Generation Smartphone: In Frankreich besitzen 92 Prozent der 12- bis 17-Jährigen ein Handy

Generation Smartphone: In Frankreich besitzen 92 Prozent der 12- bis 17-Jährigen ein Handy

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Das Smartphone ist zum zentralen Kommunikationsmittel der Jugend geworden. In Frankreich besitzen 92 Prozent der 12- bis 17- Jährigen eines – das hat eine Studie des französischen Smartphoneherstellers Wiko herausgefunden.

Kein Kind und kein Jugendlicher kann darauf bestehen, von seinen Eltern unter allen Umständen den Besitz eines Smartphones erlaubt zu bekommen. Vor allem bei Jugendlichen ist der soziale Druck enorm hoch. Wenn alle Freunde ein Mobiltelefon besitzen, nörgelt der Nachwuchs gerne so lange, bis die Eltern nachgeben. Dabei haben die Kinder gar nicht einmal unrecht, wenn sie behaupten, dass „jeder ein Handy besitzt“. In Frankreich haben rund 92 Prozent der 12- bis 17-Jährigen eines – und dies trotz des Handyverbots an französischen Schulen, das seit diesem Schuljahr für alle Schüler bis 15 Jahre greift.

 

„Es gibt auch negative Aspekte bei den neuen Technologien“, meinte der französische Bildungsminister Jean-Michel Blanquer gegenüber Euronews. Dabei soll er vor allem an die Sicherheit der Daten gedacht haben, aber nicht nur. Dazu gehören auch Cybermobbing und der Besuch von gewaltverherrlichenden oder pornografischen Seiten. Ein weiterer Grund dafür, weshalb das französische Handyverbot an Schulen richtig sei, sei dann auch die „Bildschirmsucht“ – vor allem in Bezug auf Mobiltelefone.

Das Gesetz sei eine „an unsere Kinder und Jugendliche gerichtete Botschaft der Humanität“, sagte Blanquer. In den zwischenmenschlichen Beziehungen komme es immer noch darauf an, „sich in die Augen zu schauen, miteinander zu reden“ und das Handy auch einmal weglegen zu können.

Der Minister hatte seine Gründe für ein Verbot, den Kindern und Jugendlichen fallen aber mindestens genauso viele ein, die für das Smartphone sprechen. In der Wiko-Studie gaben dann auch 20 Prozent der Schüler an, sich nicht an das Verbot zu halten. Letzten Endes sind es aber meist dann doch die Eltern, die die Entscheidung treffen. Das elterliche Handyverbot ist auch schwieriger zu umgehen als das in der Schule. Ein Handy im Besitz des Nachwuchses kann eine beruhigende Wirkung auf die Eltern haben. Sie wissen, dass sie ihr Kind jederzeit erreichen können und dass diese im Notfall die Möglichkeit haben, per Telefon Hilfe zu holen.

Der Gedankengang der Eltern ist zwar nachzuvollziehen, zutreffend ist er aber nicht in jedem Fall. Laut Wiko-Studie gab fast die Hälfte der befragten Jugendlichen an, nicht immer auf die Nachrichten der Eltern zu reagieren. Bei fast einem Drittel kommt es sogar vor, dass sie Anrufe der Eltern herausfiltern.

„Das Smartphone ist also kein richtiges Kommunikationsmittel zwischen den Jugendlichen und ihren Eltern“, so die Autoren der Studie. Nur 52 Prozent der Jugendlichen benutzen das Handy, „um die Eltern zu beruhigen“, und zwei Drittel, um sie auf Verspätungen hinzuweisen.

Auf die Frage, zu welchen Zwecken sie ihr Handy verwenden, gaben 90 Prozent der Heranwachsenden an, dies hauptsächlich für Interaktionen mit Freunden zu tun. Im Gegensatz zu Anrufen von den Eltern werden solche von Freunden auch meist direkt beantwortet. Ein Drittel der Befragten gab sogar an, die Nachrichten von Freunden „systematisch“ zu beantworten – egal ob es Tag oder Nacht ist.

Soziale Netzwerke sind dann auch beliebter als das Telefonat mit den Eltern. In Frankreich haben 78 Prozent der Heranwachsenden zumindest ein entsprechendes Konto (62% bei Snapchat, 53% bei Facebook und 50% bei Instagram). In der Studie ist auch die große zeitliche Nähe zwischen dem Erstellen des ersten Kontos bei einem sozialen Netzwerk (13 Jahre) und dem Erhalt des ersten Handys (12 Jahre) aufgefallen. In diesem Zusammenhang kann darauf hingewiesen werden, dass die Altersbeschränkungen von sozialen Netzwerken ebenfalls meist bei 13 Jahren liegen.

„Das Smartphone ist ein ideales und unentbehrliches Kommunikationsmittel für die Jugend“, fasst Dorothée Dupuis, „Marketing Director“ von Wiko, zusammen. Jeder zehnte Jugendliche hat sein Handy schon dazu benutzt, neue Bekanntschaften zu schließen. Doch wie bei so vielem gibt es aber auch beim Smartphone-Gebrauch eine dunkle Seite. Die vom Minister angesprochenen negativen Aspekte wurden auch untersucht. Acht Prozent der Jugendlichen sind schon in Tränen ausgebrochen, nachdem sie bösartige oder beleidigende Nachrichten empfangen haben. Jeder Fünfte hat zugegeben, schon solche Nachrichten verschickt zu haben. Ein knappes Drittel der Mädchen gab zudem an, „Angst davor zu haben, dass ein geteilter Inhalt eines Tages gegen sie verwendet werden kann“.

„Sextos“, also Nachrichten mit sexuellem Inhalt, und „Nudes“, also Nacktbilder, hat schon jeder fünfte französische Jugendliche im Alter von 15-17 Jahren empfangen oder verschickt. Knapp 40 Prozent gaben an, dass der Versand von Nachrichten mit sexuellem Inhalt „eine weitverbreitete Praxis“ sei. Selbst wenn die Liebe verflogen ist und man seinem Partner einen Laufpass geben möchte, passiert das heutzutage oft per Smartphone. 13 Prozent der Befragten meinten, schon über ihr Handy Schluss gemacht zu haben. Somit haben mehr Menschen ihre Beziehungen per Smartphone beendet, als dass neue Beziehungen hierdurch entstanden sind.


Der Handy-Gebrauch in Luxemburger Schulen

In Luxemburg gibt es kein Gesetz, das Kindern und Jugendlichen den Gebrauch von Handys in Schulen verbietet. Jede Schule geht anders mit dem Thema um. Meist ist die Handynutzung in den jeweiligen Chartas oder „Codes de vie“ geregelt.

Das Tageblatt hat sich mit einer Lehrerin aus einem luxemburgischen Lyzeum unterhalten: „Bei uns gibt es kein richtiges Handyverbot. Während der Unterrichtsstunden muss das Handy aber ausgeschaltet oder auf lautlos gestellt sein.“ Dies gelte auch für die Pausen, außer jene in der Mittagsstunde. „Dann sehen wir, wie die Augen unserer Schüler an den Bildschirmen ihrer Handys kleben“, so die Lehrerin.

Wenn das Telefon dann trotzdem während des Unterrichts klingelt, gibt es eine mündliche Verwarnung wie „Mach’ das Handy aus!“ Beim zweiten Verstoß kann es eine Strafarbeit oder einen Eintrag ins Klassenbuch geben. Wenn sich der Schüler dann immer noch weigert, kann das Handy im Extremfall auch konfisziert werden, damit der Unterricht in Ruhe fortgeführt werden kann. Dies passiere jedoch sehr selten – und wenn, dann bekommt der Schüler sein Handy rasch wieder.

„Im Grunde dürfen wir das Handy nicht konfiszieren“, so die Lehrerin. Es sei in solchen Fällen schon vorgekommen, dass die Eltern Rechtsanwälte eingeschaltet hätten, um das Handy wieder ausgehändigt zu bekommen.

Ein Komplettverbot findet die Lehrerin auch keine gute Lösung. „Einige Lehrer binden das Smartphone in den Unterricht ein und es ist schon wichtig, dass die Schüler mit ihren Eltern kommunizieren können.“


Lesen Sie auch den Kommentar von Jean-Philippe Schmit.

Wenn das Handy zweimal klingelt

Jacques Zeyen
14. November 2018 - 15.58

"Es sei in solchen Fällen schon vorgekommen, dass die Eltern Rechtsanwälte eingeschaltet hätten.." Es ist immer gut für die Eltern einen Rechtsanwalt zur Hand zu haben,denn spätestens wenn ihr Schützling dem Lehrer einen Bleistift in die Rippen gestoßen hat,werden sie ihn brauchen. So baut man den nötigen Respekt des Lehrers vor dem Schüler auf. "Smartphone ist unentbehrlich für die Kinder."?? Ein seltsamer Anblick wenn vor einer Schule fast sämtliche Schüler vollverkabelt an der Mauer lehnen und auf den Bildschirm glotzen.Es kommt sogar vor,dass manche miteinander reden,aber ohne den Blick vom Schirm zu heben. Es wird darauf ankommen,dass das Handy am Ende der Schülerlaufbahn nicht schlauer ist als der der es bedient,nach dem Motto: Mein Handy und ich wissen alles.