Freitag31. Oktober 2025

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Francis Schammo: Mittendrin, statt nur dabei

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Von der Rallye Dakar über Le Mans nach Francorchamps

Seit unserem letzten Bericht über den Luxemburger Francis Schammo im Juni 2002 hat sich so manches in dessen rennsportlichen Karriere getan. Damals war er noch hauptberuflich als technischer Leiter eines bekannten Luxemburger Autohauses tätig und betrieb seine motorsportlichen Aktivitäten als Hobby. Heute sind seine beruflichen Aktivitäten zu etwa 50% im Nutzfahrzeugbereich mit Seikel bei VW und zu 50% bei BMW Team Schnitzer aufgeteilt.

NoNic & FeNic

In den Jahren 2002 bis 2008 war Francis Schammo bei den Teams Seikel Motorsport, Farnbacher Racing, Gravity Racing International und XL Racing tätig. Für sie bestritt er Rennen in Europa, Australien, China und den USA.

Bei einem Unfall beim 24-Stunden-Rennen vom Nürburgring 2008 verletzte sich Schammo schwer. Mehrere chirurgische Eingriffe und die darauf folgende Rehabilitierung versetzte ihn mehrere Monate in den rennsportlichen Ruhestand. Doch Francis Schammo zog es bald wieder auf die Rennstrecke. Im Team von Dominik Farnbacher war er seit 2009 wieder in der LMS und in Le Mans aktiv und gewann in Japan 2009 den Titel der Asian Le Mans Series. Nach der unfallbedingten Auszeit kamen aber auch neue Ideen im nicht-motorsportlichen Bereich. So hatte ihm sein alter Chef in Sachen Motorsport, Peter Seikel, angeboten, für VW im Nutzfahrzeugbereich tätig zu werden. So war Francis Schammo dann maßgeblich an der Entwicklung der Offroad-Tauglichkeit des neuen VW Amarok beteiligt.
Heute spielt sich Schammos Arbeit teilweise zu Hause in Luxemburg, in ganz Europa mit VW, aber auch auf den Rennstrecken der ganzen Welt ab.

Gerard Lopez

Durch den Motorsport lernte Francis Schammo auch Gerard Lopez kennen. Inzwischen sind beide gute Freunde geworden. Schammo erklärt: „Am Anfang ist Gerard immer mit seinen Sportwagen zu uns in die Werkstatt gekommen und ich kümmerte mich um seine Autos, danach wartete ich seine komplette Sammlung und so ist allmählich unsere Freundschaft entstanden.“

So war es auch nur eine Frage der Zeit, bis beide auf motorsportlicher Ebene zusammenarbeiteten. „2007 setzte Gerard Lopez zusammen mit Eric Lux zwei Mosler in der belgischen GT-Meisterschaft sowie zwei Ascari in der FIA-GT3-Europameisterschaft ein. Ich kümmerte mich um die Koordinierung, die Strategie und die Datenauswertung des Teams“, erklärt Francis Schammo, „den berühmtesten Einsatz gab es dabei letztes Jahr bei den 24 Stunden von Spa, wo der frühere Formel-1-Weltmeister Jacques Villeneuve zusammen mit Ho-Pin Tung, Vincent Radermecker und Loris de Sordi am Steuer dieses Autos saßen. Jacques setzte den Mosler allerdings schon zu Anfang des Rennens bei einem einsetzenden Platzregen in die Leitplanken.“ Auch für 2010 hatten Schammo und Lopez eigentlich ein Langstreckenprojekt geplant. So wollte der Renault-F1-Präsident aus Esch mit seiner Firma Genii Capital das Pescarolo-Team kaufen und in der LMS und in Le Mans einsetzen. Aus finanztechnischen Gründen zerschlug sich das Projekt.

Dakar mit Seikel

Im Dezember 2009 ging es los mit der Rallye Dakar. Hier begleitete Francis Schammo das Red-Bull-VW-Touareg-Siegerteam mit dem neuen VW-Geländewagen, dem Amarok. Dieser wurde bei Gelegenheit der Dakar 2010 weltweit vorgestellt und nicht weniger als 34 Amarok-Fahrzeuge begleiteten die Rallye, um die Offroad-Tauglichkeit des Autos unter beweis zu stellen. Schammos Job bestand darin, die Elektronik der Autos zu überwachen, auszuwerten und ans Entwicklungsteam weiterzuleiten. „Die gesamte Logistik des Red-Bull-VW-Touareg-Teams und unserer Seikel-VW-Amarok-Mannschaft lief sehr eng zusammen. Nachdem ich bereits 1988 und 1989 bei Paris-Dakar die Sahara durchquert hatte, war er nun ein gelungener Einstand in die neue ‚Südamerika-Dakar‘. Es war eine unbeschreibliche Erfahrung, mit einem Auto eine Distanz von 8.500 km, über 6.000 m hohe Andenpässe, von Argentinien nach Chile zurückzulegen. Dann auch noch den Touareg- Gesamtsieg sowie den internen Kampf unserer Fahrer Carlos Sainz und Scheich Nasser Al-Attiyah hautnah miterleben zu dürfen, war schon ein unvergessliches Erlebnis“, schwärmt Francis Schammo noch heute.

Schnitzer BMW

Nach der Dakar ging es weiter zur europäischen Rennszene. Ende 2009 beim Asian-LMS-Rennen in Okayama entstanden die ersten Kontakte zu Schammos früheren Arbeitgeber Schnitzer BMW und BMW Motorsport. Als rechte Hand von Charly Lamm wurde der Luxemburger von Schnitzer BMW für die Einsätze des BMW M3 in den Le Mans Series und bei den 24-Stunden-Klassikern vom Nürburgring, Le Mans und Francorchamps eingestellt.

„Auch wenn die BMW M3 gleich aussehen, so sind die Wagen der 24 Stunden am Nürburgring und American Le Mans Series von den Wagen der LMS und Le Mans sowie den 24 Stunden von Spa unter der Karosserie technisch komplett verschieden“, vergleicht Schammo. Und weiter: „Unser Le-Mans-Wochenende verlief nicht wirklich erfolgreich. Dies unter anderem deshalb, weil der ACO den Restriktor unseres BMW M3 noch im allerletzten Moment von 29,4 auf 29 mm verkleinerte mit dem Argument, dass wir bei den 1.000 km von Spa so unheimlich schnelle Runden gefahren seien. Es sollte sich jedoch herausstellen, dass wir durch diese Entscheidung in Le Mans mit unserer Motorleistung gegenüber den Corvette, Porsche und Ferrari absolut unterlegen waren und somit nie die geringste Chance auf einen Sieg hatten. Die Entscheidung wurde übrigens nach dem Rennen vom ACO wieder rückgängig gemacht und somit durften wir das Auto wieder auf den 29,4-mm-Restriktor zurückrüsten – da war aber Le Mans gelaufen. Für mich war es dennoch von großem Interesse, bei der werkseitigen Rückkehr von BMW in Le Mans dabei sein zu dürfen. In den Medien hatten wir durch den Einsatz unseres Artcars des Künstlers Jeff Koons eine noch breitere Berichterstattung als sonst, obschon das Auto relativ früh ausschied.“

Besser lief es dann bei den 24 Stunden vom Nürburgring, wo es einen nie für möglich gehaltenen Gesamtsieg zu feiern gab. „Es galt vor allem, ohne große Probleme durchzuhalten. Dies ist dann einem unserer beiden Autos gelungen, wogegen die schnelleren Porsche und Audis mit vielen technischen Problemen geplagt waren. Unser zweites Auto mit Alain Farfus, Pedro Lamy, Jörg Müller und Uwe Alzen hatte zum Schluss enorme Getriebeprobleme, doch das Material hielt und so konnten wir einen unerwarteten, aber wohlverdienten Sieg nach Hause fahren“, blickt Francis Schammo zurück.

Nun steht an diesem Wochenende der letzte der 24 Stunden-Klassiker auf dem Programm von Schammo und Co. Erneut werden zwei Autos am Start sein: die Nummer 78 mit den Ring-Siegern Lamy/Müller/Alzen sowie die Nummer 79 mit den drei Dirks: Müller, Werner und Adorf. Schammo: „Bei den Vortests in Spa waren wir die Schnellsten, doch viele unserer Konkurrenten waren nicht angetreten. Es geht jetzt darum, vor allem die Standfestigkeit im Rennen unter Beweis zu stellen. Das Wetter wird erneut eine wichtige Rolle spielen. Regen und Nebel können einem ganz schnell einen Strich durch die Rechnung machen.“

Für das Schnitzer-BMW-Team wird der Sieg umso schwieriger zu realisieren sein, da der Organisator SRO entschieden hat, den FIA-homologierten Autos (d.h. die Porsche 997 GT2 sowie die Ferrari 430 GT2) einen Gewichtsvorteil von 45 kg zuzugestehen. „Somit sehen wir als unsere Hauptgegner vor allem den AF Corse Vitaphone Ferrari sowie die Porsche 997 GT2 von Prospeed Competition, von BMS Scuderia Italia und von IMSA. Der Phoenix Audi R8 mit der Startnummer 50, der in der GT3-Klasse antritt, ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Übrigens wird auch das Luxemburger Gravity-Team mit dem Mosler MT900 mit Romain Grosjean und Vincent Radermecker am Start sein“, so Schammo.

Priaulx und Farfus

Bei BMW hatte Francis Schammo die Gelegenheit, unter anderem mit den WTCC-Rennprofis Andy Priaulx (dreifacher Tourenwagenweltmeister) und Augusto Farfus (WTCC-Rekordsieger) zusammenzuarbeiten. „Andy ist technisch unheimlich aussagekräftig. Sicherlich ist er nicht umsonst 3-facher WTCC-Champion. Zudem ist er sympathisch und im Umgang ganz einfach geblieben. Auf technischem Gebiet ist es für mich von großem Nutzen, mit Andy zusammenzuarbeiten. Wegen seiner technischen Raffinesse war es auch er, der einen Großteil der Tests für Spa absolviert hat, obschon er dort nicht am Start sein wird. Augusto Farfus verfügt über extreme, natürliche Schnelligkeit. Wahrscheinlich ist er über eine Runde gesehen unser schnellster BMW-Pilot. Beide stellen ohne Zweifel eine große Bereicherung für meine motorsportliche Karriere dar“, glaubt Schammo.

… und 2011?

Es ist noch zu früh, um zu sagen, wie die genaue Zukunft von Francis Schammo für 2011 aussehen wird. Doch bereits jetzt gibt es Anfragen für die Dakar sowie die 24 Stunden von Daytona und die 24 Stunden von Dubai. Alles Weitere wird sich zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden.