Am 3. Tag des Trainingslagers auf Mallorca rückt das Tageblatt die
Mechaniker und (Ver)-Pfleger in den Vordergrund. Stellvertretend für die „mécanos“ lassen wir Roger Theel zu Wort kommen, während Matthias „Matze“ Lukas die „soigneurs“ vertritt (siehe Artikel Seite 27).
Tageblatt: Kann man euch Mechaniker auch als Nomaden bezeichnen?
Roger Theel: „Ja, aber das klappt schon mit der Familie. Ich bin verheiratet und hab zwei Kinder. Das ist der Ruhepol, da, wo du von deinem Adrenalinschub zurückkommst, den Garten machst, mit den Kindern spielst.“
Bist du selbst Rad gefahren?
„Bis 13, 14, danach kamen andere Interessen. Ich hab dann meine Schlosserlehre gemacht. Dann kam meine Armeezeit, danach arbeitete ich vier Jahre lang in einem Fahrradgeschäft. Da ging es wieder los, dass ich mir selbst wieder ein Rad gekauft habe. Das Interesse kam wieder.“
Wie wird man Mechaniker bei einem Profiteam? Schreibt man da wie jeder halt eine Bewerbung?
„Nee, nee. Bei mir war das Zufall. Es wurde jemand gesucht, der mal kurz einspringt. Bei Coast wurde das Team damals ja auch so schnell aus dem Boden gestampft. Da bin ich dann dabeigeblieben.“
Und die Kontakte damals zu CSC, wie kamen die zustande?
„Über Kim (Andersen, d. Red.). Ihn kannte ich damals schon. Man hat sich bei den Rennen gesehen, bei den Rennen miteinander gesprochen. Irgendwann sagte man: Okay, gucken wir mal, was wir zusammen machen können.“
Mit Coast und später Bianchi war irgendwann Schluss. Dann sitzt man auf der Straße …
„Ja, das war im Winter. Im ersten Moment bist du dann erst mal schockiert. Denn einen neuen Job finden, ist schwierig. Ich hatte noch die Option mit dem Fahrradladen, das war aber nicht die Optimallösung.“
Das australische Team Pegasus hat ja jetzt keine Lizenz bekommen. Fühlt man da mit den Mechanikern, die ihre Arbeit verlieren?
„Ja, klar. Die anderen Teams sind alle voll. Normalerweise bei der Tour de France, Ende der Tour, sucht man sich neues Personal.“
Wie sieht euer Tagesablauf aus?
„Ganz normal. Um 8.00 Uhr Frühstück, um 10.00 Uhr fahren die Fahrer raus. Wenn die zurückkommen, werden die Räder soweit wieder in Ordnung gebracht. Am Abend werden dann eher so Feinjustierungen vorgenommen. Hier mal etwas ein paar Millimeter ändern und da mal. Mal einen Lenker wechseln oder so. Morgens sind eigentlich nur Kleinigkeiten wie Schuhplatten ändern. Wenn ihr Arbeitsmaterial nicht hundertprozentig in Ordnung ist, können die keine hundertprozentige Leistung bringen. Die sitzen jeden Tag fünf bis sieben Stunden auf dem Rad, das ist allerhand. Da soll sich der Leser mal vorstellen, er fährt morgens mit seinem Rad zum Bäcker, und sein Sattel ist fünf Zentimeter zu hoch. Es ist also schon ein 24-Stunden-Job. Du kannst nicht um 16.00 oder 17.00 Uhr sagen: ‚Schwenk de Hut und macht et juut‘.“
Wie sehr ist die Technik der Rennräder in den letzten Jahren vorangeschritten?
„Das ist enorm. Allein die Anbauteile am Rad wie die Schalthebel. Anfangs waren die am Rahmen, dann am Lenker mit Kabel, dann nicht mehr. Jetzt sind wir bei der elektronischen Di2 von Shimano. Nur die Bremse ist noch mechanisch, und schalten tust du vorne wie hinten über ein Elektrokabel. Man schaltet einen Impuls hoch oder runter, der mit einer Batterie angetrieben wird.“
Seid ihr mit die wichtigsten Leute für die Fahrer?
„Das ganze Personal, also jeder, der da ist, der macht seine Aufgabe zu 100 Prozent. Das macht das Team aus. Und die Rennfahrer, die fahren dann halt die Ergebnisse ein. Was sehr wichtig ist, dass du keinen Querschläger im Team hast. Alles muss passen, man muss sich wohlfühlen. Wichtig ist, am Abend sagen zu können: Ich hab was geschafft und bin zufrieden.“
Frank Schleck spricht von einer „bande de copains“.
„Ja, da sind wir inbegriffen. Guck mal, wie viel Personal auch komplett von Saxo Bank zu Leopard gegangen ist. Alles zusammen sind das neun oder zehn Leute.“
Gibt es auch persönliche Freundschaften zu Fahrern?
„Klar, ich hab alle Klassiker mit Fabian (Cancellara) gemacht, ich hab die Tour mit Frank und Andy gemacht. Mit denen hat man am meisten zu tun. Oder mit Stuart (O’Grady), mit denen kannste auch mal abends ein Späßchen machen. Das ist eigentlich die beste Entschädigung, dass wir so viel unterwegs sind. Nicht die Reisen, sondern dass die größten Radfahrer deine Arbeit würdigen.“
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