Carlo Kass
Es begann damit, dass Joseph W. morgens mit einer Zeitung ankam, in der davon berichtet wurde, dass der frühere Freund seiner langjährigen Lebensgefährtin Marie-Louise St., François K., wegen einer Messerstecherei gegen ihn am Vortag zu einer Geldstrafe von 3.000 Euro verurteilt worden war, die er nun nutzen wolle, um in Spanien Urlaub zu machen.
Also, dass wir uns gut verstehen: Das aktuelle Opfer Joseph W. war bereits am 15. September 2005 an gleicher Stelle seinem damaligen Nebenbuhler François K. ins Messer gelaufen.
Als er nun mit dieser Nachricht bei Marie Louise St. auftauchte, die mit ihrem angeblichen Bekannten dabei war, die Scheibenwischanlage ihres Autos zu reparieren, sah die Angeklagte rot.
Laut einem unbeteiligten Taxifahrer fielen die Worte: „Bring mir ein Messer, ich bringe ihn um!“ Daraufhin drehte Joseph W. ohne weitere Bedrohungen auszusprechen ab.
Dass dies nicht üblich war, beweist die Tatsache, dass zwischen den Jahren 2002 und 2008 die Polizei 37 Mal zu dieser Adresse gerufen wurde und nicht weniger als neun Protokolle aufnehmen musste.
Am Abend, nachdem er sich zu einem klärenden Gespräch über Telefon angemeldet hatte, das er übrigens in letzter Zeit zu 893 Anrufen und SMS genutzt hatte, stand Joseph W. wieder vor der Tür.
Diesmal bewaffnete sich Marie-Louise St., die laut Zeugenaussage von Michel F., der am Dienstag nicht zu der Verhandlung erschien, aber schon ein Messer bereit gelegt hatte, mit Pfeffer und ging vor die Tür.
Zusammen 3,82 Promille
Als es dann zur handfesten Auseinandersetzung kam, bei der sie laut Zeugenaussagen Joseph W. mit Ohrfeigen traktierte, rief sie ihrem Freund durch das offene Fenster zu, der gerade beim Abendmahl saß, ihr doch ein Messer runterzuwerfen.
Dieser tat dies, setzte sich seelenruhig zurück an den Tisch und wurde erst eine Viertelstunde später gewahr, dass Marie-Louise St. blutüberströmt vor der Tür stand, während Joseph W. mit vier Fleischwunden auf der Brust und am Rücken sowie einem Streifschnitt an der Hand auf dem Weg in das 250 Meter entfernte Krankenhaus war.
Wie die Ermittler kurz nach der Tat feststellten, hatten Marie-Louise St. 1,65 Promille und Joseph W. 2,17 Promille im Blut. Wie Prosper Klein daraus schloss, hatten beide ein Alkoholproblem, das die Beziehung sicher nicht entspannte.
Hinzu käme noch die erschwerende Tatsache, dass beide – er war Schulpförtner und sie Gastronomin mit Erfahrungen im Bereich der Champagner-Bars – den RMG bezögen.
Die Verhandlungen in diesem Prozess, der auf drei Tage anberaumt ist, werden heute mit der Anhörung weiterer Zeugen fortgesetzt.
De Maart

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