Im Rahmen der „Orange Week“ dreht sich alles um die Gewalt gegen Frauen. Wie Betroffene selbst das Erlebte empfinden, zeigt die Ausstellung „Le visage de la violence“, bei der Frauen des Foyer Sud ihre Gefühle und Gedanken in Bildern zum Ausdruck bringen.
Fast zehn Jahre ist es her, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen einen internationalen Aufruf gegen Gewalt gegen Frauen startete. Was 2008 als Sensibilisierungskampagne begann, ist mittlerweile zu einer internationalen Bewegung geworden, welche jedes Jahr auf ein Neues zu mehr Solidarität gegenüber Opfern von häuslicher Gewalt appelliert.
Zum ersten Mal nimmt 2017 auch Luxemburg an der „Orange Week“ teil, welche am heutigen Montag offiziell startet und eine Reihe von Aufklärungsveranstaltungen umfasst. Den Auftakt machte am vergangenen Freitag bereits die Stadt Esch mit der Ausstellung „Le visage de la violence“ im Inneren des Rathauses. Mehrere Wochen lang haben die Angestellten des Foyer Sud „Fraen an Nout“ zusammen mit betroffenen Frauen an Kunstwerken gearbeitet, welche die Realität von Opfern häuslicher Gewalt für andere sichtbar machen sollen.
„Rund 66 Mal im Monat ist die Polizei im Durchschnitt wegen häuslicher Gewalt unterwegs, das ist fast zwei Mal pro Tag.“ Mit dieser erschreckenden Statistik verwies die Ministerin für Chancengleichheit, Lydia Mutsch, bei der Eröffnung der Ausstellung auf eine Problematik, die hierzulande oftmals unterschätzt wird.
Viele Opfer schämen sich
Gewalt im eigenen Heim gilt für die meisten als ein Thema ärmerer Länder, doch auch im reichen Luxemburg sind zahlreiche Menschen davon betroffen. „Gewalt gegen Frauen geschieht meist ganz leise, man hört sie nicht, denn die Opfer schämen sich für das, was ihnen widerfährt“, erklärte Danielle Becker-Bauer, Präsidentin von „Zonta International Luxembourg“.
Ein Thema, das eigentlich kein Tabu sein dürfte – und dennoch: Für die meisten Betroffenen ist der skeptische Blick der Gesellschaft einer der Gründe, warum sie den Weg aus der persönlichen Hölle nur selten wagen. Angst, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit – alles Gefühle, die den Alltag von Betroffenen dominieren und aussichtslos erscheinen lassen.
Seit 25 Jahren betreut das Team des Foyer Sud jährlich eine Vielzahl an Opfern. Alleine im vergangenen Jahr lebten hier 26 Frauen und 35 Kinder. Doch bis ein Mensch sich überhaupt traut, Schutz zu suchen, vergeht meist eine lange Zeit und die Folgen sind erheblich, weiß Danièle Martin, Präsidentin des „Conseil national des femmes du Luxembourg“: „Aus Angst leben die Frauen hinter einer Fassade und zeigen nicht, was mit ihnen geschieht. Viele Emotionen gehen in dieser Zeit kaputt und ihr Gefühlsleben wird nie mehr so sein, wie es einmal war.“ Die Kunst bietet Betroffenen ein Sprachrohr, hier können sie das „erzählen“, was man mit Worten oft nicht beschreiben kann.
„Geliebter“ Täter
„Ich weiß, dass es ihm leidtun muss, denn er hat mir heute Blumen geschickt“ steht im Gedicht neben einem Gemälde. Auf einem anderen der Satz „Du bist selbst schuld, du hast das verdient“. Genau diese Aussagen lassen durchblicken, dass Gewalt nicht nur auf körperlicher Ebene ausgeübt wird, sondern vielmehr mit psychischer Tortur verbunden ist. Ein Gefühl zieht sich durch die Werke hindurch wie ein roter Faden: Liebe. Denn was als Gewaltspirale endet, war nicht immer so, und den Opfern fällt es schwer, den geliebten Partner als gewaltbereiten Täter zu sehen.
Aus diesem Grund sei es enorm wichtig, Betroffene selbst zu Wort kommen zu lassen und so möglicherweise anderen Kraft zu geben, weiß Alexa Warnier, Verwaltungsdirektorin des Foyer Sud. Denn je länger ein Mensch häuslicher Gewalt ausgesetzt ist, desto schwerwiegender sind die hinterlassenen Schäden: „Die blauen Flecken sind verheilt, doch die emotionalen Narben werden mich ewig an eine Zeit erinnern, die ich lieber vergessen würde.“
Die Ausstellung kann den Autorinnen solcher Sätze zwar den Schmerz nicht wegnehmen, doch wenigstens wird ihre Geschichte gehört und kann so für etwas mehr Aufklärung und Empathie unter Frauen (und Männern) sorgen.
Von unserer Korrespondentin Laura Tomassini
De Maart
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