Dann kann sich einer zufrieden zurücklehnen, weil die Arbeit vollbracht ist. Jo André choreografiert und installiert seit 23 Jahren das Feuerwerk zum Nationalfeiertag.
Kurz vor dem Spektakel wird der gelernte Pyrotechniker einen großen Moment genießen. Das ist der, wenn er an einem silbernen Koffer mit Antenne stehend den berühmten roten Knopf drückt, um damit die Zündung auszulösen. Über Funk werden damit die anderen 29 programmierten Empfänger, mit denen die Feuerwerkskörper verkabelt sind, aktiviert.
Vorläufig ist er noch im Stress. 2,5 Tonnen Material müssen aus Deutschland mit Gefahrgut-Lastern nach Luxemburg gebracht werden. Das Lager mit Material für die acht „Nebenfeuerwerke“ in einem ehemaligen Militärbunker zwischen Vianden und Bitburg ist genauso randvoll. Auch das muss noch verfrachtet werden. Sie werden am selben Abend in acht Städten des Landes fast gleichzeitig gezündet.
Minutiöses Timing
Sein Handy klingelt und wer ihn in den Tagen vor dem Ereignis kontaktiert, bekommt ein kurzes fast schon gebelltes „André“ zu hören. Äußerlich ist ihm wenig von alledem anzumerken. Er sei gut organisiert, flachst er, gibt aber zu, er sei „gesund aufgeregt“. Muss er auch sein. Er und seine freiwilligen Mitstreiter von der „Freedefeier asbl“ sind so etwas wie ein Monopol in Sachen Feuerwerk in Luxemburg.
Er ist vier Tage vor dem Fest mit Abstimmungsarbeiten und Organisation beschäftigt. Seit gestern werden neun Lkw-Trailer, die auf der „neuen Brücke“ stehen, mit den Abschussrampen beladen, 40 Freiwillige sind im Einsatz. Zwei Monate insgesamt laufen die Vorbereitungen schon. Jetzt ist minutiöses Timing gefragt.
Der 39-Jährige ist schon seit Kindertagen mit dem befasst, was alle Jungen lieben: Zündeln. Sein Vater übernahm einen Fachhandel mit Feuerwerkskörpern in Ettelbrück, er musste mit, wenn der Vater auf Einsatz war. Später übernahm er das Geschäft, bis es weiter verkauft wurde. André blieb beim Metier und machte die Ausbildung als Pyrotechniker. Grenzüberschreitend. Er hat die Befugnis, Feuerwerke in Frankreich, Belgien und Deutschland zu veranstalten. Das umfasst sowohl die Herstellung der Feuerwerkskörper als auch das Abbrennen.
Dass es dabei schmutzige Hände gibt – oft begleitet von Schmauchspuren – schert ihn wenig. „Das muss man mögen“, sagt er. Er mag es und ist einer, der nicht nur Feuerwerke choreografiert, sondern auch in jeder Minute dabei ist und sehen will, dass auch klappt, was er sich ausgedacht hat.
Kaum vorstellbar, dass sich mit den Sekundenbruchteilen, in denen die Körper am Himmel verglühen, 17 Minuten füllen lassen – auch wenn die unförmigen in Paketpapier verpackten Würste oder Kugeln nichts von dem haben, was sich der Normalverbraucher unter Feuerwerkskörpern vorstellt.
Die Wucht und die Größe des Feuerwerks dahinter ist greifbar, als er sie zur Demonstration aus einer der großen Kisten hervorholt. „Das Schwierigste ist, die einzelnen Figuren mit der Musik in Einklang zu bringen“, sagt Jo André und klappt seinen Computer auf. Auf Knopfdruck erfüllt Musik den ansonsten kargen Bunker. Es erklingt die speziell für den Nationalfeiertag in der Stadt komponierte Melodie des Bourglinsterer Komponisten Daniel Balthasar.
Den Wind als Feind
„Das hier zum Beispiel ist Horror für jeden Choreografen“, sagt er. Zurückgenommenes Schlagzeug ist mit ebenso zurückgenommenen Basslines zu hören – eine langsame Stelle. Schwierig zu meistern für die Komponisten des Farbenspiels am Himmel.
André arbeitet auf einem speziellen Programm, das jeden einzelnen Abschuss jedes Feuerwerkkörpers präzise vorschreibt, um die Bilder am Himmel zu malen. Das sieht nach Detailarbeit aus. Ist es auch angesichts der Länge der Liste mit den vielen Zeitangaben im Sekundentakt.
Steht die Choreografie, ist trotzdem nicht gewährleistet, dass alles klappt. Nicht Regen, sondern Wind ist der größte Feind des Pyrotechnikers. Das hat ihn dennoch nicht davon abgehalten, sich wieder eine Überraschung auszudenken.
Letztes Jahr waren es die „Feuer“-Noten unter der Brücke, dieses Jahr soll die luxemburgische Fahne mit dem „Roude Léiw“ als Lichterbild an gleicher Stelle leuchten. Um das zu bewerkstelligen wird er noch einmal 20-30 Stunden Arbeit darauf verwenden, eine Schablone zu fertigen, und jedes einzelne Lichtbestandteil der Figur von Hand auf speziellen Vorrichtungen zu befestigen. Dann muss das Ganze noch richtig verkabelt werden und wenn es so weit ist, sollte es windstill sein.
Privat schaut er lieber zu, wenn andere „knallen“. „Da habe ich gar nichts dran“, sagt er. Er bewegt sich in anderen Dimensionen. Sie heißen „Mehrschlagbombe mit acht verschiedenen blauen Bouquets“ oder kennen Pakete, die einzeln bis zu 200 Schuss enthalten. Dagegen erscheint das, was der Normalbürger so verwendet wie Spielzeug.
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