Der nuschelnde Entertainer

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Bei dem Gedanken, eines Tages könnten sich doch noch The Stone Roses reformieren, kriegen viele Britpop-Fans feuchte Augen. Die Begeisterung für eine der wichtigsten und interessantesten britischen Rockbands der Achtziger und Neunziger ist ungebrochen – und das mit nur zwei Alben innerhalb von zwölf Jahren und 14 Jahre nach ihrem Aus. Kai Florian Becker

Erneut angefacht wurde diese sogar durch die Wiederveröffentlichung des selbstbetitelten Debüts, das im Frühling 1989 über Silvertone Records in den Handel kam. Damals stieg The Stone Roses auf Rang 32 der UK-Charts ein und erkämpfte sich Anfang 1990 immerhin Platz 19.
Zur Überraschung vieler schaffte es die Wiederveröffentlichung just in die Top 5. Ein eindeutiges Indiz dafür, dass The Stone Roses über 20 Jahre nach ihrem legendären Debüt, das mit „One Love“, „Elephant Stone“ und „Fool’s Gold“ drei Top-Ten-Hits hervorbrachte und 2006 von den Kritikern des New Musical Express zum „best British album of all time“ gekürt wurde, noch eine hohe Wertschätzung genießen.

Rock, Soul, Hip-Hop, Rave – alles vermischt

Besagten Song „Fool’s Gold“ trug der einstige Stone-Roses-Sänger Ian Brown auch im Atelier vor. Es war die erste von drei Zugaben und die einzige Verbeugung vor der Band, die ihn berühmt gemacht hatte. Leider sieht es aktuell nicht danach aus, als stünde eine baldige Reunion bevor.
Gitarrist John Squire erklärte bereits, definitiv kein Interesse zu haben. Bassist Gary „Mani“ Mounfield, längst in den Diensten von Primal Scream, hat zwar noch nicht alle Hoffnungen aufgegeben, doch Brown schätzt die Chancen als sehr minimal ein. So bleibt den vielen Stone-Roses-Fans nur, das Internet nach alten Videoaufnahmen zu durchforsten oder sich Many mit Primal Scream und Brown solo anzusehen. Beides war in jüngster Zeit im Atelier möglich.
Was Brown am Freitag bot, war typisch für ihn. In seinen Songs vermengt er Rock, Dub, Soul, Hip-Hop und Rave. Dazu nuschelt und murmelt er, anstatt zu singen („Time Is My Everything“, „Marathon Man“). Peinlich berührt schien er davon jedoch nicht zu sein. Ein Vollblut-Entertainer wie er zweifelt nicht an sich. Dass der heute 46-Jährige in seiner Jugend zu Muhammad Ali und Bruce Lee aufblickte, prägte ihn für sein Leben. Er kam in einem sportiven Outfit und mit Sonnenbrille auf die Bühne und tänzelte wie ein Boxer beim Aufwärmprogramm. Seine ersten Worte waren denn auch: „Do you have your dancing shoes on?“
Brown, der wegen der Form seines Kopfes den Spitznamen King Monkey trägt, war erfreulicherweise alles andere als arrogant. Ausgesprochen höflich bedankte er sich nach fast jedem Lied bei seinen Fans. Selbst wenn er sie zu etwas mehr Bewegung auffordern wollte, tat er dies auf charmante Art und Weise: „You don’t have any laws against body movement here in Luxembourg?“, fragte er und ließ das besagte Stone-Roses-Lied folgen.
Zu den weiteren Höhepunkten zählten der mit gesampelten Streichern unterlegte Soulrocker „Save Us“ und der groovige Dubrock von „Longsight M13“.
Natürlich spielten Brown und Band auch „F.E.A.R.“, einen seiner erfolgreichsten und einprägsamsten Hits. Großartig war „Stellify“ vom neuen Album „My Way“. Diesen für ein Liebeslied sehr eindringlichen Song hatte er zusammen mit Dave McCracken für R&B-Star Rihanna geschrieben, aber letztlich doch für sein eigenes Repertoire behalten. Gut so. Denn so konnte er mit „Stellify“ diesen kurzweiligen Konzertabend perfekt beschließen.