Die Präsentationen drängten zunächst all die Verdächtigungen in den Hintergrund, es könne bei der Wahl nicht mit rechten Dingen zugehen.
Auf den Zuschlag für die Endrunde 2018 hoffen England, Russland, Spanien/Portugal und Belgien/Niederlande. Vier Jahre später wollen Japan, Katar, Südkorea, die USA und Australien das größte Sportereignis der Welt neben den Olympischen Spielen ausrichten. FIFA-Präsident Joseph Blatter wird die Ausrichter gegen 16.00 Uhr im Messezentrum in Zürich bekannt geben.
Als einziger Bewerber haben die Australier keinen Vertreter ihrer Region dabei, wenn am Donnerstagnachmittag nur noch 22 vorwiegend ergraute Herren in der FIFA-Zentrale abstimmen. Ozeanien konnte keinen Ersatzmann für sein Exekutivmitglied Reynald Temarii (Tahiti) nominieren, weil dieser die am 18. November durch die Ethik-Kommission ausgesprochene Suspendierung nicht akzeptiert.
Temariis Anwältin warnte davor, dass die geheime Wahl ungültig sein könnte. „Das Risiko der FIFA ist, dass ihr WM-Votum unwirksam sein könnte, wenn wir dem juristischen Prozedere folgen und der Sportgerichtshof CAS am Ende die Suspendierung aufheben sollte“, sagte Geraldine Lisieur der Süddeutschen Zeitung.
England als Mutterland des Fußballs rührte gestern noch einmal die Werbetrommel mit Blick auf die WM 2018. „Ich habe volles Vertrauen in die FIFA. Die Leute kommen alle aus dem Fußball und wollen, dass die beste Bewerbung gewinnt“, sagte David Beckham. Spaniens Bewerbungschef Miguel Angel Lopez sagte gegenüber der dpa, dass der iberischen Kandidatur bereits acht Stimmen sicher seien.
Russland klarer Favorit
Bei den englischen Buchmachern wird allerdings Russland als klarer Favorit im Vierkampf für 2018 gehandelt, obwohl Wladimir Putin in Zürich fehlt. „Ich trete die Reise nach Zürich aus Achtung vor der FIFA lieber nicht an, um ihr die Möglichkeit zu geben, in Ruhe und ohne irgendeinen Druck objektiv zu entscheiden“, sagte Putin. Für 2022 ist Katar bei den Wettbüros auf der Insel heißer Favorit. Scheich Hamad bin Chalifa Al-Thani, Emir des kleinen Landes am Persischen Golf, garantiert für die Kosten in Höhe von 2,87 Milliarden Dollar. Der großen Hitze begegnen die Scheichs mit klimatisierten Stadien. Zudem locken die Macher mit der Erschließung neuer, lukrativer Märkte.
Schärfster Konkurrent dürften die USA sein. Per Video-Botschaft machte sich Barack Obama für die zweite WM im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ nach 1994 stark. „In Amerika brennt die Flamme der Leidenschaft für den Fußball mehr denn je. Wir waren immer eine Nation großer Vielfalt. Es ist egal, wo man herkommt, wie man aussieht. Wenn man hart arbeitet, kann man alles schaffen“, übermittelte Obama an die Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees. Clinton versprach: „Wir können alle Stadien füllen, weil wir so viele Menschen haben.“
Südkorea hat eine politische Botschaft in den Mittelpunkt seiner Kandidatur gestellt. „Der Fußball ist ein Friedensbotschafter, und den benötigen wir auf der koreanischen Halbinsel“, appellierte FIFA-Vize-Präsident Chung Mong-joon an seine Kollegen. Japan, 2002 Co-Gastgeber der WM, lockt mit einer technischen Revolution. Im Falle des Zuschlages sollen alle Endrundenspiele in weltweit 400 Stadien live und in 3D übertragen werden. Als Bildschirme sollen dabei die Spielfelder in Arenen wie dem Londoner Wembley, dem Maracana in Rio de Janeiro oder der Münchner Allianz Arena dienen.
Australien setzt auf die Sportbegeisterung seiner Einwohner und auf die Tatsache, dass noch nie eine WM auf dem fünften Kontinent stattgefunden hat. „Wir werden Weltmeisterschaften veranstalten, die alle Erwartungen übertreffen“, sagte Australiens Verbandspräsident Frank Lowy.
FIFA EXEKUTIVKOMITEE
o Zusammensetzung: Setzt sich zusammen aus dem Präsidenten Sepp Blatter, seinen acht Vizepräsidenten und weiteren 15 „einfachen“ Mitgliedern. Nach den Sperren von Vize Reynald Temarii (Tahiti) und Amos Adamu (Nigeria) sind derzeit noch 22 Exekutivmitglieder stimmberechtigt und entscheiden heute über die Vergabe der WM-Endrunden 2018 und 2022.
– Präsident: Sepp Blatter (Schweiz)
– Senior-Vizepräsident: Julio Grondona (Argentinien)
– Vizepräsidenten: Issa Hayatou (Kamerun), Chung Mong-joon (Südkorea), Jack Warner (Trinidad und Tobago), Angel Maria Villar Llona (Spanien), Michel Platini (Frankreich), Geoff Thompson (England)
– Mitglieder: Michel D’Hooghe (Belgien), Ricardo Teixeira (Brasilien), Franz Beckenbauer (Deutschland), Mohamed Bin Hammam (Katar), Senes Erzik (Türkei), Chuck Blazer (USA), Worawi Makudi (Thailand), Nicolas Leoz (Paraguay), Junji Ogura (Japan), Marios Lefkaritis (Zypern), Jacques Anouma (Elfenbeinküste), Rafael Salguero (Guatemala), Hany Abo Rida (Ägypten), Witali Mutko (Russland)
GEHEIM REGULARIEN
o Wie: Zunächst wird der Gastgeber für die WM 2018 gewählt, anschließend der Ausrichter der WM 2022.
o Kandidaten:
– 2018: England, Russland, Spanien/Portugal und Belgien/Niederlande
– 2022: USA, Katar, Südkorea, Japan und Australien.
o Wahl: Ist geheim. Alle Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees, die wählen dürfen, können an beiden Abstimmungen teilnehmen.
o Stimmen: Für das Recht zur Ausrichtung des Wettbewerbs muss ein Bewerber die absolute Mehrheit (50 Prozent + 1) der Stimmen der anwesenden Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees erhalten.
o Gleichstand: Bei nur noch zwei verbleibenden Bewerbern hat der FIFA-Präsident die entscheidende Stimme.
o Wahlgänge: In sämtlichen, in denen keine absolute Mehrheit erzielt wird, scheidet jeweils der Bewerber mit der geringsten Anzahl Stimmen für den nächsten Wahlgang aus. Herrscht in einem Wahlgang bei der niedrigsten Anzahl Stimmen Gleichstand, wird in einem zusätzlichen Durchgang entschieden, welcher der Bewerber ausscheidet.
o Umschläge: Nach endgültiger Wahl der einzelnen Ausrichter werden die Karten mit dem Ergebnis in zwei Umschläge gesteckt. Diese werden von einem anwesenden Notar in die Messe Zürich gebracht, wo sie dem FIFA-Präsidenten zur Bekanntgabe übergeben werden.
De Maart
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