Anne Robert (Text)
Jos Scheeck (Fotos)
Gegründet wurde das „Moscow City Ballet“ im Jahr 1988 von dem russischen Choreografen Victor Smirnov-Golovanov. Es besteht aus einem Ensemble von etwa 40 Tänzern. Sein Repertoire umfasst die bekanntesten Ballette und seit dem Gründungsjahr tourt die Truppe durch die ganze Welt. Bereits zum dritten Mal sind sie nun beim Festival in Wiltz dabei, wo sie zuvor schon den Schwanensee und Giselle aufführten.
Sergei Prokofiews Opus 64 Romeo und Julia, das 1938 in Brno in der ehemaligen Tschechoslowakei uraufgeführt wurde, basiert auf dem gleichnamigen Stück von William Shakespeare und erzählt die tragische Liebesgeschichte der Tochter und des Sohnes zweier verfeindeter Familien.
Ein Liebesdrama in vier Akten
Alevtina Lapshina verkörperte mit ihrem charmanten Kinderlächeln die erst dreizehnjährige Julia Capulet, während Talgat Kozhabayev den achtzehnjährigen Romeo Montague darstellte. Im ersten Akt lernt das Publikum die Protagonisten kennen und erfährt, dass Julia Paris versprochen ist, sie allerdings nicht mit dieser von ihren Eltern geplanten Hochzeit einverstanden ist. Anschließend geben die Capulets ein Fest, bei dem Romeo und seine Freunde sich maskiert hineinschleichen. Es kommt zur ersten Begegnung der beiden und es ist Liebe auf den ersten Blick.
Im zweiten Akt heiraten Romeo und Julia heimlich. Daraufhin kommt es zu der dramatischen Szene, in der sich Julias Cousin Tybalt und Romeos bester Freund Mercutio duellieren. Tybalt ersticht Mercutio, woraufhin Romeo den Tod seines Freundes rächt und Tybalt tötet. Nach einer gemeinsamen Liebesnacht müssen Romeo und Julia sich im dritten Akt trennen.
Julias Eltern zwingen sie, den Heiratsantrag von Paris anzunehmen, woraufhin Julia entscheidet, sich umzubringen. Von dem Mönch Lorenzo bekommt sie ein Mittel, das sie in einen tiefen, todesähnlichen Schlaf fallen lässt. Romeo sieht sie auf ihrem vermeintlichen Todesbett, nimmt an, sie sei tot und beendet sein Leben mit einem Gift. Als Julia aus ihrem Schlaf erwacht und den leblosen Körper ihres Geliebten findet, ersticht sie sich mit Romeos Dolch.
Atemberaubende Aufführung
Mit bunten, von der Mode der Renaissance inspirierten Kostümen boten die Tänzer eine atemberaubende und fesselnde Darbietung von Prokofiews Meisterwerk. Besonders Mercutio, dargestellt von Gennadii Batalov, wie auch Julias Amme, gespielt von Garagulya Varvara, begeisterten die Zuschauer und brachten vor allem die anwesenden Kinder zum Lachen. Mit einigen beeindruckenden „Pas de deux“ drückten Romeo und Julia bildlich ihre Liebe aus. Ein Glanzpunkt des ersten Aktes bildete der Tanz der Ritter auf die aus Werbung und Film bestbekannte, kraftvolle Musik. Der Höhepunkt war die tragische Todesszene, nach der das russische Ensemble den wohlverdienten Applaus erntete.
Wie in der Märchenerzählung
Auch mit dem von Piotr Iljitsch Tschaikowski im Jahr 1890 komponierten Ballett Dornröschen überzeugten die Tänzer an den beiden folgenden Abenden. Das Ballett wendet sich in einigen Aspekten von dem traditionellen Märchen ab. Im Prolog findet die Taufe der Prinzessin Aurora statt, zu der zahlreiche Feen eingeladen sind, die sie mit Schönheit, Großzügigkeit und Anmut beschenken. Die nicht geladene böse Fee Carabosse erscheint daraufhin und verflucht Aurora dazu, sich an ihrem sechzehnten Geburtstag an einer Spindel zu stechen und zu sterben. Die gute Fliederfee jedoch lindert den Fluch, damit Aurora nicht stirbt, sondern nur in einen hundertjährigen Schlaf fällt, von dem nur der Kuss eines Prinzen sie aufwecken kann. Wie vorhergesagt sticht sich Aurora an ihrem sechzehnten Geburtstag an einer Spindel und das gesamte Schloss verfällt in einen tiefen, hundertjährigen Schlaf.
Im zweiten Akt erlebt Prinz Désiré eine Vision von der schönen Aurora und bittet die Fliederfee, ihn zu der schlafenden Prinzessin zu führen. Mit einem Kuss bricht er den Fluch, erklärt ihr seine Liebe und macht ihr einen Heiratsantrag. Die Hochzeit wird im dritten Akt gefeiert. Geladen sind alle Feen des Königreichs, aber auch andere bekannte Märchenfiguren wie etwa Aschenputtel, der gestiefelte Kater und die weiße Katze sowie Rotkäppchen und der Wolf. Die Rolle der Prinzessin Aurora wurde getanzt von Liliya Oryekhova, Daniil Orlov spielte den Prinzen. Highlights der Vorführung waren das Rosen-Adagio, bei dem Aurora leichtfüßig mit vier Prinzen tanzte, wie auch die Solos der Feen. Zur Hochzeit durften die geladenen Gäste einzeln ihr Können unter Beweis stellen, wobei vor allem der blaue Vogel und Prinzessin Florine, Rotkäppchen und der Wolf und die beiden Katzen mit ihren Pas de deux für viel Begeisterung und Beifall sorgten. Während das Bühnenbild relativ schlicht gehalten wurde, waren die Kostüme umso schöner und aufwändiger.
Die Tänzer schwebten leichtfüßig über die Bühne und inszenierten die Geschichten mit Talent und Eleganz. Beide Vorführungen waren überaus gelungen, sowohl für Ballett-Kenner wie auch für Laien. Auch das Wetter spielte mit und machte dieses Open-Air-Spektakel unvergesslich.
Festival de Wiltz
Bis zum 31. Juli
Tel.: (+352) 95 81 45
www.festivalwiltz.lu
De Maart
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