In der Hauptstadt Kataloniens hatten sie sich versammelt, um sich im Rahmen der „Europa 2020“-Strategie für „intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ darüber zu beraten, wie und in welcher Form Kultur dazu beitragen kann, der EU aus der Finanzkrise zu helfen. Denn sie wissen nur zu gut – und dies betonen sie immer wieder –, dass ohne Kultur Europa wertlos ist.
„Es gibt kein Europa ohne Kultur“, bekräftigt auch Barroso. Und gerade aus diesem Grund hielten die EU-Kulturminister nach Abschluss ihrer informellen Tagung folgenden Leitsatz schriftlich fest: „La Présidence […] considère que dans la situation actuelle de difficultés financières internationales […], la culture représente un des éléments les plus importants dont dispose l’Europe pour garantir la survie de son modèle social […].“
Chancen ergreifen
Die Kultur soll’s also (mit)richten! Enthusiastisch und vom Erfolg ihres Konsenses überzeugt, arbeiteten sie ihr ganz persönliches Grünbuch zur Erschließung des Potenzials der Kultur- und Kreativindustrien aus, „um die Quellen von Kreativität und die Wissensressourcen leichter zu erschließen und miteinander zu verknüpfen“. Wir zitieren aus dieser Schrift, die noch bis Ende Juli dieses Jahres zur öffentlichen Online-Konsultation ausliegt: „Sie verfügen über viel Potenzial, das es auszuschöpfen gilt, um Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen!“
Kulturelle Diversität, der digitale Paradigmenwechsel und die Globalisierung, sie sind laut Bericht die drei ausschlaggebenden Triebkräfte für eine nachhaltige Entwicklung dieser Industrien. Auch soll die Bedeutung der europäischen Kulturhauptstädte gestärkt werden. Seit 1985, dem denkwürdigen Jahr, als Athen zur ersten Kulturhauptstadt Europas ernannt wurde, beweisen sie von Jahr zu Jahr immer wieder, dass Investitionen im Kultursektor nachhaltig Arbeitsplätze schaffen und ganzen Städten zu einem neuen Image verhelfen. So und nicht anders war es auch im Jahr 2007.
Nun sollen sie aber endgültig vorbei sein, die fetten Jahren, die uns jahrzehntelang von einer hoffnungsvollen Zukunft träumen ließen. „Auch wir müssen den Gürtel enger schnallen“, hieß es immer wieder in der Rede zur Lage der Nation. Und ganz besonders das Kulturministerium soll kürzertreten. Um wie viel, wollte im zuständigen Ministerium aber niemand verraten. Auf Anfrage bei Frau Modert wurden wir immer wieder vertröstet.
Manche reden von zehn, andere von elf, Schwarzmaler gar von 18 Prozent des derzeitigen Budgets. Dass solch gravierende Abstriche nicht ohne Folgen bleiben können, sollte eigentlich jedem gesunden Menschenverstand einleuchten. Den Leitern unserer Kulturinstitutionen werden die Hände gebunden. Nur die wenigsten unter ihnen können, ohne Arbeitsplätze abzubauen, ihre Betriebs- und Verwaltungskosten senken.
Und so werden die Kulturschaffenden dieses Landes regelrecht dazu genötigt, am Künstlerisch-Kreativen zu sparen. Wie können wir da noch an kulturelles Wachstum glauben? Es bleibt uns schleierhaft, wie solch eine Kulturpolitik, wie sie gerade Octavie Modert betreibt, mit dem von den EU-Kulturministern getroffenen „katalanischen Entschluss“, kulturelle Industrien nachhaltig finanzieren zu wollen, unter einen Hut zu bringen ist. Mit Sonntagsreden allein ist der EU jedenfalls nicht geholfen.
Emile Hengen
[email protected]
De Maart

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