Sonntag26. Oktober 2025

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BrüsselMassive Einbrüche befürchtet: EU-Staaten ringen um den Sommerurlaub

Brüssel / Massive Einbrüche befürchtet: EU-Staaten ringen um den Sommerurlaub
In Porto Cesareo in Apulien im Süden Italiens hat ein Hotelmanager Schnüre zur Begrenzung aufgezogen – überall wird nach Lösungen gesucht, die Sommersaison nicht ganz abschreiben zu müssen Foto: AFP/Fabrizio Marzano

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Nach der Zwangspause in der Industrie droht der EU nun auch noch ein Debakel in der Tourismusbranche. Wegen der Corona-Krise könnte der Umsatz in diesem Jahr um bis zu 70 Prozent einbrechen, sagte EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton in Brüssel. Nach ersten Schätzungen dürften der europäischen Reisebranche zwischen 275 und 400 Milliarden Euro verloren gehen, so der Franzose.

Vor allem die besonders von der Corona-Krise getroffenen Länder Italien, Spanien und Frankreich rechnen mit massiven Einbrüchen. Dort ist bisher nicht einmal ein Ende der Ausgangssperren absehbar. Aber es gibt auch Hoffnungsschimmer. So bereiten sich Griechenland, Portugal, Kroatien und Österreich trotz aller Probleme mit Covid-19 auf die Urlaubssaison vor.

Doch noch gelten fast überall Reisewarnungen, Grenzkontrollen und Einschränkungen an Häfen und Flughäfen. Die Reisefreiheit ist im gesamten Schengen-Raum eingeschränkt bzw. aufgehoben. Über eine mögliche Lockerung müssten sich zunächst die Außenminister einigen, hieß es gestern am Rande einer Videokonferenz der EU-Tourismusminister.

Vor der Öffnung sogenannter Touristenkorridore müssten Epidemiologen befragt werden, um Kriterien für die Sicherheit der Urlauber aufzustellen, sagte der kroatische Tourismusminister Gari Cappelli, der für den EU-Ratsvorsitz spricht. „Es scheint genügend guten Willen und den Wunsch zu geben, einen Weg zu finden, Länder wieder miteinander zu verbinden.“

Bis zu einer EU-weiten Einigung ruht die Hoffnung vor allem auf regionalen Absprachen. So brachte die österreichische Tourismusministerin Elisabeth Köstinger eine mögliche Vereinbarung mit Berlin ins Gespräch. „Wenn Länder auf einem sehr guten und positiven Weg sind, wie beispielsweise Deutschland, dann gibt es durchaus auch die Möglichkeit, dass man sich bilateral einigt.“

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg stellte gestern jedoch klar, dass sein Land keine Alleingänge plane. Er schwenkte damit auf die Linie seines deutschen Amtskollegen Heiko Maas ein, der vor einem „europäischen Wettlauf“ gewarnt hat. Das führe zu unvertretbaren Risiken, so Maas. Europa brauche gemeinsame Kriterien für einen Weg zurück zur Reisefreiheit – „so schnell wie möglich, aber so verantwortlich wie nötig“. Auch Luxemburgs Tourismusminister Lex Delles sprach sich für „gemeinsame Lösungen innerhalb der Europäischen Union aus“.

Gutschein oder Erstattung bei Ausfall?

Mit einem schnellen Ende der Reisewarnungen sei nicht zu rechnen, hieß es hingegen im Auswärtigen Amt in Deutschland. Die aktuelle deutsche Warnung gilt bis zum 3. Mai. Der Deutsche Reiseverband (DRV) drängt unterdessen auf eine allmähliche Lockerung. Die Risikoabschätzung für die Reiseländer müsse wieder differenzierter werden, fordert DRV-Präsident Norbert Fiebig. Nach einer Öffnung bestimmter Regionen in Deutschland könnten schrittweise auch jene Länder in Europa freigegeben werden, welche die Corona-Pandemie gut gemeistert hätten.

Optimistisch gibt sich auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Wir werden intelligente Lösungen finden, um etwas Urlaub machen zu können“, erklärte die CDU-Politikerin. „Vielleicht ein bisschen anders, mit anderen Hygienemaßnahmen, etwas mehr Abstand.“ Die EU-Kommission will morgen erstmals über die Tourismusbranche und mögliche EU-Hilfen beraten.

Dabei dürfte es auch um die Frage gehen, ob bereits gebuchte Urlaubsreisen erstattet werden können. Berlin hat sich für eine Gutschein-Lösung ausgesprochen. Brüssel hält jedoch dagegen und fordert eine Rückerstattung. Nach EU-Recht hätten Verbraucher die Wahl, ob sie einen Gutschein akzeptierten oder eine Erstattung bevorzugten, sagte der zuständige EU-Kommissar Didier Reynders.

Deutschland will jedoch nicht einlenken. Notfalls könne Berlin auch eine nationale Lösung suchen, sagte der für den Tourismus zuständige Staatssekretär Thomas Bareiß. Allerdings müsse auch Rechtssicherheit gegeben sein.