Donnerstag23. Oktober 2025

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Statt Brot Benzin

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(dapd)

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LUXEMBURG - Bis 2020 sollen 20 Prozent des Energiebedarfs und 10 Prozent des Treibstoffs auf Basis erneuerbarer Energien abgedeckt werden. Umweltschäden und Hungersnöte sind die Folge.

Gleich acht Verbände* aus den Bereichen Umwelt und soziale Kooperation hatten am Montag zu einer öffentlichen Vorstellung der Studie geladen. Bettina Kretschmer vom Institute for European Environmental Policy (IEEP) ging bei ihrer Analyse der Ende Dezember 2010 fertiggestellten Studie vor allem auf die spezifische Situation Luxemburgs ein.

Logo" class="infobox_img" />Bettina Kretschmer vom IEEP

Zielvorgabe

Die Problematik der Biokraftstoffe ist für Luxemburg von besonderer Brisanz. Das Land hat sich verpflichtet, bis 2020 11 Prozent seines Energieverbrauchs durch erneuerbare Energien abzudecken. Der im August 2010 vorgestellte nationale Aktionsplan sieht vor, knapp die Hälfte dieses Ziels durch die Beimischung von Agro-Kraftstoffen zu Diesel und Benzin zu erreichen. Ursache für dieses mehr als fragwürdige Szenario ist der hohe Anteil des Verkehrs (Tanktourismus) am luxemburgischen Energieverbrauch.

*Zur Plattform gehören: Action solidarité Tiers Monde, BioLabel, Caritas, Commission Justitia et Pax, Demeter-Bond Lëtzebuerg, Greenpeace, Mouvement écologique, natur&ëmwelt.

Schwerpunkt der IEEP-Studie ist die Abschätzung der Veränderungen, die sich durch den Anbau von Energiepflanzen bei der Landnutzung ergeben werden. Für Luxemburg, das mit seinem Pro-Kopf-Verbrauch an Energie an der Weltspitze liegt, ergibt sich bei dieser Untersuchung ein ernüchterndes Bild. Würden die zum Erreichen des Klimaziels 2020 notwendigen Energiepflanzen im Land selbst angebaut, wären dazu zwischen 70 und 120 Prozent der verfügbaren Agrarfläche notwendig.

50 Prozent Bioethanol wird importiert

Das aber wird natürlich nicht geschehen. Luxemburg, wie auch die meisten anderen EU-Staaten, werden den größten Teil ihrer Energiepflanzen anderswo auf dem Globus anbauen (lassen). Im Schnitt rechnen die 23 EU-Mitgliedstaaten (deren CO2-Pläne Ende 2010 vorlagen) damit, dass 50 Prozent des Bioethanols und 41 Prozent des Biodiesels importiert werden müssen. Vor allem aus Entwicklungsländern, wo die notwendigen Flächen durch Umnutzung von Agrarflächen oder Rodung von Urwäldern geschaffen werden.

Die „indirekte Landnutzung“ für die Produktion von Agrartreibstoffen wird auf 41.000 bis 69.000 km2 geschätzt. Das entspricht, wenn man vom oberen Ende der Schätzung ausgeht, mehr als 27 Mal der Fläche Luxemburgs. Unter Berücksichtigung des Kohlendioxids, das bei der Rodung von Urwäldern freigesetzt wird, werden die Agrarkraftstoffe am Ende eine Gesamtbilanz haben, die kaum besser, eher sogar schlechter als die von Öl und Gas ist, heißt es in der Studie. (Die CO2-Emissionen werden 81-167 Prozent im Vergleich zu fossilen Energieträgern ausmachen.)

„Voller Tank – leere Teller

Die Umwelt- und Sozialverbände weisen mit sorgenvollem Blick auf die letzte Lebensmittelkrise im Jahr 2008 sowie auch darauf hin, dass der „volle Tank“ in Europa zu „leeren Tellern“ in den Entwicklungsländern führen wird. Bereits 2008, so Schätzungen der FAO (Welternährungsorganisation) wurden 125 Mio. Tonnen Getreide zu Agrartreibstoff „umgewandelt“.

Die EU-Klimaziele könnten 2020 ursächlich für jeden vierten Fall von Unterernährung stehen. Für die acht Verbände der Klimaplattform ist damit klar, dass Agrartreibstoffe kein Weg aus der Energiekrise sind. Notwendig seien „andere Verkehrskonzepte und sparsamere Autos“. Zudem seien Strom und Wärme bessere Einsatzbereiche für Agrartreibstoffe als der Verkehrsbereich. Die Verbände hoffen deshalb, dass die EU-Kommission ihre energiepolitische Strategie nochmals überdenken wird.