Wiebke Trapp
SCHENGEN – „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir als fusionierte Gemeinde in 20 Jahren viel weiter sein werden, als wenn alle drei Gemeinden für sich bleiben“, sagt Weber. Bei einer Fusion würde Schengen zusammen mit den Einwohnern von Bürmeringen und Wellenstein auf über 4.000 Einwohner anwachsen. Am 10. Oktober soll die Bevölkerung entscheiden. Weber hofft ein „Ja“, ähnlich wie sein Kollege aus Bürmeringen, Ben Homan, für den die Fusion eine „logische Konsequenz“ der seit Jahren bestehenden Zusammenarbeit untereinander ist. „Wir kochen schon sehr lange zusammen, jetzt kommt der Deckel auf den Topf“, zitiert Homan ein Bild, das er in dieser Frage gerne bemüht.
Für den Bürgermeister von Schengen ist die Fusion ein Vorgriff auf kommende harte Zeiten. Er sieht in der Zukunft harte Einschnitte auf die luxemburgischen Gemeindefinanzen zukommen. Grund sei die Finanzkrise, die in seinen Augen eine „strukturelle“ ist und keine konjunkturelle. Die Gemeinden verzeichneten schon jetzt sinkende Einnahmen, weil der Staat seine finanzielle Unterstützung zurückfahre. Gerade sie aber seien die größte Einnahmequelle. „Ich weiß nicht, wie das in zwei, drei, fünf Jahren wird“, sagt er.
„Nacht-und-Nebel-Aktion“
Deshalb haben in seiner Sicht gerade die Gemeinden bessere Karten, die die kritische Masse von 3.000 Einwohnern hinter sich lassen. „Verschiedene staatliche Beihilfen werden an der Größe gemessen werden“, prognostiziert er. Das hat er schon gespürt, als die drei Gemeinden beim Bau der Jugendherberge und den angegliederten sozialen Einrichtungen wie Kindertagesstätte und -hort zusammengearbeitet haben, um das durchzusetzen. Die Fusion kommt ihm zufolge deshalb gerade zur rechten Zeit.
Es gibt allerdings auch andere Stimmen. In Bürmeringen hat ein Gemeinderat gegen die Fusion gestimmt, im Gemeinderat Schengen waren es gleich drei. Grundsätzlich ist keiner der Gegener gegen die Fusion. Hauptargument dagegen ist jedoch, sie käme zu früh. Der Schengener Gemeinderat Claude Wintringer bezweifelt gar das Argument, dass Projekte nur ab einer bestimmten Größe durchsetzungsfähig seien. „Warum soll der Staat nicht auch kleineren Gemeinden zuhören?“, hält er dagegen. Außerdem stünden zu viele der Vorteile einer Fusion mit dem Wörtchen „wahrscheinlich“ im Raum.
Auch für den parteilosen John Schanen klingt das Ganze nach einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“. „Das läuft doch nicht weg“, sagt er und fürchtet bei einer Fusion eine Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat zuungunsten einzelner Dörfer. Zukünftig könnten Entscheidung nur noch mit den Stimmen der anderen gefällt werden. Das Listensystem, mit dem nach einer Übergangszeit von zwölf Jahren in der fusionierten Gemeinde gewählt würde, trage das seinige zur politischen Machtverschiebung bei. Schanen wird bei der nächsten Gemeinderatswahl nicht mehr kandidieren.
Benachteiligung einzelner Dörfer?
Darum, dass einzelne Dörfer überhaupt nicht mehr in einem fusionierten Gemeinderat vertreten sein könnten, fürchtet auch Webers Vorgänger als Bürgermeister, Fernand Weber. „Hier sollen die Leute gewählt werden und nicht Parteien“, sagt er.
Bürmeringens Bürgermeister Homan kann das angesichts der Tatsache, dass bereits 2006 nach „section unique“ gewählt wurde, nicht verstehen. „Schon damals wurden die Gemeinden als ein Wahlbezirk gesehen und nicht die Dörfer als einzelne“, sagt er. 2006 sei deshalb auch schon nicht mehr gewährleistet gewesen, dass jedes Dorf im Gemeinderat vertreten sei. Der amtierende Bürgermeister von Schengen indes nimmt das Zehn-Millionen-Euro-„Bonbon“ für den Zusammenschluss gerne. Es ergibt sich aus der Prämie von 2.500 Euro, die es pro Einwohner der neuen Fusionsgemeinde gibt. Roger Weber will damit die einzige Kindertagesstätte des Einzugsbereiches in Remerschen ausbauen, Förderklassen an den Grundschulen einführen, Seniorenwohnplätze einrichten und eine bessere ärztliche Versorgung vor Ort einrichten. Für die neun Gemeinden sitzt jetzt der nächste Arzt in Remich oder Mondorf. Die Verwaltung will er dahingehend professionalisieren, dass ein „Service technique“ zukünftig bestimmte Aufgaben übernimmt. Ein neues Rathaus sei ebenfalls im Gespräch, vorerst wird das alte in Remerschen aber auch das neue sein.
Damit ist die Liste der weitreichenden Gedanken aber noch nicht vollständig. Weber hat noch mehr vor Augen. „Schengen wird nach dem Zusammenschluss die größte Weinbaugemeinde an der Mosel sein“, sagt er. Außerdem gewinnt Schengen mit dem „Port de Plaisance“ in Schwebsingen und dem „Weinmuseum“ in Bech-Kleinmacher touristische Anziehungspunkte hinzu, die beworben werden wollen.
Im Tourismus sieht Weber sowieso Potenzial. Konkrete Pläne hat er für die andere Seite des Naturschutzgebietes an den Weihern auf der Schengener Seite. Auf dem Grundstück, das der Gemeinde gehört, soll ein Hotel gebaut werden. Das Schengener Schloss und die Jugendherberge sind derzeit die einzigen Übernachtungsmöglichkeiten. Ein Betreiber für die neue Anlage wird noch gesucht.
De Maart
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