Carlo Kass
LUXEMBURG – Auch für alteingesessene Gerichtskenner ist die Geschichte des in Tetingen geborenen und inzwischen 55-jährigen Pierre D. alles andere als übersichtlich.
Er hat die Tochter seiner eigenen Schwester bereits im Alter von nur zehn Jahren sexuell missbraucht (eine Tat, die heute verjährt ist) und wurde fünf Jahre später der Vater des heutigen Opfers, was in der Tat sehr schwierige Voraussetzungen für das weitere gemeinsame Leben schuf.
Seine Tochter zog danach nach Deutschland und wurde von der Familie bei der Meinung gelassen, ihr Vater sei tot und der sie in den Osterferien 1998 erstmals begrapschende Pierre D. sei „nur“ ihr Onkel.
Ein Jahr später, das Opfer war gerade mal 15 Jahre, kam es dann zu ersten sexuellen Kontakten, die zwischen Juli 2000 und August 2002 in Serie gingen.
Obwohl ihm der Vorsitzende mehrere hundert Beischläfe vorrechnete, blieb der Angeklagte bei seiner Milchmädchenrechnung von 60 sexuellen Kontakten für diese Periode, in der das Paar übrigens zweimal von der Mutter, Nichte und Ehefrau in flagranti ertappt wurde.
Jedes Mal stritten beide vehement und auch schon mal unabhängig voneinander die Tat ab, was nicht nur die Richter über die wahren Voraussetzungen der Liaison in Zweifel gebracht haben dürfte.
Der psychiatrische Experte Rainer L. aus Deutschland sprach von einer verwahrlosten Existenz, die relativ früh und stark dem Alkohol zusprach, die aber bei allen geistigen Defiziten über eine gewisse „Situationsschläue“ verfüge, wie Prosper Klein dem Experten suggerierte.
Durcheinander im Dossier
Man könne nicht von einer genuinen Pädophilie ausgehen, doch habe Alkoholgenuss und -entzug gravierende Folgen für das soziale Zusammenleben des Beschuldigten und seiner Umgebung gehabt.
Er sei jedenfalls nicht in die Gesellschaft integriert gewesen und habe sozusagen in einer Parallelwelt gelebt. Auch verschloss sich der Experte nicht der von Prosper Klein angeführten Gefahr eines eventuellen Rückfalls des Angeklagten.
Der Angeklagte, der eh Schwierigkeiten gehabt hätte, an erwachsene Geschlechtspartner heranzukommen, machte in seinen ersten Vernehmungen die vielsagende Aussage, wenn jemand das mit seinen Töchtern getan hätte, würde er ihn totschlagen.
Später forderte er dann lautstark eine DNA-Probe, die ihn schließlich überführte und ihn geständig machte.
Einer der beiden Ermittler sprach gestern aber auch von einem gewissen Durcheinander im Dossier, da das Opfer, das gemeinsam mit seiner Mutter übrigens die Aussage vor Gericht verweigerte, weil es ein neues Leben anfangen möchte, mal von einer Liebesbeziehung, mal von Vergewaltigungen sprach.
Außerdem zeugte das Opfer das Kind mit dem Angeklagten hinter dem Rücken des Jugendamtes, das zu diesem Moment für sie zuständig war und dessen Kontrolle es zu umgehen galt, was sicherlich nicht ohne die Komplizität der werdenden Mutter möglich gewesen wäre.
Die Mutter sagte auch aus, dass sich die Tochter damals wie ein verliebter Teenager benahm und stets behauptete, für ihren Vater alles zu tun.
Auch kam das Opfer mit Hilfe der Mutter nach Luxemburg, um das Kind in aller Ruhe zu gebären, was nicht gerade für die These spricht, der Vater habe keine Rückendeckung bei seinen Frauen gehabt.
Das durfte die von Simone Flammang vertretene Staatsanwaltschaft natürlich nicht interessieren, die eine Haftstrafe von 15 Jahren forderte.
Das Urteil der Kriminalkammer wird am kommenden 4. Mai ergehen.
De Maart
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