Tageblatt: Nach einem Sieg und einem Unentschieden gab es am Dienstag eine Niederlage gegen Weißrussland. Ist die Enttäuschung groß?
Paul Philipp: „Ja und nein. Der Gegner war gut in Form und hat dies gegen Frankreich zweimal gezeigt (1:0-Sieg und 1:1-Remis, d. Red.). Ich bin jedoch der Meinung, dass etwas drin gewesen wäre, wenn Mario Mutsch, Aurélien Joachim und Gilles Bettmer dabei gewesen wären. Gestern hätte auch Dan Da Mota mit etwas mehr Glück ein Tor erzielen können. Hinzu kommt der zweifelhafte Elfmeter. Einige Faktoren haben also mitgespielt und ein besseres Resultat wäre drin gewesen.“
„T“: Wie lautet Ihr Fazit nach dem Doppeltermin gegen Ungarn und Weißrussland?
P.P.: „Die Entwicklung wird weiter getrieben. Wir konnten unsere spielerischen Fortschritte bestätigen und das Verhalten im Ballbesitz ist weiterhin gut. Natürlich ist es noch nicht möglich, über 90 Minuten gegen Profis den Ballbesitz zu diktieren, aber das verlangt auch keiner. Wir haben viele junge Spieler, aber in den letzten Monaten hat sich ein Rückgrat der Mannschaft von sechs bis sieben Spielern herauskristallisiert.“
„T“: Gegen Weißrussland hatte die FLF-Auswahl jedoch einige Schwierigkeiten in Ballbesitz …
P.P.: „Das sehe ich genauso. Vor allem in der ersten Hälfte. Durch das 5-4-1-System gab es weniger Anspielstationen im Mittelfeld und das Spiel konnte nicht wie gewohnt in die Breite gezogen werden. In der zweiten Hälfte lief es besser, obwohl wir in dieser die zwei Tore kassiert haben.“
„T“: Wäre das vertraute 4-5-1-System nicht doch die bessere Lösung gewesen?
P.P.: „Nachher ist man immer schlauer. Trotzdem ist das schwer zu beurteilen. Die Organisation hat im 5-4-1-System nämlich gestimmt, die Raumaufteilung jedoch nicht. Die Analyse muss nun der Nationaltrainer machen.“
„T“: Sie hatten die Möglichkeit, die Weißrussen in den letzten Jahren mehrmals zu beobachten. Hat sich die Mannschaft weiterentwickelt?
P.P.: „Das Team hat auf jeden Fall einen Schritt nach vorne gemacht. Ein Grund dafür ist, dass im Verband sehr viel für die Jugend getan wird. Der weißrussische Nationaltrainer Bernd Stange hat mir vor einem Jahr erzählt, dass das Sportministerium entschieden hat, den Fußballverband stärker zu fördern, und das macht sich heute schon bezahlt. Gegen Luxemburg standen einige junge Talente im Kader, die in den nächsten Jahren aufblühen könnten.“
„T“: Mit Kevin Malget und Joël Kitenge feierten zwei Spieler ihre Rückkehr in die Nationalmannschaft. Wie bewerten Sie die Leistung der beiden?
P.P.: „Es war schon sehr überraschend, dass Kevin in der Anfangself stand. Er hatte Schwierigkeiten, ins Spiel zu finden, ihm fehlt noch die internationale Erfahrung. Luc Holtz war jedoch zufrieden mit seiner Leistung. Der Nationaltrainer und Kevin wissen beide, dass noch viel Arbeit auf sie zukommt. Joël Kitenge hat einen guten Einstand gefeiert. Gegen Weißrussland hat er das Spiel belebt und den Ball gut abgeschirmt. Er weiß jedoch, wie hoch die Latte liegt, auch neben dem Platz. Ich habe einige Gespräche mit ihm geführt und glaube zu wissen, dass er die Message verstanden hat.“
„Die Hölle“
„T“: Im September und Oktober stehen gegen Rumänien, Albanien und Bosnien-Herzegowina die letzten drei EM-Qualifikationsspiele an. Was erwarten Sie sich von diesen Vergleichen?
P.P.: „Das hängt alles davon ab, wie diese Mannschaften zu diesem Zeitpunkt platziert sind. Im Moment haben alle drei Chancen auf Platz zwei. Wenn z.B. für die Bosnier die Möglichkeit besteht, sich gegen uns vor eigenem Publikum für die EM zu qualifizieren, wird das Spiel in Zenica die Hölle für uns. Ist es umgekehrt, wird das Team von den Zuschauern ausgepfiffen. Eigentlich sind wir auf dem guten Weg und müssen so weitermachen, das ist das eigentliche Ziel, wenn ein Punkt dabei herausspringt, ist das natürlich umso besser.“
„T“: Am 1. Juli nimmt mit Reinhold Breu der neue sportliche Leiter seine Arbeit auf. Welche Fußball-Philosophie kann in den nächsten Jahren im Jugendbereich erwartet werden?
P.P.: „Vor der Verpflichtung von Reinhold Breu haben wir uns beim DFB über ihn erkundigt. Er gehört zu einer neuen Generation von deutschen Fußballlehrern. Ich nenne sie immer die Sammer-Generation. Das sind Trainer, die offensiver denken und auf Technik setzen. Reinhold Breu bevorzugt das Zonen-Spiel und will möglichst offensiv mit seinen Mannschaften auftreten. Er fühlt sich in der Ausbildung von Jugendlichen am wohlsten. Das war für uns ausschlaggebend, denn wir müssen weiter an der fußballerischen Basis unseres Nachwuchses arbeiten. Außerdem soll Breu Spieler ausbilden, die Verantwortung übernehmen. Diese Art Spieler fehlt uns im Moment.“
„T“: Die Technik steht im Vordergrund, dabei fällt immer wieder auf, dass die FLF-Nachwuchsteams ab einem gewissen Alter körperlich nicht mehr mit der Konkurrenz aus anderen Ländern mithalten können. Wie wird in Zukunft an der Physis der Spieler gearbeitet?
P.P.: „Mike Ney und Nico Quintus sind in Zukunft zuständig für die Fitness und Koordination der Spieler. Auf körperlicher Ebene muss etwas getan werden. Deshalb arbeiten wir auch eng mit dem ‚Sport-Lycée‘ zusammen, weil mittlerweile viele unserer Spieler dort zur Schule gehen. Wenn es möglich ist, wird dort schon an der Physis gearbeitet, so dass die Spieler nach der Schule zum Training nach Monnerich kommen und wir den Akzent dann auf das Techniktraining setzen können.“
„T“: Für die Nationalspieler ist die Saison nun beendet. Geht es für Sie auch in die Sommerpause?
P.P.: „Jetzt kommen noch die Jugend-Pokale und danach stehen bereits die ersten Europapokal-Runden an. Es gibt also keine Sommerpause. Der Verband dreht immer weiter, und das ist auch gut so.“
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können