Sonntag26. Oktober 2025

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„Rush op di leschte Pneuen“

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Die Situation ist „kritisch“, „gemischt“, „richtig interessant“, lauteten am Dienstag die Aussagen von Verantwortlichen drei unterschiedlicher Reifenwerkstätten. Gemeint ist, dass es zurzeit in Luxemburg und ganz Europa Engpässe bei der Auslieferung von Winterreifen gibt. Die Schuld tragen aber nicht die Werkstätten, sondern die Reifenhersteller.

Luc Laboulle


Neulich erzählte ein Bekannter, wie er vor ein paar Jahren eines morgens im November aufgestanden ist und unerwartet Schnee lag. Er musste zur Arbeit, hatte aber noch die Sommerreifen auf dem Auto.

Als er den schneebedeckten Hügel, der vor seinem Haus liegt, herunterfuhr, geriet sein Auto plötzlich auf der glatten Straße ins Rutschen. Er konnte nichts dagegen unternehmen und glitt gemächlich auf einen Kleinwagen zu, der vor der Kreuzung an der Ampel stand. Glücklicherweise blieb sein Auto fünf Zentimeter vor dem Mini stehen und es kam nicht zur Kollision. Seitdem legt er seine Winterreifen jedes Jahr schon im Oktober auf.

Ein Problem der Größe

Ein Teil der Luxemburger handelt ähnlich wie dieser Bekannte. Sie haben ihre Reifen wenn auch nicht im Oktober, so doch rechtzeitig gewechselt. Die anderen drängen seit einigen Tagen in die Reifenwerkstätten, wo die Situation immer kritischer wird. Von fünf Werkstätten, die wir am Dienstag befragten, gab nur eine an, noch ausreichend Winterreifen in allen Größen auf Lager zu haben. Bei den anderen vier herrschten hingegen Engpässe.

„Zurzeit haben wir viel Arbeit und nicht mehr viele Reifen übrig. Es fehlt ein bisschen an allem“, hieß es bei „DM Services s.à r.l.“ aus Esch. Und der Verantwortliche von „Nord-Pneus SA“ aus dem Pommerloch hoch oben im Norden Luxemburgs meinte, die Situation sei zwar kritisch, aber es sei noch etwas Restbestand vorhanden. Lieferprobleme bestünden bei den Herstellern, weil die Fabriken die Produktion zu spät wiederaufgenommen hätten. Von den fünf Befragten hieß es am Dienstag nur bei „Muller-Pneus“ in Contern, alle Größen seien noch auf Lager.

Engpässe bei den Vorbestellungen

Bei „Auto-Center Goedert“ in der Hauptstadt sei die Situation gemischt, wie Direktor Georges Hilbert uns am Dienstag bestätigte. Engpässe gebe es schon seit Wochen bei den Vorbestellungen. Die großen Reifenhersteller hätten nur wenig auf Lager, bei der Auslieferung der vorbestellten Reifen gebe es große Verspätungen. Einige Größen seien derzeit einfach bei keinem Hersteller verfügbar, andere Modelle hingegen habe man gleich von mehreren Marken im Lager.

„Die Situation ist in diesem Jahr etwas anders als sonst. Bis letztes Jahr konnten wir dem Kunden häufig eine Alternative von einem anderen Hersteller anbieten, wenn wir seinen Wunschreifen grad nicht da hatten. In diesem Jahr kommt es des Öfteren vor, dass kein Hersteller eine bestimmte Größe liefern kann“, meinte Georges Hilbert.

Die Gründe für die Engpässe seien vielfältig. 2009 seien einzelne Reifenfabriken wie das Continental-Werk im französischen Clairoix geschlossen worden, andere haben ihre Kapazitäten zeitweise reduziert. Dadurch seien drei bis vier Millionen Reifen weniger produziert worden, erklärte Hilbert. Zudem hätten viele Hersteller während der Wirtschaftskrise ihren Bestand verkleinert, um Kosten zu sparen und die Preise stabil zu halten.

Panik in Deutschland

Ein weiterer Grund für die Reifenknappheit ist laut Georges Hilbert der drei- bis vierwöchige Wintereinbruch, der im vergangenen Jahr in Flandern und Nordfrankreich vonstatten ging. Dadurch sei die Nachfrage nach Winterreifen auch in diesen Gebieten angestiegen.

Und nicht zuletzt habe die neue Gesetzgebung in Deutschland, die ein wintertaugliches Auto vorschreibe, für Panik im Nachbarland gesorgt, so dass die deutschen Reifenhändler sogar bei ihren Kollegen in Luxemburg um Nachschub gebeten haben, weil ihre Lager leer waren.

Wenn er den Kunden einen Ratschlag mit auf den Weg geben könne, dann sei dies, sich rechtzeitig um ihre Winterreifen zu kümmern. Und falls sie jetzt vor dem Reifengeschäft in der Schlange stehen, weil sie den ersten Ratschlag nicht befolgt haben, sollen sie Geduld mitbringen und Ruhe bewahren.

Am Dienstagmorgen um 7.20 Uhr standen schon 20 Kunden vor dem Auto-Center Goedert und warteten, dass das Geschäft endlich aufmacht. Wegen des „Rush op di leschte Pneuen“ hat die Direktion beschlossen, den Laden heute schon um 7.05 Uhr zu öffnen.