Montag27. Oktober 2025

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BelarusLukaschenkos Sicherheitskräfte verhindern Frühlingsproteste

Belarus / Lukaschenkos Sicherheitskräfte verhindern Frühlingsproteste
Polizisten nehmen in Minsk einen jungen Mann fest Foto: AFP

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Den ganzen Tag über hatten Alexander Lukaschenkos Schnellgerichte am gestrigen Freitag Hochbetrieb. Mindestens 176 Festgenommene vom Vortag, dem traditionellen Unabhängigkeitstag der Opposition, wurden abgeurteilt. Die meisten von ihnen kamen mit 15 bis 25 Tagen sogenannter Administrativhaft davon. Ein paar Aktivisten drohen allerdings bis zu zwölf Jahre Arbeitslager.

Auch am Freitag wurden neue Demokratieaktivisten festgenommen, allerdings weit weniger als am Vortag. Aufsehen erregte eine Meldung des Innenministeriums vom Freitagabend, wonach ein 35-Jähriger dabei ertappt worden sei, eine Bombe zu legen. Bereits am frühen Nachmittag hatte dasselbe Ministerium vor Bombenanschlägen in der Hauptstadt gewarnt. Dies alles legt den Schluss nahe, dass sich die Polizei einen neuen Erfolg herbeizaubern wollte. Der Autokrat Lukaschenko weiß solche Aktionen immer wieder mit Tapferkeitsmedaillen und Geldzuwendungen zu belohnen.

Dazu soll aber offensichtlich die Stimmung der Angst weiter angeheizt werden. Zum „Unabhängigkeitstag“ selbst hatte das Regime bereits ab Donnerstagmorgen massiv Radpanzer und Truppen des Innenministeriums im Minsker Stadtzentrum zusammengezogen. Das unabhängige, inzwischen verbotene Nachrichtenportal tut.by zeigte den ganzen Tag über Fotos mit Militärtechnik und Dutzenden auf einen Einsatz wartenden Gefängniswagen.

Grund für die Aufregung war ein Demonstrationsaufruf der ins litauische Exil gezwungenen Oppositionsführerin und mutmaßlichen Siegerin der gefälschten Präsidentenwahlen vom 9. August 2020, Swetlana Tischanowskaja. In mehreren Interviews und Videobotschaften hatte sie den Beginn einer neuen großen Protestwelle für den Unabhängigkeitstag angekündigt. Dies gelang offenbar weder am Donnerstag noch am Freitag. Zu groß war die Übermacht der Sicherheitskräfte. Auf oppositionellen Telegram-Kanälen wurden vor allem Fotos und Kurzvideos kleiner Proteste in Minsker Außenbezirken oder auf dem Lande gezeigt. Höchstens ein paar Dutzend Aktivisten schwenkten dabei die verbotene, historische Landesflagge in Weiß-Rot-Weiß. Insgesamt wurden über 250 Aktivisten alleine am Donnerstag verhaftet.

Bereits kurz vor Weihnachten hatte es das Regime mit massiver Repression geschafft, die Straßen und Plätze von Demonstranten leerzufegen. Inzwischen gibt es in Weißrussland 302 politische Gefangene. Dazu wurden Tausende zur sogenannten Administrativhaft von bis zu 30 Tagen verurteilt. Über 22.000 Weißrussen wurden seit August festgenommen. Dazu wurden zehn Demonstranten erschossen, meist mit Gummigeschossen, manchmal – wie im westweißrussischen Brest – auch mit scharfer Munition.

Repressionen gegen Polen

Besonders hart getroffen haben die Repressionen in den vergangenen Tagen den Nordwesten des Landes, wo die polnische Minderheit besonders zahlreich ist. Nach der Verhaftung von Andzelika Borys, der streitbaren Vorsitzenden des seit 2005 illegalen Polenbundes ZPB, wurden am Donnerstag mindestens drei weitere Minderheitsaktivisten festgenommen. Darunter befindet sich der Journalist Andrzej Poczobut, ein langjähriger Demokratieaktivist aus Grodno. Ihnen allen werden von der Staatsanwaltschaft die „Glorifizierung anti-sowjetsicher Partisanen“ und die „Rehabilitierung der Nazi-Ideologie“ vorgeworfen. Darauf stehen in Weißrussland fünf bis zwölf Jahre Lagerhaft.

Der ZPB hatte Anfang März Gedenkveranstaltungen für den polnischen Partisanenführer Romuald Reis, vulgo „Bury“, abgehalten, der 1946 im Grenzgebiet zwischen Polen und der Sowjetunion mit zweifelhaften, teils kriegsverbrecherischen Methoden gegen die Kommunisten weitergekämpft hatte. „Bury“ ist ein Held der polnischen Kaczynski-Regierung.