David Thinnes
Die erste Siegerin hieß Anke Huber. Das Tageblatt hat sich vor dem Turnier mit der Deutschen, die am Sonntag am Gala-Diner teilnehmen wird, unterhalten.
Tageblatt: Was sagt Ihnen das Datum 28. Oktober 1996?
Anke Huber: „Das ist der Sonntag, wo ich das Turnier in Luxemburg gewonnen habe. Ich habe gerne in Luxemburg gespielt.“
„T“: Im November 2001 haben Sie Ihre Karriere beendet. Sie vollzogen dann den Schritt neben den Centre Court: beim WTA-Turnier in Filderstadt. War dieser Schritt so geplant?
A.H.: „Es war Zufall. Herr Cervellini (ehemaliger Turnierdirektor von Filderstadt, d. Red.) hatte mich angesprochen, ob ich Interesse hätte, solch einen Job zu machen. Die ersten zwei, drei Jahre war das nur im Bereich Promotion. Jetzt ist die Aufgabe ein bisschen größer geworden.“
„T“: Welche Erfahrungswerte haben Sie aus Ihrer Profikarriere für Ihre neue Aufgabe übernommen?
A.H.: „Es ist etwas ganz anderes, zu sehen, wie solch ein Turnier organisiert wird. Mittlerweile rege ich mich über die Spielerinnen auf, wenn sie etwas nicht machen. Früher habe ich selber diese Dinge nicht gerne gemacht. Was man mitnimmt ist: ich schaue immer, dass es den Spielerinnen gut geht. Auch auf Kleinigkeiten, wo ich früher als Spielerin gedacht habe: das könnte jetzt noch besser sein. Jetzt sehe ich erst, wie schwer es ist, solch eine Veranstaltung zu organisieren. Und wie wichtig es ist, dass die Spielerinnen mitarbeiten. Ich hätte früher sicherlich auch einige Dinge anders gemacht, wenn ich die Erfahrung gehabt hätte.“ANKE HUBER STECKBRIEF
o Geboren am 4. Dezember 1974 in Bruchsal (D)
o Wohnhaft in Ludwigshafen
o Verheiratet mit Roger Wittmann (Spielerberater/Schwager von Mario Basler). Zwei Kinder (4 und 5 Jahre alt).
o Profi von Januar 1989 bis November 2001
o Größte Erfolge: Turniersiege: 12 (Einzel), darunter Luxemburg 1996. Finalistin bei den Australian Open 1996, Halbfinale Roland Garros 1993, dreimalige Olympia-Teilnehmerin (1992, 1996, 2000/bestes Resultat Platz 5 1992)
o Bestes Ranking: 4 (14. Oktober 1996)
o Matchbilanz (Einzel): 447 Siege, 225 Niederlagen
o Preisgeld: 4.768.292 $
Quelle:
www.wtatour.com
„T“: Was ist die Aufgabe einer sportlichen Leiterin?
A.H.: „Ich sorge für den sportlichen Ablauf des Turniers: ich muss mit den Spielerinnen reden, während des Turniers dann das Ausarbeiten des Spielplans, die Zusammenarbeit mit der WTA, Pressetermine mit den Spielerinnen.“
„T“: Wie lange wollen Sie diesen Job ausüben?
A.H.: „Wenn die Kinder dann etwas größer sind (jetzt sind sie vier und fünf Jahre alt, d. Red.), muss ich schauen, ob ich eventuell etwas anderes machen will oder kann. Im Moment bin ich ganz glücklich.“
„T“: Wie viel Zeit nimmt der Job ein?
A.H.: „Es ist kein Ganzjahres-Job. Das möchte ich auch gar nicht. Es sind ein paar Wochen über das Jahr verteilt. Bei drei, vier Turnieren bin ich ebenfalls präsent. Sonst kann ich die Arbeit von zu Hause aus erledigen.“
„T“: Wenn Ihre beiden Kinder einer Profikarriere nacheifern wollen, würden Sie dem zustimmen?
A.H.: „Ich würde schauen, dass sie zuerst die Schule fertig machen. In der heutigen Zeit ist es noch schwerer als früher, eine sportliche Karriere einzuschlagen. In den wenigsten Sportarten verdient man so viel, dass man davon leben kann. Wenn sie es wirklich von sich aus tun wollen, ist das ok. Aber ich werde sie nicht in diese Richtung drücken.“
„T“: Ihr Ehemann ist als Spielerberater tätig. Was sind die Themen am Mittagstisch?
A.H.: „Sport ist immer ein Thema. Natürlich nicht nur. Ein größeres Thema sind natürlich die Kinder.“
„T“: In Deutschland gab es in den 80er und 90er Jahren die überaus erfolgreiche Generation mit Steffi Graf, Boris Becker und Michael Stich. War dies für Sie eine Bürde oder eher fördernd für Ihre Karriere?
A.H.: „Ich denke, es war beides. Tennis war sehr populär in Deutschland und hatte einen anderen Stellenwert als heutzutage. Ich habe natürlich versucht, an diese Spieler heranzukommen. Der Ehrgeiz packt einen. Auf der anderen Seite war ein Finale bei einem Grand Slam nicht unbedingt ein Erfolg. Man musste schon gewinnen. Es war ein Extra Druck. Wenn ich mir das Tennis heute in Deutschland ansehe, habe ich lieber zu meiner Zeit gespielt.“
„T“: Warum?
A.H.: „Momentan ist Tennis nicht mal halb so populär. Man hat Schwierigkeiten als Spieler ein bisschen Aufmerksamkeit zu bekommen. Es ist viel schwieriger geworden.“
„T“: Haben Sie das Gefühl, die Leute sind verwöhnt?
A.H.: „Der Anspruch ist sehr hoch in Deutschland. Wir haben gute Spielerinnen. Wir erwarten irgendwann mal wieder eine Top- 10-Spielerin. Vielleicht werden wir auch bald eine haben. Es ist aber momentan schwierig, das Tennis zu vermarkten.“
„T“: Wer hat das Potenzial zur Top 10?
A.H.: „Andrea Petkovic ganz sicher. Unter die ersten 20 und dann muss man abwarten, was passiert. Sie hat am besten und konstantesten gespielt. Sabine Lisicki war nahe dran, war aber viel verletzt in letzter Zeit.“
„T“: Wie stufen Sie das aktuelle Damen-Tennis ein? Ist das Spiel nicht zu eintönig?
A.H.: „(lacht) Ich darf ja nichts Schlechtes über das Damen-Tennis sagen. Also halte ich mich lieber zurück.“
„T“: Wann war es einfacher, nach vorne zu kommen?
A.H.: „Ich denke, dass es zur jetzigen Zeit schwieriger ist, Erfolg zu haben. Vor allem mit der Masse an Spielerinnen, die aus dem Ostblock auf die Tour kommen. Es kommen immer neue Spielerinnen nach, die unterschiedliche Charaktere haben und mit allen Mitteln Erfolg haben wollen.“
„T“: Ihre Mutter sagte mal: „Sie ist zu brav für den Job.“ Stimmt das?
A. H. „Ich glaube nicht. Ich habe mich entwickelt auf der Tour. Vielleicht bin ich zu brav hingekommen. Ich war sehr jung, und auch gutgläubig. Auf dem Platz war ich sicherlich nicht brav. Was außerhalb des Platzes anbelangt, habe ich mit den Jahren gelernt, nicht zu brav zu sein. Sonst kann man sich all die Jahre auch nicht oben halten.“
De Maart
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