Prognosen sind nichts Neues. Im Grunde sind sie nur eine Abwandlung der antiken Orakel. Es geht uns aber hier nicht um Prognosen, die die Wirtschaftslage für das folgende Jahr prophezeien. Wenn sich die ökonomische Lage um ein paar Punkte hinter dem Komma anders entwickelt, als das Statec dies vorhersagte, ist das eher darauf zurückzuführen, dass es in einem kleinen Land nicht viel braucht, um die Zahlen entscheidend zu beeinflussen. Und ganz ohne Prognosen kann kein Staat planen – was er ja tun soll und muss.
Nein, es geht um die Art von Prognosen, die uns weismachen wollen, sie würden etwas von der Zukunft wissen, was uns persönlich großen Nutzen bringen könnte, z.B. finanzieller oder gesundheitlicher Art.
Ein Bereich, in dem Prognosen besonders beliebt sind, ist die Börse. Spezialisten sagen Ihnen dort, gegen entsprechendes Honorar, versteht sich, welche Aktien besonders interessant sind. Im Grunde machen sie aber dasselbe wie die Scharlatane des Mittelalters und der Antike, die die Zukunft aus Tiergedärmen vorhersagten. Walter Krämer, Professor für Wirtschafts- und Sozialstatistik an der TU Dortmund, hat getestet, wie gut die von Profis erstellten Aktienprognosen gegenüber denen abschneiden, die per Zufall erstellt wurden. Er ließ seine Studenten mit Dartpfeilen auf Aktienlisten schießen und so Portfolios erstellen. In fünf von sieben Fällen lagen die Wurfpfeile besser als die Spezialisten.
„Zufall“, werden viele nun sagen. Richtig! Der Zufall regiert unser Leben mehr, als wir es wahrhaben wollen. Der Mensch will eigentlich so viel wie möglich im Voraus planen, das Leben ist jedoch voll von Unvorhersehbarem. Und die Mathematik lehrt uns, dass je mehr Unbekannte eine Gleichung hat, sie umso schwieriger zu lösen ist.
Angst bringt Geld
Prognosen sind Hochrechnungen von bekannten Daten, von denen man annimmt, dass sie sich so oder so entwickeln. Veränderungen sind allerdings schwer zu erahnen, Neuerungen schon gar nicht. Und doch werden uns regelmäßig die fantastischsten Zahlen präsentiert, wie etwa was die Demografie betrifft. Hätte man z.B. kurz nach dem vorigen Krieg Voraussagen über die Bevölkerungsentwicklung Luxemburgs am Ende des 20. Jahrhunderts gemacht, hätte man bestimmt danebengelegen. Dies ganz einfach, weil einige grundlegende Strukturveränderungen, wie etwa die Einwanderungswellen, nicht vorauszusehen waren. Dies stört die weltweite Prognose-Industrie nicht; mittlerweile ist sie zu einem milliardenschweren Wirtschaftssektor geworden. Deshalb ist es wohl nicht zu weit hergeholt, wenn man behauptet, dass ein Großteil der Voraussagen vor allem den Prognostikern nützt.
Mit Katastrophenvorhersagen und Angstmacherei ließ sich seit jeher viel Geld verdienen. Einer sehr rezenten Prognose zufolge waren wir alle von der Schweinegrippe bedroht. Die Einzigen, die jedoch bedroht wurden, waren die Krankenkassen.
Der französische König Philipp VI. soll nach der Niederlage bei Crécy angeordnet haben, den Wahrsager, der ihm einen Sieg prophezeit hatte, langsam und qualvoll hinrichten zu lassen. Se non è vero, è ben trovato! Was wäre, wenn auch heute Prognostiker für die Katastrophenmeldungen geradestehen müssten, die den Steuerzahler Unsummen kosten? Klimatismus lässt grüßen.
Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen, sagte Karl Valentin. Warum sich also so viele Menschen ihr Leben durch Vorhersagen beeinflussen lassen? Nun ja, die Welt will betrogen sein. Das wussten schon die Römer.
Die einzige Prognose, die in etwa hält, was sie verspricht, ist die Wettervorhersage für die nächsten zwei, drei Tage. So unglaublich es klingt, aber die stimmt in vielen Fällen.
Claude Molinaro
cmolinaro@tageblatt.
De Maart
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