(aktualisiert 14.06.2010, 19:00 Uhr)
Der Separatisten-Chef erklärte belgischen Medienberichten zufolge allerdings, er sei bereit, das Amt des Ministerpräsidenten einem Politiker aus dem frankophonen Wallonien zu überlassen. Auf die Frage, ob er selbst Regierungschef werden wolle, sagte De Wever der Zeitung „De Standaard“: „Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen, um unser Programm so weitgehend wie möglich umzusetzen. Ich laufe nicht weg.“ Wenn es aber die von seiner Partei geforderte Staatsreform erleichtere, „bin ich auch bereit, den Posten einem französischsprachigen Politiker zu überlassen“.
Beste Chancen auf das Amt des Ministerpräsidenten hat rein rechnerisch der Vorsitzende der frankophonen Sozialisten (PS), Elio Di Rupo. Seine PS kommt zusammen mit der flämischen Schwesterpartei SP.A im neuen Nationalparlament auf 39 Sitze und ist damit die größte Parteifamilie.
De Wevers NV’A stellt künftig 27 der insgesamt 150 Abgeordneten und fuhr damit unter allen einzelnen Listen das beste Ergebnis ein. In einigen Regionen Flanderns erhielten die Separatisten bei der Wahl am Sonntag 40 Prozent der Stimmen.
Wallonien unter Schock
Der ärmere Süden mit den französischsprechenden Wallonen stand am Montag unter Schock. „Flandern hat einen neuen König gewählt“, titelte die Zeitung „Le Soir“ über den Wahlsieg von Separatisten-Chef De Wever. Sozialisten-Chef Di Rupo betonte indes: „Wir respektieren Bart De Wever. Die Demokratie hat gesprochen.“ Um über eine Koalition zwischen Sozialisten und NV’A zu sprechen, sei es aber noch zu früh, zitierte die Online-Ausgabe von „Le Soir“ den PS-Chef.
Auch De Wever deutete an, er wolle sich Zeit für die Auslotung eines Regierungsprogramms nehmen. Am 1. Juli übernimmt Belgien für ein halbes Jahr den rotierenden EU-Ratsvorsitz. Sollte bis dahin keine neue Koalition zustande kommen, müsste die amtierende Regierung unter dem christdemokratischen Ministerpräsidenten Yves Leterme den EU-Vorsitz kommissarisch führen. Letermes Fünf-Parteien-Koalition war vor sechs Wochen am Sprachenstreit zwischen Flamen und Wallonen zerbrochen.
Der historische Wahlerfolg der separatistischen NV’A macht deutlich, wie groß in Flandern der Frust über die seit Jahren blockierte Staatsreform geworden ist. Die NV’A kämpft für eine „belgische Evolution“, an deren Ende ein autonomes Flandern stehen soll. Die Zentralregierung soll dazu ihre verbliebenen Schlüsselkompetenzen für Justiz und Sozialsysteme an die Regionalregierungen abgeben. In Wallonien gibt es keine vergleichbare Separatismusbewegung. Der arme Süden mit seinen 4,5 Millionen Einwohnern profitiert vom Zentralstaat, der Ausgleichszahlungen aus dem wohlhabenderen Norden (rund 6 Millionen Einwohner) überweist.
(APD)
De Maart

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