Statt des späten Karrieresprungs die Heimsuchung durch das heimtückische Virus: Vor wenigen Tagen wäre dem serbischen Bischof Irinej von Novi Sad fast die Wahl zum neuen Patriarchen des Balkanstaats geglückt. Nun macht dem 74-jährigen Würdenträger der serbisch-orthodoxen Kirche genauso wie seinem pensionierten, 83-jährigen Bischofskollegen Atanasije im bosnischen Trebinje eine Corona-Infektion zu schaffen. Beide hatten in der letzten Woche in Belgrad der Kür des neuen Patriarchen Porfirije beigewohnt.
Masken waren bei den Feierlichkeiten zur Inthronisierung des neuen Kirchenoberhaupts nur vereinzelt zu sehen: Erneut wurde beim Abendmahl das in Wein getränkte Brot wieder einmal nur mit einem Löffelchen an die Gläubigen verabreicht.
Doch nicht nur vollbärtige Kuttenträger nehmen es mit den Corona-Auflagen in Serbien nicht mehr so sehr genau. Die Infektionszahlen beim EU-Anwärter sind wieder am Steigen, obwohl ausgerechnet der arme Balkanstaat nach Großbritannien derzeit das Land mit der höchsten Impfrate Europas ist.
Über 800.000 Serben, mehr als 11,5 Prozent der Bevölkerung, haben mindestens eine Impfung, gut die Hälfte von ihnen gar schon die zweite Dosis erhalten. Von der Bild- bis zur Kronenzeitung drücken sich derzeit die Emissäre der Weltpresse die Klinke beim rechtspopulistischen Präsidenten Aleksander Vucic in die Hand, um das von chinesischen und russischen Serum gespeiste Impfmirakel zu ergründen. „Wir haben unsere Arbeit gemacht“, verkündet der autoritär gestrickte Liebhaber des Eigenlobs stolz: Statt nur auf die EU habe er schon früh auf Direktverhandlungen mit den Produzenten gesetzt.
Trügerisches Sicherheitsgefühl
Auch die propagandistisch ausgeschlachtete Kunde der erstaunlichen Impferfolge des Landes hat vielen ein trügerisches Sicherheitsgefühl vermittelt. Doch noch ist der Grad der Durchimpfung zu gering, um die Epidemie wirksam abbremsen zu können. Das Gedränge in den Winter-Resorts, aber auch illegale Corona-Partys und die immer laxere Befolgung der Vorsichtsmaßregeln im Alltag machen Epidemiologen und Medien für den wieder deutlich steigenden Andrang in den Covid-Kliniken verantwortlich.
War der Anteil der positiv Getesteten von 40 Prozent Anfang Dezember bis Mitte Januar auf 15 Prozent geschrumpft, ist er mittlerweile wieder auf 24 Prozent geklettert. Von „beunruhigenden Zahlen“ spricht besorgt die Belgrader Zeitung Blic: „Corona bedroht uns erneut.“
De Maart
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