Donnerstag13. November 2025

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Ein Porträt in sieben fotografischen Akten

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Kurt Tucholsky brachte es auf den Punkt: „Sander hat keine Menschen, sondern Typen fotografiert, Menschen, die so sehr ihre Klasse, ihren Stand repräsentieren, dass das Individuum für die Gruppe genommen werden darf.“

Emile Hengen
 

Diese außergewöhnliche und seltene Gabe, sie entzückte auch seinen Weggefährten Edward Steichen, der drei seiner kostbaren Bilder erwarb, um sie anschließend in die „Family of Man“-Ausstellung zu integrieren, die er einst für das MoMA konzipierte.

August Sander, sein Nachlass ist ein fundamentales Kapitel der europäischen Fotografiegeschichte, das selbst heute noch einen unglaublichen Einfluss auf die Porträtfotografie ausübt. Vollends beherrschte er sie und wenn irgendeine Sache auf dieser Welt das Prädikat „tadellos“ verdient, dann ist es August Sanders dokumentarische Arbeit „Menschen des 20. Jahrhunderts“ – ein sinnliches, gestochen scharfes und umfassendes Porträt der deutschen Gesellschaft.

Eine epochale Dokumentationsarbeit

August Sander war kein gewöhnlicher Lichtbildner, keiner, der unentwegt nach dem rein Ästhetischen Ausschau hielt, die dem Medium Fotografie irgendwie dazu verhelfen hätte können, als Kunstform anerkannt und geschätzt zu werden. August Sander war vielmehr ein Beobachter, der wie ein Wissenschaftler dachte und arbeitete. Er suchte nach der Idee des Menschseins, dem wahren Seienden, dem Menschen an sich. Und er fand sie, sowohl auf dem Land als auch in der Großstadt. „Das Wesen der gesamten Fotografie ist dokumentarischer Art“, schrieb August Sander in einem seiner Vorträge, die er 1931 im Westdeutschen Rundfunk hielt und formulierte damit einen Kernsatz, der während seiner gesamten Laufbahn für die Arbeitsauffassung des Fotografen maßgeblich war.

Eine erste Porträtserie veröffentlichte August Sander im Jahr 1929 unter dem Titel „Antlitz der Zeit: Sechzig Aufnahmen deutscher Menschen des 20. Jahrhunderts“. Sie war nur eine Skizze von dem, was noch folgen wird: die epochale Dokumentationsarbeit „Menschen des 20. Jahrhunderts“, die sagenhafte 600 Abzüge umfasst.

Ein Teil davon, liebevoll vom Rechtsinhaber „Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur, Köln“ ausgeliehen, ist zurzeit im Düdelinger „Centre national de l’audiovisuel“ ausgestellt und gibt Einblicke in das von Sander festgehaltene Porträt der deutschen Gesellschaft des 20. Jahrhunderts – ein Porträt, das, wie Michèle Walerich, Kuratorin der Ausstellung, vorzüglich zum Ausdruck bringt, auf die „Reflexion des Individuellen in Beziehung zum Typischen der jeweiligen Gesellschafts- und Berufsgruppe abzielt.“

Authentisch, unverfälscht

In sieben Kategorien – Der Bauer, Der Handwerker, Die Frau, Die Stände, Der Künstler, Die Großstadt, Die letzten Menschen – unterteilt zeichnet August Sander ein unverfälschtes und unmittelbares Bild der Weimarer Republik und des Dritten Reiches und stellt Menschen in den Vordergrund, die er mittels Licht und Schatten jeglicher individueller Charaktereigenschaften beraubt.

Übrig bleibt die „idea“ des Menschen, das wahrhaft Seiende der Frau, des Künstlers, des Handwerkers, des Politikers, des Schaustellers, des Nationalsozialisten … August Sander, Ikone des Porträtwerks, hat sie alle in ihrem natürlichen Umfeld, ohne sie groß in Szene setzen zu wollen, abgelichtet. Und dies einzig und allein mit dem Ziel, ein möglichst vollständiges, authentisches Bild seiner Zeit einzufangen. Dass er dabei nicht immer den Nerv der Zeit traf, versteht sich wohl von selbst. Womöglich deswegen, weil August Sander während des Nationalsozialismus nicht den „Übermenschen“ propagierte, sondern ein Deutschland ablichtete, in dem auch „niedere Rassen“, Juden und behinderte Menschen ihren Platz hatten. Seine Bildbände wurden beschlagnahmt, die Druckstöcke vernichtet und seine Familie verfolgt und inhaftiert.

August Sander
CNA
Bis zum 26. September
Di.-So.: 10-22 Uhr

Kontakt:
1b, rue du Centenaire
L-3475 Dudelange
Tel.: (+352) 52 24 24-1
www.cna.lu
www.sk.kulur.de