Dienstag21. Oktober 2025

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Albaniens brennende WeihnachtsbäumeProtestwelle nach Tod eines von der Polizei erschossenen Corona-Sünders

Albaniens brennende Weihnachtsbäume / Protestwelle nach Tod eines von der Polizei erschossenen Corona-Sünders
„Wir wollen Gerechtigkeit!“: Demonstranten haben den Weihnachtsbaum vor dem Sitz des Premiers angezündet Foto: AFP

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Albanien kommt nicht zur Ruhe. Nach dem Tod eines von der Polizei während der Ausgangssperre erschossenen 25-Jährigen wird der Balkanstaat seit Tagen von heftigen Protesten gegen die Regierung von Premier Edi Rama erschüttert.

Adventsstimmung kommt in Albanien keine auf. Statt schnulziger Weihnachtsweisen erschallen im von Tränengas vernebelten Zentrum der Hauptstadt Tirana seit fast einer Woche allabendlich die Polizeisirenen. Fliegende Steine, klirrende Scheiben: Nach dem Tod eines von der Polizei erschossenen Corona-Sünders wird der Balkanstaat seit Tagen von heftigen Protesten gegen die Regierung von Premier Edi Rama erschüttert.

Ausgelöst hat die Unruhen eine fehlgeschlagene Personenkontrolle. Nachdem der 25-jährige Klodian Rasha während der nächtlichen Ausgangssperre der Polizei-Aufforderung, stehen zu bleiben, keine Folge geleistet hatte, wurde der unbewaffnete Corona-Sünder unweit seines Hauses am vergangenen Dienstag von einem Streifenpolizisten erschossen. Der mittlerweile unter Mordverdacht in Untersuchungshaft einsitzende Beamte spricht von Notwehr. Ihr Bruder habe nur Zigaretten kaufen wollen, so seine Schwester in den lokalen Medien.

Tief gespalten

Friedliche Demonstrationen gehen mit heftigen Ausschreitungen, Verhaftungen und Verletzten gepaart. Nicht nur der Weihnachtsbaum vor dem Amtssitz von Regierungschef Rama in Tirana ging in den letzten Tagen in Flammen auf. In Shkodra wurde das Büro der regierenden Sozialisten (PS) in Brand gesteckt. Obwohl Innenminister Sander Lleshaj am Freitag als Bauernopfer Ramas seinen Rücktritt erklärte, halten die auch auf Provinzstädte wie Durres, Elbasan oder Korca übergeschwappten Proteste weiter an: Empörte Demonstranten fordern den Rücktritt des Polizeichefs – und von Rama. Der Premier hat die Schüsse auf Rasha zwar verurteilt, spricht aber von einem „isolierten Fall“ und wittert in der Opposition und Staatschef Ilir Meta die Drahtzieher der Ausschreitungen.

Wenige Monate vor der Parlamentswahl haben die Unruhen die Spannungen in dem politisch tief geteilten Land zweifellos verschärft. PS-Politiker werfen den konservativen Demokraten (PD) und Metas sozialdemokratischer LSI vor, die jugendlichen Demonstranten als „Kanonenfutter“ zu finanzieren und zu missbrauchen. Der Oppositionsführer Luzhim Balsa (PD) lastet wiederum seinem Widersacher Rama „Hassreden“ und die Verantwortung für Polizeigewalt an. Die Demonstranten hätten das Recht, „frei und friedlich“ zu protestieren: „Die Brutalität gegen Minderjährige und Journalisten muss enden.“