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Tod eines Generals nach Schuldspruch

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Der Mann in dem dicken Wollanzug mit Nadelstreifen ist erregt. Sein grauer dichter Haarschopf steht wild von seinem Kopf ab. Laut und erregt ruft er den Richtern zu: „Slobodan Praljak ist kein Kriegsverbrecher. Ich weise Ihr Urteil zurück.“ Dann – ganz plötzlich – hat der 72-Jährige ein braunes Fläschchen in der Hand, hebt an und trinkt. „Mein Mandant hat Gift getrunken“, wird wenig später seine Anwältin rufen. Wie erstarrt sind Richter, Anwälte und Besucher an diesem Mittwoch im Gerichtssaal des UN-Kriegsverbrechertribunals zum früheren Jugoslawien in Den Haag.

Die letzte Urteilsverkündung des Gerichts nach 24 Jahren nimmt ein dramatisches Ende. Der 72-jährige bosnisch-kroatische General Praljak stirbt in einem Krankenhaus in Den Haag – wenige Stunden nach der Verurteilung zu 20 Jahren Haft wegen schwerer Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Bosnienkrieg (1992 bis 1995) . Was genau sich im Gerichtssaal hinter der dicken Glasscheibe abspielt, können die Beobachter nicht sehen.

Parallele in der Vergangenheit

Der Vorsitzende Richter Carmel Agius unterbricht sichtlich entsetzt die Sitzung. Stunden später geht die Verhandlung weiter – nun in einem anderen Raum. „Der Sitzungssaal ist ein Tatort“, sagt der Richter Agius. Die niederländischen Behörden nehmen Ermittlungen auf. Viele Fragen bleiben zunächst offen: Was genau hat Praljak – Militärchef der bosnischen Kroaten im Bosnienkrieg – getrunken? War es wirklich Gift? Wie konnte er das in den Gerichtssaal schmuggeln? Und dann natürlich: Warum?

Man kann eine Parallele ziehen, weit zurück in die Vergangenheit. Damals, 1946, hatten sich Massenmörder der Nationalsozialisten wie Hermann Göring vor Vollstreckung des Urteils in ihrer Zelle in Nürnberg mit Zyankali vergiftet. Das UN-Kriegsverbrechertribunal ist ein Erbe des Nürnberger Gerichtes. Aber während in Nürnberg die Siegermächte zu Gericht saßen, hatte die Weltgemeinschaft zu den Verbrechen des Bosnienkrieges (1992-1995) ein unabhängiges Gericht errichtet.

161 Angeklagte

In Den Haag gab es keine kollektive Verurteilung der Serben, Bosnier oder Kroaten – auch wenn das oft in den vergangenen Jahren von serbischen und kroatischen Nationalisten behauptet wurde. Fast 24 Jahre lang mussten sich 161 Menschen vor den UN-Richtern für ihre individuelle Schuld verantworten. Das waren gerade diejenigen, die sich oft gar nicht die Hände schmutzig gemacht hatten: Politiker, Generäle oder Staatschefs.

Viele von ihnen waren verurteilt worden, weil sie Befehle zu einem Völkermord wie dem von Srebrenica 1995 oder Vertreibungen gegeben hatten. Oder weil sie wussten, dass ihre Soldaten die Mädchen und Frauen systematisch vergewaltigt und die Gefangenen in Internierungslagern gefoltert hatten. Sie hatten Städte bombardieren und Kulturschätze zerstören lassen. Oder aber sie hatten das nicht verhindert.

Es ist das große Verdienst dieses UN-Gerichtes, dass die Mächtigen nicht so einfach davon gekommen sind. Das gilt für den Ex-Serbenführer Radovan Karadzic und auch für den bosnisch-serbischen General Ratko Mladic, der erst vor einer Woche zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Auch bei seiner Urteilsverkündung kam es zu einem Zwischenfall. Mladic polterte und schrie und musste schließlich aus dem Gerichtssaal gebracht werden.

„Ich bin kein Kriegsverbrecher“

Auch Slobodan Praljak war verurteilt worden, weil er als Militärchef der bosnischen Kroaten Befehle gegeben und eine grauenvolle „systematische Terrorkampagne“ gegen bosnische Muslime unterstützt hatte. „Ich bin kein Kriegsverbrecher“, hatte der 72-Jährige kurz vor seiner dramatischen Tat im Gerichtssaal gerufen. Das Urteil aber war endgültig. Er hatte seine Berufung verloren. Bevor er zum Gift griff, hatte das UN-Gericht das Urteil aus erster Instanz bestätigt. 20 Jahre Gefängnis für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Bosnienkrieg (1992-1995).

Hat er seinem Leben aus Verzweiflung über die Strafe ein Ende gesetzt? Wohl kaum. Denn Praljak wäre sehr wahrscheinlich demnächst frei gekommen, weil er bereits zwei Drittel der Strafe verbüßt hatte. Er saß bereits rund 13 Jahre in Untersuchungshaft, und die Zeit wäre von der Strafe abgezogen worden.

Tom
30. November 2017 - 21.25

@Max, siehe hierzu die Kommentare unter folgendem Artikel der Tageblatt.

http://www.tageblatt.lu/politik/nationalpolitik/letzte-kosovo-soldaten-sind-zurueck/

Tom
30. November 2017 - 21.22

@Bitte Klartext, ich habe mich in diesem Kommentar nicht über den Krieg und den historischen Ereignissen des Balkankrieges geäußert. Um es ganu einfach zu sagen habe ich die Art der Schaffung und ihre Praxis kritisiert.

Bezüglich des Balkankrieges an sich habe ich versucht es in einigen Kommentaren unter einem anderen Artikel der Tageblatt so kurz wie möglich zusammenzufassen, weshalb ich Sie einlade sich die Kommentare unter den Tageblatt Artikel von Kosovo anzuschauen. Es gab durchaus Reaktionen darauf und ich habe versucht alle Reaktionen auch gründlich zu beantworten und mit Fakten zu belegen die man jederzeit überprüfen kann um mir nicht irgendwelche Propaganda oder Lügen unterstellen zu lassen. Dort habe ich versucht den Konflikt und den Grund des Balkankrieges kurz zu erläutern.

Siehe hierzu
http://www.tageblatt.lu/politik/nationalpolitik/letzte-kosovo-soldaten-sind-zurueck/

Tom
30. November 2017 - 19.05

@Monalisa, ich muss zugeben, dass ich persönlich auch nicht daran geglaubt habe, dass TB dieses Kommentar zulassen würde, denn Yahoo Deutschland hat es nicht! Drei mal habe ich versucht auch die Formulierung umzuändern, ja sogar konstruktive Kritik zu üben, allerdings wurde es kategorisch abgelehnt!!!
Persönlich bin ich Tageblatt dieses mal dankbar, denn man sollte nie die Fakten und die richtigen historischen verschleiern.

Selbstverständlich stimme ich Ihnen in diesem Fall absolut zu. Bedauerlicherweise war es ein politisches Gericht. den Frieden ist ein rein politisches Ziel und nicht ein rechtliches Ziel.

Max
30. November 2017 - 18.04

@Monavisa
Ich habe leider und dämlicher Weise noch immer nicht verstanden was genau ablief und anscheinend, wenn ich Sie und "Tom" richtig verstehe noch immer abläuft, ich war nur glücklich als dieser Krieg endlich vorbei war.

Bitte Klartext
30. November 2017 - 17.34

@Tom
Dieser Krieg hat viele Jahre gedauert, ohne, dass "wir"
genau wussten, zu kompliziert für "uns", die Politik schien nicht gewollt einzugreifen, obwohl es an "unserer Tür" war und wir einer europäische Union angehörten, gegründet um Krieg zu verhindern.
Traurig die Zahl der Toten, Verschleppten, " fast wie " im 2ten Weltkrieg.
Tom, wir nahmen nach Kriegsende einige dieser Kontrahenten sofort in die EU auf, spalteten sogar und gaben Souveränität an Einzelne,
Leider sieht es so aus als wir hätten wir noch immer nicht verstanden.

Tom
30. November 2017 - 14.34

Das wird durchaus ein längerer Kommentar aber es ist wichtig, dass es präzise ist, denn dieses Gericht ist aus rein rechtlicher Sicht definitiv nicht legal und nicht legitim. Ich spreche nicht von den Richtern und den Mitarbeitern, sondern von der Institution an sich, die im Jahre 1993 vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eingerichtet wurde. Mit direktem Verstoß gegen das internationale Gewohnheitsrecht.

Der Sicherheitsrat hat dies unter dem Diktat der Vereinigten Staaten Amerikas getan, die ja augenscheinlich in diesen Jahren die Weltmacht war und fast alle Länder die dem Sicherheitsrat angehörten, haben auch den Anträgen der USA gefolgt und diese ohne viele Widerworte auch erfüllt.

Unangebracht haben sich die Mitglieder des Sicherheitsrates auf den Artikel 7 der Charta der vereinten Nationen die von der Errichtung und Erhaltung des Weltfriedens oder des Friedens an bestimmten Gebieten handelt berufen.

Aber dieses Gericht ist das erste Gericht in der Geschichte der Menschheit, das als Mittel etabliert wurde den Frieden zu sichern oder sogar zu erhalten. Was bedeutet das von Anfang an das Ziel dieses Gerichtes nicht die Erhaltung des Rechts war, sondern eine spezifische Art des Friedens, was heute in der politischen Theorie immer öfter der Pakt der Amerikaner nach Modell der früheren und angeblich friedenserhaltenden Operation des römischen Imperiums (Pakt Romana) benannt wurde. Dieses Gericht ist nicht nur rechtswidrig, sondern hat auch zum Bedauern Europas eine antiserbische Ausrichtung. Der Beweis ist daher, die Tatsache, dass gegen eine unglaublich große Anzahl an Serben in Bezug auf Angehörigen anderer Nationalitäten prozessiert wurde. Bei Sichtung der verschiedenen Urteile ist es definitiv auffallend, dass immer wieder und wiederholt die ausgesprochenen Strafen unvergleichbar größer bei den Serben waren, als bei den Muslimen, Kroaten Albanern…usw. Mit einigen Ausnahmen wie dieses Fall hier auch bestätigt.

Einer der besten Beispiele wie ein internationaler Gerichtshof gegründet wird und rechtlich auch fast unanfechtbar ist, ist der Internationale Gerichtshof in Ruanda, dieses Gericht ist auch wiederum in seiner Form die beste Kompromittierung für den Internationalen Gerichtshof gegen das ehemalige Jugoslawien in den Haag.