Montag27. Oktober 2025

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Zum Bleiben verurteilt

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Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr fand gestern eine internationale Afghanistan-Konferenz statt, bei der wieder einmal über die künftige Entwicklung des Landes gesprochen wurde. Erstmals hatte die afghanische Regierung dazu rund 70 Regierungsvertreter und Repräsentanten internationaler Organisationen nach Kabul eingeladen, sicherlich um zu unterstreichen, dass die Afghanen zumindest in der Hauptstadt gewillt sind, eine...

So jedenfalls stellen sich auch die Vorhaben dar, die gestern in der internationalen Runde für die kommenden Jahre beschlossen wurden. So wollen die Afghanen bis zum Jahre 2014 die Verantwortung für die Sicherheit im Lande gänzlich übernehmen, wozu die Ausbildung weiterer Soldaten und Polizisten vorangetrieben werden soll. Versprochen wurde, die Korruption vor allem in der Verwaltung einzudämmen, Kämpfer der Taliban sollen unter anderem mit Geld zum Aufgeben bewegt und der afghanische Staatshaushalt mit direkten Zuwendungen aus Geberländern aufgestockt werden.

Guten Willen zeigen

Afghanistans Präsident Hamid Karsai muss endlich etwas tun, nicht zuletzt auch um gegenüber den westlichen Staaten den überfällig gewordenen guten Willen zu zeigen, den diese zur Rechtfertigung ihrer Präsenz in Afghanistan brauchen. Denn in den USA und in Europa wird zunehmend die Frage gestellt, wie lange das afghanische Abenteuer noch dauern soll. Und das vor dem Hintergrund einer schleichenden Verschlechterung vor allem der Sicherheitslage im Lande. Vom hohen Grad der Korruption und Vetternwirtschaft, die sich bis in die Staatsspitze hineinzieht und den Wiederaufbau des Landes und das Vertrauen der afghanischen Bevölkerung in ihre Führung nachhaltig trübt, schon gar nicht zu sprechen. Angesichts dessen wird es in den NATO-Staaten immer schwieriger, die Bevölkerung von der Sinnhaftigkeit des Einsatzes am Hindukusch zu überzeugen. Es mussten daher konkrete Ziele her, mit Zeitvorgaben.

Das Jahr 2014 als Ziel für den Übergang der Verantwortung für die Sicherheit im Lande an die afghanischen Behörden festzulegen, ist in dieser Optik geschickt. Es ist eine Zeitspanne, die man als mittelfristig bezeichnen kann, die nicht zu viel verpflichtet, aber auch nicht den Eindruck erweckt, als wolle man sich aus Mangel an ernsthaften Perspektiven auf einen unabsehbaren Zeitpunkt vertrösten.

Auf was es – das dürften die nun fast neun Jahre internationaler Präsenz in Afghanistan mittlerweile deutlich gemacht haben – letztendlich hinausläuft. Nicht nur ist nicht abzusehen, ob die afghanischen Sicherheitskräfte in vier Jahren tatsächlich in der Lage sein werden, im ganzen Land die Kontrolle zu übernehmen. Auch die internationalen Truppen und Hilfsorganisationen werden auf unabsehbare Zeit in Afghanistan bleiben müssen, es sei denn, man nimmt in Kauf, dass das Land und seine Menschen weiterhin einem trübseligen Schicksal überlassen bleiben. Die westlichen Staaten sind, nachdem sie sich eingemischt haben, gewissermaßen dazu verdammt, in Afghanistan zu bleiben.

Sie sollten aber, angesichts der Realitäten vor Ort, von ihrem Ziel abgehen, in Afghanistan eine Demokratie westlichen Zuschnitts aufbauen zu wollen. Zu lange fehlten im Lande staatliche Strukturen oder gab es keine von allen Bevölkerungsgruppen anerkannte zentrale Gewalt. Zu disparat sind nach über 30 Jahren Krieg die Loyalitäten in diesem multiethnischen Gebilde, als dass in wenigen Jahren eine funktionierende Einheit entstehen könnte.

Guy Kemp
[email protected]