Léon Marx
Der moderne Mensch ist ein gestresster Mensch. Zeit ist das, was er am wenigsten hat. Und Geld mag er keins ausgeben. Die „Geiz ist geil“-Mentalität zieht ihre Kreise. Billig, am besten kostenlos soll die Welt sein. Wie diese Rechnung aufgehen soll, darüber macht sich kaum jemand Gedanken. Jedenfalls nicht auf Seiten der Konsumenten. Auf der anderen Seite dagegen schrillen die Alarmglocken zunehmend lauter. Ob wirklich zu Recht, das weiß allerdings niemand.
Den Printmedien wurde das Ende bereits mehrfach vorausgesagt, zuerst als das Radio kam. Als mit dem Fernsehen auch noch bewegte Bilder hinzukamen, wurden die Totenglocken erneut geläutet. Zweimal zu Unrecht, wie man heute weiß. Und die gedruckte Zeitung wird auch das Internet überleben. Davon waren bei einem Rundtischgespräch am Freitag bei den „European Media Days“ in Düdelingen alle überzeugt.
Zeitungen werden nicht verschwinden
Die Auflage der Zeitungen nimmt zwar ab, aber verschwinden werden sie nicht. Es gibt Elemente einer auf Papier gedruckten Zeitung, die können nicht von einem anderen Medium, auch nicht dem Internet übernommen oder ersetzt werden, ist Anker Brink Lund von der Copenhagen Business School überzeugt. Aber es wird zu einer Marktbereinigung kommen, schiebt er hinterher. Nur Qualitätszeitungen, die Hintergrund, Analyse und Kommentar bieten, die einen Mehrwert haben, werden überleben. Die Zeitung als reine Informationsquelle ist passé, meint er. Das eigentlich Gefährliche am Internet ist seiner Überzeugung nach das hemmungslose Kopieren und Klauen im Web.
In die gleiche Kerbe schlägt auch Alvin Sold, CEO der Editpress-Gruppe. Die Zukunft der Zeitungen werde sich über die Inhalte entscheiden. Qualität werde immer ihren Markt finden. Das gelte im Übrigen auch für das Internet. Auch dort werde sich nur publizistische Qualität durchsetzen, ist er überzeugt. Und von allen Akteuren, die ins Internet drängen, seien die Zeitungsverlage mit ihrem dichten Netz an Redakteuren und Journalisten am besten gerüstet, um diese hohe Qualität zu bieten.
Handwerkliche Qualität und die Fähigkeit, die gewaltige Flut an Nachrichten einzuordnen, zu hierarchisieren, sind letztlich der Schlüssel zum Erfolg, bemerkt er. „Wobei die Zeitung als Instrument bei der Hierarchisierung der Nachrichten sicherlich das idealere Medium ist.“
Die Lethargie gewisser Politiker
Sold sieht weniger das Internet als Gefahr für die Zeitungen als die Lethargie gewisser Politiker, die den Studien glauben, die wieder einmal das Ende der Printmedien voraussagen und in dieser Logik handeln bzw. nicht handeln. „Das wäre ein schlimmer Fehler“, sagt er. Und wird auch konkret. Unser größter Feind seien Suchmaschinen wie Google, die Inhalte unter Missachtung von Urheberrechten millionenfach kopieren und durch das Web schicken. Zwar habe EU-Kommissionspräsident Barroso bei einem Treffen mit Vertretern der ENPA versprochen, der Presse bei der Verteidigung ihrer Rechte zu helfen, bis dahin aber sei Selbsthilfe wohl die bessere und schnellere Lösung.
Die sinkende Bereitschaft der Leser, für Inhalte zu bezahlen, gibt auch Roland Arens vom Groupe saint-paul zu denken. Er beklagt eine „Kostenlos-Kultur, die sich breit macht“, räumt aber auch Fehler bei den Verlagshäusern selbst ein. Diese würden aufwendig und teuer recherchierte Inhalte teilweise selbst kostenlos auf ihren Internetseiten anbieten.
Langfristig werde die Qualität über Sein oder Nichtsein entscheiden, stimmt er den Vorrednern zu. An diesem Punkt sei man aber noch nicht. Im Moment sei eher ein „Tsunami der Konkurrenz um Aufmerksamkeit“ festzustellen.
De Maart

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