Von Sebastian Moll
Die Carolina Panthers stehen zum Verkauf, nachdem Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen den Team-Eigner Jerry Richardson laut geworden sind. Damit erreicht die #MeToo-Welle auch den Football.
Der neu gefundene Mut amerikanischer Frauen, offen über sexuellen Missbrauch zu sprechen, hat in den vergangenen Wochen einen Bereich der amerikanischen Gesellschaft nach dem anderen aufgerüttelt. Zuerst waren es die Unterhaltungsbranche und die Medien, in denen an den alten patriarchalischen Machtstrukturen gesägt wurde, zuletzt war die Politik dran. Alleine der Sport schien bislang gegen die Fragen immun, welche die #metoo-Bewegung aufgeworfen hat.

Der Besitzer des Football-Teams Carolina Panthers: Jerry Richardson
Frauen wie Freiwild behandelt
Seit vergangenem Wochenende ist nun jedoch auch die letzte große Männerdomäne der US-Gesellschaft dazu gezwungen, in den Spiegel zu schauen. Nach Enthüllungen des Fachmagazins Sports Illustrated über ein jahrelanges Muster sexueller Übergriffe wurde der Besitzer des Football-Teams Carolina Panthers, Jerry Richardson, dazu gezwungen, seine Mannschaft zu verkaufen und sich aus dem Geschäft zurück zu ziehen.
Die Frauen, die mit den Reportern von Sports Illustrated gesprochen hatten, zeichneten das Bild eines Betriebsklimas bei den Panthers, das mehr an einen Herrenhof des 19. Jahrhunderts erinnerte als an ein modernes Sportunternehmen. Der heute 81 Jahre alte Richardson ließ sich in alter Südstaaten-Manier mit „Mister“ anreden statt mit seinem Namen. Weibliche Angestellte wurden wie Freiwild behandelt.
Schweigegelder in beträchtlicher Höhe
Der Sexismus des heute 81-Jährigen reichte von alltäglichen Anzüglichkeiten bis hin zu der eigenartigen Angewohnheit, unter dem Vorwand des Kavalierverhaltens Frauen beim Anlegen des Sicherheitsgurtes zu helfen und dabei wie beiläufig ihre Brüste zu streifen. In handgeschriebenen Notizen lud er seine Untergebenen zu Massagen und Körperpflege-Kuren ein und bat an, ihnen persönlich die Beine zu rasieren.
In mindestens vier Fällen zahlte Richardson nach den Erkenntnissen von Sports Illustrated Frauen Schweigegelder in beträchtlicher Höhe. Nachdem die Carolina Panthers jedoch eine interne Untersuchung gegen ihren Besitzer eingeleitet hatten, fühlten die Frauen sich nicht mehr an die Abmachungen gebunden.
Ultimativer „Männer-Club“
Dass der amerikanische Profisport eine Bastion des unhinterfragten Sexismus ist, überrascht derweil kaum jemanden. „Das einzig Schockierende an all dem“, sagte der Sport-Kolumnist der politischen Wochenzeitschrift The Nation, Dave Zirin, „ist, dass die ganze Sache aufgeflogen ist.“
Selbst der ultimative „Männer-Club“, den die Football-Liga NFL laut New York Times-Kolumnistin Juliet Macur darstellt, ist im Zuge der #metoo-Bewegung brüchig geworden. Dass in den Führungsetagen des Macho-Sports Sexismus und Rassismus vorherrschen, verwundert weitaus weniger als die Tatsache, dass selbst diese Bruderschaft weißer reicher Männer nun anfällig geworden ist.
Nicht dass man in der Führungsetage der NFL nicht trotz allem noch versucht, zusammenzurücken. So schrieb Dallas-Cowboys-Besitzer Jerry Jones nach dem Bekanntwerden des Skandals über seinen Kollegen, er sei „ein großer Mann mit einem großen Herzen“. Die Liga brauche „Männer wie ihn“, sein Ausscheiden sei zutiefst traurig.

Die Carolina Panthers im Spiel gegen die Oakland Raiders.
Liga handelt langsam
Auch die Liga-Führung beeilte sich nicht sonderlich, etwas zu unternehmen. Liga-Chef Roger Goodell fand, die Carolina Panthers sollten erst einmal ihre eigene Untersuchung abschließen, bevor die Liga sich genauer anschaut, was da in North Carolina los ist.
Die Verzögerung passte zu der Art, wie der Football-Sport mit Krisen umgeht.
Der Besitzer der LA Clippers war nach rassistischen Äußerungen zum Verkauf seines Teams gezwungen worden, er wurde lebenslang aus allen Arenen der Basketball-Liga verbannt. Richardson wurde hingegen die Gelegenheit gegeben, sich nach eigenem Fahrplan zurückzuziehen und seine Mannschaft zu Geld zu machen.
De Maart
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