Die Fraktion hielt geschlossen dutzende Plakate in die Höhe, auf denen Namen von Opfern des tödlichen Bombenangriffs von Kundus standen. Parlamentspräsident Norbert Lammert schloss daraufhin die Störer von der Sitzung aus. Die Linken-Politiker räumten aber erst nach mehrmaliger Aufforderung den Plenarsaal. In der namentlichen Abstimmung stimmten 429 von 586 Abgeordneten für die Verlängerung des ISAF-Mandats um ein Jahr.
Auch die Oppositionsfraktion SPD votierte mehrheitlich mit Ja. Es gab 111 Nein-Stimmen und 46 Enthaltungen. Die Störer der Linksfraktion durften trotz Ausschluss ebenfalls abstimmen, weil eine Zwei-Drittel-Mehrheit des Plenums dies ausnahmsweise zuließ und dafür die Geschäftsordnung außer Kraft setzte. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch, verteidigte die Protestaktion.
„Unsere Aktion war ein Akt des Gedenkens an die Opfer“, sagte sie. Bei dem Bombardement waren bis zu 142 Menschen ums Leben gekommen, darunter viele Zivilisten. Lötzsch sagte: „Es war eine Aktion, in der wir zeigen wollten: uns geht es um den einzelnen Menschen, um sein Schicksal, um sein Leid.“ Sie dankte ihrer Fraktion für ein „umsichtiges und würdevolles Handeln“. „Wir lehnen den Krieg Afghanistan ab“, sagte sie und erneuerte die Forderung ihrer Partei, die Bundeswehr müsse sich bis Ende des Jahres aus dem Land zurückziehen. Lötzsch nannte den Ausschluss durch Lammert eine „außergewöhnliche Maßnahme“, die selten vorkomme. Die Linke werde den Vorgang genau überprüfen.
SPD-Chef Sigmar Gabriel monierte, die Linke habe nicht auf die Kraft der Argumente gesetzt, sondern auf Klamauk. „Das ist immer schlecht“, sagte er dem Sender N24. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, meinte: „Der Präsident hat richtig entschieden. Das Parlament ist Ort der Debatte, nicht der Demonstration. Im Parlament zählt das Argument, nicht das Transparent.“
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte, die Zustimmung aus der SPD sei kein Freibrief für die neue Regierung. Entscheidend für die SPD sei die neu eröffnete „Abzugsperspektive“ ab 2011. Die Sozialdemokraten wollten darauf achten, dass Union und FDP auch wirklich die Weichen dafür stellen. Die Linken-Abgeordnete Christine Buchholz sagte, die Bundeswehr stabilisiere in Afghanistan eine Regierung, die von weiten Teilen der Bevölkerung verachtet werde, weil sie als korrupt gelte und Warlords früherer Kriege an der Macht beteilige. Der Aufstand der Taliban gegen die Regierung von Präsident Hamid Karsai werde auch von Teilen der Zivilbevölkerung unterstützt. Sie zog den Schluss: „Deutschland ist an einem Krieg gegen die einfache Bevölkerung beteiligt.“
Kein konkretes Abzugsdatum
Mit dem Beschluss wird die Zahl der deutschen Soldaten von derzeit 4.500 auf 5.350 aufgestockt. Davon sind 350 Männer und Frauen als „flexible Reserve“ vorgesehen. Das Mandat ist auf ein Jahr befristet.
Ab Mitte kommenden Jahres soll der Abzug beginnen. Auf ein Datum für den kompletten Rückzug will sich die Bundesregierung bewusst nicht festlegen. Präsident Karsai hat diese Fähigkeit für das Jahr 2014 in Aussicht gestellt. Das Mandat wird auch inhaltlich geändert: Der Schwerpunkt liegt auf der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte. Damit soll die Voraussetzung geschaffen werden, dass Afghanistan innerhalb der nächsten fünf Jahre selbst für seine Sicherheit sorgen kann.
APD
De Maart
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