Claude Molinaro
In seiner Interpellation unterstrich Claude Meisch (DP) die Bedeutung des Finanzplatzes für Luxemburg. In erster Linie gehe es den Liberalen um die Beschäftigten des Bankenplatzes. Die Regierung müsse diesen offensiv verteidigen. Die von der Regierung vorgelegten Sparmaßnahmen seien nicht dazu geeignet, Werbung für den Finanzplatz Luxemburg in der Welt zu machen. Das negative Ansehen Luxemburgs im Ausland sei dabei nicht von Vorteil. Dieses Image müsse unbedingt aufgebessert werden.
Eine Neureglementierung der Finanzmärkte setze eine größere Transparenz voraus. Dies bedeute, dass die Bankenaufsicht gestärkt werden müsse. Die Aufgabenteilung zwischen „Commission de surveillance du secteur financier“ (CSSF) und Zentralbank müsse geklärt werden.
Was eine Transaktionsteuer betreffe, so gebe es noch viele offene Fragen. Auf jeden Fall müsse es eine internationale Maßnahme sein; eine Ansicht, die von allen Rednern geteilt wurde. Man dürfe aber nicht so tun, als zahle der Finanzplatz keine Steuern. Im Gegenteil: Der Sektor sei für ein Drittel der Steuereinnahmen verantwortlich. Eine europäische Wirtschaftsregierung wird von der DP zwar abgelehnt, nicht aber eine stärkere Koordinierung.
Die Schwierigkeit, internationale Regeln zu schaffen, schädige der Glaubhaftigkeit der Politik, meinte der LSAP-Fraktionsvorsitzende Lucien Lux. Die Politik müsse das Primat über die Wirtschaft wiedererlangen. Falsch sei, nur den Banken Gier zu unterstellen: Es sei die Gier der ganzen Gesellschaft, die Mitschuld an der Krise trage.
Fragen gebe es leider noch, was die Finanztransaktionssteuer betreffe. Das Argument, bei solchen Steuern würde Kapital anderswohin abwandern, akzeptiert Lux nicht. Man müsse sich überlegen, ob man wirklich jede Art von Kapital in Luxemburg wolle. Es sei aber wichtig, dass in der Frage der Bankensteuer die EU beim G20-Gipfel in Toronto geeint auftrete. Wie man die Kollateralschäden der Krise vermeiden könne, sei jetzt die Hauptfrage in ganz Europa, sagte Lucien Thiel (CSV). Jetzt müssten die Griechen als Sündenbock herhalten. Fakt sei aber, dass die Staaten die Kontrolle über ihre Haushalte verloren hätten. Die Maastricht-Kriterien seien längst passé. Nicht die Spekulanten seien schuld, sondern die EU-Länder, die endlich ihre verkrusteten Strukturen ändern müssten. Thiel forderte eine strammere Haushaltsdisziplin und eine koordinierte Wirtschaftspolitik.
Finanzplatz als Basis des Wohlstands
Auch laut Alex Bodry (LSAP) müsse man bereit sein, die Regeln des Finanzplatzes zu überarbeiten, wolle man nicht in eine weitere Krise schlittern. Man dürfe aber nicht vergessen, dass der luxemburgische Wohlstand vor allem durch den Finanzplatz geschaffen wurde, der wiederum ein Teil des internationalen Systems sei. Seinem Vorredner Lucien Thiel warf er vor, dass dieser die Spekulanten jetzt quasi verteidige, sie vor einigen Monaten jedoch noch als „Verkäufer von warmer Luft“ gegeißelt habe. Eine komplette Koordinierung von Wirtschaftspolitiken in der EU wäre nicht wünschenswert; das würde die volle Föderation bedeuten, was zumindest in Luxemburg nicht mehrheitsfähig sei.
Für François Bausch („déi gréng“) hat die jetzige Krise ihren Ursprung Anfang der achtziger Jahre mit dem Aufkommen des Neoliberalismus genommen. Die Krise sei nicht nur das endgültige Scheitern der neoliberalen Wirtschaftstheorien, sondern auch der Politiken, die diese Ideen übernahmen.
Mehr Regeln und mehr Vorsicht verlangte Jacques-Yves Henckes (ADR). Da viele Entscheidungen auf dem Finanzplatz von den Mutterhäusern der Banken im Ausland getroffen werden, sei es jedoch schwierig zu intervenieren. Die Art und Weise, wie man sich gegen internationale Attacken wehrt, müsse überdacht werden. Der Dialog mit der internationalen Presse müsse stärker gepflegt werden. Henckes schlägt auch eine Umfrage bei allen Beteiligten des Finanzmarktes vor, um deren Bedürfnisse zu erkennen.
André Hoffmann („déi Lénk“) gab sich einverstanden mit einer stärker koordinierten europäischen Wirtschaftspolitik. Europa brauche Solidarität und keine Austerität, zitierte Hoffmann den Nobelpreisträger Stiglitz. Was eine Finanztransaktionssteuer angehe, so komme diese viel zu spät. Als ein Grund der Krise nannte Hoffmann den „Cocktail an hohen Dividenden und niedrigen Löhnen“. Die ungerechte Verteilung des Reichtums sei einer der Hauptgründe der Krise.
Für Jean-Louis Schiltz (CSV) sind strukturelle Reformen notwendig. Alleingänge nutzen seiner Meinung nach allerdings nichts. Prinzipiell sei die CSV für eine Transaktionssteuer, je nach eingegangenem Risiko. Total übertriebene Aktivitäten müssen verboten („das Kasino muss geschlossen werden“), übertriebene Transaktion stärker besteuert werden. Eine solche Steuer müsse aber europaweit eingeführt werden.
Finanzminister Luc Frieden bekräftigte, die Regierung tue alles, damit sich der Finanzplatz weiter entwickeln kann. Die Krise bringe mit sich, dass sich die Strategie für den Bankensektor ändern müsse. Die Debatte um das Private Banking dürfe sich dabei nicht auf das Bankgeheimnis beschränken. Man müsse einsehen, dass dieses System uns international immer in die Defensive dränge. Die Regierung wolle das Bankgeheimnis nicht abschaffen, wolle sich aber auch nicht jeder Diskussion verschließen. Banken müssten jetzt vor allem in Qualität investieren. Eine sture Abwehrhaltung in dieser Sache würde dem Ansehen Luxemburgs allerdings nur schaden.
Der Finanzplatz Luxemburg habe eine Zukunft, aber er müsse ständig neu aufgebaut werden.
Regulierung ja, aber keine Überregulierung. Der Finanzsektor sei schon heute der am stärksten regulierte der ganzen Wirtschaft. Hedgefonds an sich seien nicht das Problem, sondern deren Undurchsichtigkeit. Mehr Transparenz forderte Frieden auch für die Ratingagenturen.
Eine Bankensteuer sei zwar populär, würde aber nicht die Probleme lösen. Zuerst müsse man klären, was man wolle, Risikogeschäfte erschweren oder mehr Steuereinnahmen.
Frieden befürwortet zwar eine Finanztransaktionssteuer, in Luxemburg allein würde sie aber keinen Sinn machen. Einen Alleingang Luxemburgs werde es nicht geben.
De Maart
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