Dan Elvinger
Die Schwarz-Gelben aus Niederkorn und die Roten aus Differdingen liefern sich seit Bestehen erbitterte Duelle. Vor allem in den 70er und 80er Jahren, als die Red Boys Differdingen und der Progrès zu den Spitzenvereinen in Luxemburg gehörten, lockten die Derbies tausende von Zuschauern an. Legendär: das Pokalfinale im Mai 1977, als man sich nach Verlängerung 4:4 trennten und ein Entscheidungsspiel her musste. Dieses gewann Niederkorn mit 3:1 und sicherte sich den vierten Pokalgewinn der Vereinsgeschichte.
Ein Zuhause
Damals standen mit Henri, Jean-Paul und Marcel drei Bossi-Brüder im Kader der Niederkorner.
Heute sind noch zwei übrig geblieben. Henri ist mittlerweile zum sechsten Mal Trainer beim Progrès, und Paul ist nach einem Intermezzo bei Fola Esch zu seinem Stammverein zurückgekehrt. Seitdem läuft es fußballerisch besser. „In Niederkorn wurde ich gut aufgenommen. Es ist noch immer der gleiche Verein wie damals, als ich den Progrès mit 16 Jahren verlassen habe. Ich will nicht behaupten, dass die Zeit bei der Fola schlecht war, aber hier bin ich einfach zu Hause“, erklärt der Mittelfeldspieler.
Eigentlich begann seine Karriere vielversprechend. Nach seinem Wechsel zur Fola im Sommer 2007 ging es für den Linksfuß steil bergauf. Er reifte zum Stammspieler und wurde erstmals von Guy Hellers in die A-Nationalmannschaft berufen. Die Trainingseinheiten mit Nationalmannschaft und mit Verein wurden dem Schüler des LHCE jedoch schnell zu viel. Die Überbelastung und die dadurch bedingten Probleme in der Schule spiegelten sich in seinen Leistungen wieder. Nach einer enttäuschenden Saison 2009/10 und 40 Spielen für Fola Esch kehrte er nach Niederkorn zurück. Gerüchte machten die Runde, dass er die Fußballschuhe an den Nagel hängen wollte: „Diesen Gedanken hatte ich nie. Es ging nur darum, das Volumen zu reduzieren. Fußball ist für mich ein Ausgleich, und ich glaube, im Moment habe ich die richtige Balance gefunden“.
Eine Rückkehr in die A-Nationalmannschaft, in der er drei Spiele bestritt, ist zurzeit kein wirkliches Thema. „Ich habe damals mit Guy Hellers abgemacht, dass ich mich verstärkt auf die Schule konzentrieren will. Seither gab es keinen Kontakt mehr zu einem FLF-Verantwortlichen“, so Bossi.
Die Rückkehr zu seinen Wurzeln ist eine Art Rekonvaleszenz. „Ich habe letztes Jahr beobachtet, dass Spieler wie David (Soares) und Jorge (Ribeiro) den Sprung in die erste Mannschaft geschafft haben. Mit ihnen habe ich angefangen mit dem Fußballspielen. Daher wollte ich unbedingt zurückkehren, um wieder mit ihnen in einem Team zu stehen“, erklärt der 19-Jährige seine Wechselgründe.
Als eingefleischter Niederkorner ist für ihn das Duell gegen Differdingen ein besonderes Spiel. Seit frühester Kindheit prägen die Derbies sein fußballerisches Leben. „Es war schon immer reizvoll gegen Differdingen zu gewinnen, vor allem weil wir uns ja fast alle kennen. Ich habe als Kind oft die Spiele meines Vater angesehen und hab gemerkt, wie eine ganze Gemeinde gespannt auf diese Spiele geblickt hat. ‚Dat si Matcher, wou et op d’Bee geet’“, sagt der Mittelfeldspieler. Er selbst würde nie zum Rivalen nach Differdingen wechseln: „Aus Prinzip nicht. Außerdem ist es eine Ehre dort zu spielen wo mein Vater gespielt hat. Niederkorn ist wie eine Familie“.
Nicht die Ehre
Aber nicht nur die Ehre zählt. Für Paul Bossi hat der Progrès auch gute Voraussetzungen, um in der Zukunft eine gute Rolle in der Meisterschaft zu spielen. Einen Anteil daran hat auch sein Onkel und Trainer Henri Bossi. „Konditionell sind wir in jedem Spiel auf der Höhe. Seit ein paar Wochen sind die Resultate auch positiv. Vor allem weil wir als Mannschaft auftreten. Wir amüsieren uns beim Training, aber es kommen auch Punkte dabei raus“, erklärt der 19-Jährige.
Für Henri Bossi hat sich sein 19-jähriger Neffe gut entwickelt: „Nach einer schlechteren Phase befindet er sich wieder auf dem guten Weg. Er hat einen sehr guten linken Fuß und konditionell hat er sich auch gesteigert. Er muss jedoch noch lernen zu beißen, es fehlt ihm die ‚Roserei‘. Im Moment fühlt er sich wohl, und deshalb läuft es auch gut, aber das muss er nun über einen längeren Zeitraum beweisen.“
Henri Bossi will am Sonntag dem alten Rivalen eins auswischen und hat die ruhmreichen Zeiten des Progrès miterlebt: „Wochen davor war das Spiel Gesprächsthema Nummer eins in der Gemeinde. Wir haben uns heiße Duelle geliefert, vor allem im Pokal. Darauf sind noch heute viele ältere Niederkorner stolz.“
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