium gebracht. Dort bastelte er dann nach der Machtübernahme durch Kurz im Jahr 2017 am ganz großen Karrieresprung. Er wollte an die Spitze der neu strukturierten Staatsholding, für die das Finanzministerium zuständig war.
„Kriegst eh alles, was Du willst“
Praktischerweise konnte Schmid als Leiter der Ministerialbürokratie für eine auf ihn passende Ausschreibung sorgen. Dort stand ursprünglich als Erfordernis für diesen Top-Job, der Bewerber müsse „internationale Führungserfahrung“ haben. Schmid beauftragte seine Sekretärin, diese für so eine Position übliche Bedingung zu streichen. Noch bevor die Ausschreibung öffentlich gemacht wurde, schrieb Blümel an den späteren Gewinner des Manager-Castings: „Schmid AG fertig“.
Bekannt wird all das heute nur, weil FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im Sommer 2017 auf Ibiza in eine Videofalle getappt war und mit einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte über Korruptionsfantasien geplaudert hatte. Damit befasst sich nun ein Untersuchungsausschuss, in dem es aber insgesamt um mutmaßlich korrupte Machenschaften während der türkis-blauen Koalition geht. Und dabei zeigt sich, dass die „Neue ÖVP“ unter Sebastian Kurz gar nicht so neu war, sondern Postenschacher in alter Manier betrieb.
Mir gehen die Weiber so am Nerv. Scheiß Quote.
Allerdings hatten Kurz und sein Vertrauter Blümel im Ausschuss ein ganz anderes Bild zu zeichnen versucht: Nämlich, dass es bei den Postenbestellungen keinerlei Einflussnahme ihrerseits gegeben habe. Obwohl parteipolitisch determinierte Personalpolitik per se nicht strafbar ist, könnte der Kanzler nun trotzdem ein Problem mit der Justiz bekommen: Denn Aussagen in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss sind unter Wahrheitspflicht zu tätigen. Genau diese sieht die Opposition nun nach Bekanntwerden der Chatprotokolle, die eine Einflussnahme von Kurz auf die Postenvergabe belegen, verletzt.
Die liberalen Neos kündigten am Montag eine Anzeige gegen den Bundeskanzler wegen Falschaussage an. Auch die SPÖ sieht im Regierungschef einen Lügner: „Kurz hat im Untersuchungsausschuss offensichtlich falsch ausgesagt. Er war von Anfang an eine treibende Kraft im türkisen Postenschacher zum Schaden der Republik“, so der sozialdemokratische Fraktionsführer im Ausschuss, Jan Krainer, der den Rücktritt des ÖBAG-Chefs fordert.
Brisant sind die Chatprotokolle auch aus anderen Gründen, werfen sie doch ein Schlaglicht auf die Denke im Kurz-Imperium. So kommentierte eine Kurz-Vertraute den Auftrag, für den ÖBAG-Aufsichtsrat geeignete Frauen zu finden, so: „Mir gehen die Weiber so am Nerv. Scheiß Quote.“ Auch die katholische Kirche, der die ÖVP angeblich nahe steht, bekam ihr Fett ab. Noch als oberster Finanzbeamter hatte Schmid einen Vertreter der Bischofskonferenz über eine beabsichtigte Abschaffung von Steuerprivilegien informiert und dafür vom Kanzler dieses Feedback erhalten: „Ja super, Bitte Vollgas geben.“
De Maart
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