(aktualisiert: 29.11.2010, 15.34 Uhr)
Die grösstenteils als „GEHEIM“ eingestuften Berichte aus US-Botschaften könnten auch Details über Luxemburg enthüllen. Unter den rund 250.000 Depeschen stammen 168 aus der US-Botschaft in Luxemburg, wie aus den Datensätzen bislang hervorgeht. Was in den Berichten steht, ist noch nicht bekannt. Besonders zwischen 2006 und 2010 stieg der Informationsfluss von Luxemburg in die USA stark an.
Demnach wurden 2 Berichte als Geheim (nicht für Ausländer), 4 Geheim, 15 Vertraulich (nicht für Ausländer), 58 Vertraulich, 41 Berichte nur für den Dienstgebrauch und 48 nicht klassifizierte Berichte gesendet.
Was in den Luxemburg betreffenden Depeschen steht, ist auch dem Aussenministerium bislang unbekannt, sagte uns Aussenminister Jean Asselborn am Montag. Es sei jedoch üblich, dass eine Botschaft Informationen über das betreffende Land und deren Persönlichkeiten sammle – Informationen, die nicht unbedingt in den Medien erwähnt würden, so Asselborn. Das gelte auch für Luxemburgs diplomatische Vertretungen im Ausland. Als Staat sei man auf derlei Informationen angewiesen, um die Situation in einem Land genauer einschätzen zu können.
Die US-Botschaft in Luxemburg habe ihm zugesichert, mit dem Aussenministerium zu kooperieren, um Einsicht in die Luxemburg betreffenden Depeschen zu bekommen, so Asselborn. Die Mitteilungen wurden in den Jahren 2004 bis 2010 geschrieben. In der Zwischenzeit wurde fast das gesamte Botschaftspersonal der US-Vertretung ausgewechselt.
Die Informationsbombe explodierte am Sonntag
Mehrere grosse Zeitungen, unter ihnen die New York Times und Le Monde hatten am Sonntag mit der Veröffentlichung von Geheimdokumenten des US-amerikanischen Aussenministeriums begonnen, die der Internet-Plattform Wikileaks zugespielt worden sind.
Bei den Dokumenten handelt es sich um diplomatische Depeschen der US-Diplomaten im Ausland. Sie enthalten u.a. Bewertungen der Politiker, in dem die Diplomaten Dienst hatten. So wird laut „Der Spiegel“ der russische Premierminister Wladimir Putin als „Alpha-Rüde“ bezeichnet, Russlands Präsident Dmitrij Medwedjew als „blass und zögerlich“ und der französische Staatschef Nicolas Sarkozy als „Kaiser ohne Kleider“. Der afghanische Präsident Hamid Karsai wird als „schwache Persönlichkeit“ beschrieben, der von „Paranoia“ und „Verschwörungsvorstellungen“ getrieben werde.
Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi soll sich über die enthüllten Berichte offenbar bestens amüsiert haben. Er habe „gut gelacht“, als er vom Inhalt der Depeschen erfahren habe, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa am Sonntag unter Berufung auf Vertraute Berlusconis. Die britische Zeitung „Guardian“ berichtete, dass US-Diplomaten Berlusconi als „inkompetent, aufgeblasen und ineffektiv“ beschrieben.
Die Depeschen enthüllen ebenfalls sensible Informationen über Terrorismus und die nukleare Aufrüstung einzelner Ländern. Iran habe nordkoreanische Mittelstreckenraketen erworben, die Westeuropa treffen könnten, heisst es in Unterlagen, die von der New York Times am Sonntag veröffentlicht worden sind.Siehe auch:
Wikileaks könnte diplomatische Krise auslösen
Saudis finanzieren Terrororganisationen
Aus den Dokumenten geht u.a. hervor, dass saudiarabische Spender nach wie vor die wichtigsten Geldgeber radikaler Organisationen wie Al-Qaida sind. Dieselben Saudis sollen die USA aufgefordert haben, den Iran als Gefahrenherd einzustufen und zu bombardieren. Berichtet wird auch über Agenten der chinesischen Regierung, die Cyberangriffe auf die USA und deren Verbündeten gestartet haben.
Die US-Regierung hatte vor der angekündigten Enthüllung Hunderttausender diplomatischer Depeschen den Druck auf das Internetportal Wikileaks erhöht: Eine solche Veröffentlichung setze zahllose Menschenleben aufs Spiel, bedrohe Anti-Terror-Operationen in der ganze Welt und gefährde die amerikanischen Beziehungen zu den Verbündeten, schrieb das US-Aussenministerium in einem Brief an Wikileaks.
Journalisten aus fünf Ländern sichten Geheimdokumente
120 Journalisten der New York Times, von Le Monde, El Pa?s, Der Spiegel und The Guardian haben während mehreren Wochen Tausende Dokumente gesichtet und Artikel dazu verfasst.
Wikileaks waren rund 250.000 Dokumente aus dem diplomatischen Dienst Washingtons zugestellt worden. Die meisten betreffen laut Lemonde. fr den Zeitraum 2004 bis 2010.
Wikileaks hatte bereits im Juli Geheimdokumente über den Afghanistan-Krieg und im Oktober über den US-Einsatz im Irak veröffentlicht.
Zugespielt worden sind die geheimen und vertraulichen Unterlagen von einem 23jährigen US-Soldaten, der im Irak stationiert war.
Tageblatt.lu/afp/dapd/20min
De Maart

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