Dienstag11. November 2025

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Pornostars fürchten das Getto

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Die Pornobranche erhält eine eigene Internetadresse. Ab nächstem Jahr sollen .xxx-Adressen all jene Angebote kennzeichnen, die nur für Erwachsene gedacht sind – offiziell jedenfalls. Viele Pornohersteller freilich lehnen die Neuerung ab. Religiöse Gruppen auch.

Von unserem Korrespondenten John Dyer, Boston

Die Pornobranche hat im Internet Gewicht. Weltweit setzt sie elf Milliarden Euro um. Nun soll sie eine eigene Internetadresse bekommen. Die in Kalifornien sitzende Internet Corporation für Assigned Names and Numbers (ICANN), die oberste Internetbehörde, hat die Einführung der .xxx-Adressen vergangene Wochen bei einem Treffen in Belgien beschlossen.

„Die Antragsteller glauben, dass damit die Nutzer Pornografie besser filtern können“, sagte ICANN-Chef Peter Dengate Thrush. Seine Organisation habe damit eine strikt technische Entscheidung getroffen.

Der Antrag war von ICM Registry gestellt worden, einem Unternehmen mit Sitz in Florida. Bereits seit dem Jahr 2000 bemüht es sich um die Anerkennung der neuen Adressenendung. 2007 hatte ICANN die Einführung noch abgelehnt.

„Ich bin begeistert, dass .xxx endlich Wirklichkeit wird“, sagte ICM-Chef Stuart Lawley. „Das ist ein Gewinn für den Konsumenten von Inhalten, die für Erwachsene bestimmt sind. Ihnen wird gewährleistet, dass die .xxx-Seiten gewisse Standards erfüllen.“

Doch genau das lehnen viele Porno-Anbieter ab. Sie fürchten, ins Abseits gestellt zu werden. „Das wird unsere Branche gettoisieren und zum Gegenstand von Regulierung machen“, sagt Diane Duke, Chefin der Free Speech Coalition, einer Interessenvertretung von über tausend Pornoherstellern. Die ICANN-Entscheidung gebe ICM die Möglichkeit, Internetanbieter von der neuen Adresse auszuschließen.

 „Internetpornografie schadet unseren Kindern und Familien“

Die Pornohersteller befinden sich in ihrer Ablehnung in einer seltenen Koalition mit religiösen Gruppen. Diese lehnen die neue Endung ab, weil Konsumenten und vor allem Kinder Pornoangebote leichter finden können und andererseits Pornoanbieter nicht gezwungen sind, sie zu benutzen.

„Pornoanbieter können ihren Inhalt gleichzeitig auf ihrer bestehenden .com-Adresse und unter der neuen .xxx-Adresse anbieten. Damit erhöht sich die pornografische Verschmutzung des Internets“, sagt Donna Rice Hughes, Präsidentin von Enough Is Enough, einer Organisation im US-Bundesstaat Virginia, welche die Pornografie bekämpft. „Internetpornografie schadet unseren Kindern und Familien.“

ICM Registry lässt sich von den Protesten nicht beirren. Die neuen .xxx-Angeboten sollen Anfang 2011 starten. Bereits jetzt hätten sich 110.000 Seiten um die neue Adresse bemüht. Das Unternehmen rechnet mit einer halben Million Adressen.

Die Gesamtzahl aller Internetseiten, die Pornoangebote zeigen, wird allerdings auf sechs Millionen geschätzt – mindestens. Mit der Anerkennung chinesischer Schriftzeichen für Internetadressen, ebenfalls vergangene Woche in Belgien beschlossen, wird die Zahl potenzieller Anbieter nochmals deutlich steigen.

Für ICM wird sich die Entscheidung in jedem Fall rechnen. Um eine .xxx-Adresse zu registrieren, zahlt der Antragsteller 60 Dollar und zusätzlich zehn Dollar für die „Internationale Stiftung für Online-Verantwortung“. Diese nicht gewinnorientierte Stiftung ist ein Partner von ICM und setzt sich nach eigener Aussage für die Förderung guter Geschäftspraktiken im Internet ein.

Das Geschäft dürfte aber noch über die eigentlichen Anbieter hinausgehen: Viele Anbieter werden mit der Registrierung einer Adresse nur sicherstellen wollen, dass sie nicht von anderen genutzt wird. Die Internetwelt wird um eine Adressendung reicher. Der Adressverwalter ebenfalls.