Freitag7. November 2025

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„Der Sound der Formel 1 muss erhalten bleiben“

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Am Wochenende waren bekanntlich Nick Heidfeld und Bruno Senna in Luxemburg zu Charity-Zwecken unterwegs. MotorSportPics.lu hat dem Tageblatt ein Exklusiv-Interview mit beiden Fahrern ermöglicht.

Hier unser Gespräch mit Nick Heidfeld, das Interview mit Ayrtons Neffen Bruno folgt nächste Woche.

Nick Heidfeld Fakten

o Geboren: 10. Mai 1977

o Familienstand: verlobt, Vater von drei Kindern

o Größe/Gewicht: 1,67 m/58 kg

o Hobbys: Sport, gutes Essen

o Formel 1: 2000 Prost Peugeot, 2001-2003 Sauber Petronas (8., 10. und 14. WM-Platz), 2004 Jordan Ford (18. WM-Platz), 2005 BMW Williams (11. WM-Platz), 2006-2009 BMW Sauber (9., 5., 6. und 13. WM-Platz), 2010 Testfahrer Mercedes GP (bis August), Reifentester (August bis September), F1-WM mit Sauber-Motorsport (ab GP von Singapur), seit 2011 Lotus Renault

o Internet: nickheidfeld.com

Tageblatt: Nick Heidfeld, wie sind Sie bislang mit Ihrer unverhofften (Heidfeld ersetzte vor Saisonbeginn den verunglückten Robert Kubica, d. Red.) F1-Saison zufrieden?

Nick Heidfeld: „Ich bin eigentlich ganz zufrieden, doch es geht natürlich immer noch besser. Ich bin jetzt noch dran das letzte Rennen in Montreal zu verarbeiten, wo ich eigentlich ein ganz gutes Resultat hätte herausfahren können und wo ich dann aber durch die Folgen eines kleinen Auffahrunfalls ausschied. Das war schon blöd, zumal wir in den Rennen zuvor nicht wirklich die Möglichkeit hatten so viele Punkte mit nach Hause zu nehmen.“

Wie sieht es jetzt für das nächste Rennen in Valencia aus?

„Wir werden dort, wie immer, ein paar neue Teile am Auto haben. Der Stadtkurs von Monaco (wo der Renault nicht so gut lief) hat uns geholfen, einiges am Auto besser zu verstehen, so dass es in Valencia besser laufen sollte, obschon der Kurs von Valencia nicht wirklich mit dem von Monaco zu vergleichen ist.“

Wo gibt es Verbesserungspunkte – beim Piloten und beim Auto?

„Was mich selbst betrifft, so glaube ich sagen zu können, dass ich bislang bei den Rennen immer das Maximum herausgeholt habe. Im Qualifying ist dies mir allerdings nicht immer gelungen. Manchmal, wie in Barcelona, lag es aber auch am Auto. Ich bin zusammen mit dem Team am Arbeiten, damit es im Training in Zukunft besser gehen soll. Ich glaube, wir sind da auf dem richtigen Weg. Was das Auto betrifft, so haben wir, wie schon gesagt, in Monaco einige Sachen in puncto Aerodynamik erkannt und das Team hat daraufhin sehr schnell reagiert, sodass wir bereits zwei Wochen danach schon einige Änderungen am Auto hatten. Heute ist die Aerodynamik einfach das Wichtigste im Bereich Weiterentwicklung.“

Wie sehr hat sich die F1 verändert seit Ihrer Abwesenheit von einem Jahr und wie hat 2010 Ihr Alltag ausgesehen?

„Ich war als Mercedes-Test- und Ersatzfahrer die ganze Saison über bei jedem Rennen vor Ort, saß allerdings nie im Auto. Das war schon etwas frustrierend. Für mich war es aber wichtig, nah an der Formel 1 dranzusein und die Kontakte zu halten. Zum Schluss der Saison fuhr ich ja dann einige Rennen für Sauber. Publicity-Termine gab es 2010 eigentlich genauso viele wie jetzt als aktiver Formel-1-Pilot auch. Somit war mein Alltag letztes Jahr eigentlich gar nicht so verschieden zu dem von heute.“

Ist der neue verstellbaren Heckflügel (DRS – Drag Reduction System) nicht ein potenzielles Sicherheitsrisiko?

„Es beinhaltet sicherlich ein gewisses Risiko, wenn der Heckflügel einmal dort aufbleibt, wo er eigentlich schließen sollte oder umgekehrt. Wir hatten dieses Jahr ja auch schon solche Situationen wie zum Beispiel bei Adrian Sutil beim Saisonauftakt in Melbourne. Glücklicherweise gab es aber noch keine gravierenden Zwischenfälle. Je mehr wir mit dem System Erfahrung erlangen, umso sicherer wird es auch wohl in der Zukunft werden. Das Ziel, mehr Überholmanöver zu generieren, hat zweifelsohne mit dem DRS funktioniert, obwohl ich vom Ansatz her eher nicht mag, etwas künstlich herzustellen. Die Jahre zuvor hatte man ja schon versucht, das Überholen zu privilegieren, doch eigentlich ist dies bis zur Einführung des verstellbaren Flügels nie wirklich gelungen.“

Öko-Alibi?

Wie beurteilen Sie die neuen Pirelli-Reifen?

„Die Reifen haben auch einen guten Teil zur Show dieses Jahr beigetragen. Wir haben in einigen Rennen ungewöhnliche Strategien, mehr Boxenstopps und sehr verschiedene Performances der Reifen gesehen, je nachdem, wie viel sie abgenutzt waren. Die Reifen haben wirklich das gebracht, was man sich von ihnen versprochen hatte.“

Braucht die Formel 1 KERS oder ist das lediglich als ein Öko-Alibi zu betrachten?

„Beides! Energierückgewinnung ist sicherlich ein allgemeiner Trend, zu dem die Formel 1 sich nicht verschließen sollte. Ja, sie sollte sogar, wie in vielen technischen Bereichen, eine Vorreiterrolle spielen. Ich hoffe lediglich, dass in Zukunft der Sound der Formel 1 erhalten bleibt. Dies ist ein Teil, der zu unserm Sport einfach dazugehört. Ich kann mir beim besten Willen keine Formel-1-Rennen vorstellen, wo alle mit Elektromotoren und ohne jegliche Geräuschkulisse fahren.“

Sie waren in der Formel 1, aber auch vorher in allen andern Serien, Ihrem Teamkollegen zumindest ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen. Ist es nicht etwas demütigend, besonders bei den deutschen Fans, immer hinter einem Schumacher oder jetzt hinter einem Vettel zu stehen?

„Nein, der Michael war sieben Mal Weltmeister, Sebastian ist jetzt der jüngste Weltmeister aller Zeiten. Sie haben mit Sicherheit das, was sie erreicht haben, auch verdient. Ich gebe mein Bestes und versuche annähernd so erfolgreich zu werden wie sie.“

Prototypen oder DTM

Gibt es für Sie in der nahen Zukunft Alternativen zur F 1 – z.B. DTM oder Prototypen-WM?

„Das Ziel ist ganz klar, auch in Zukunft in der Formel 1 mit dabei zu sein. Nach meiner Formel-1-Zeit könnten Prototypen (ILMC) oder DTM klar eine Möglichkeit sein. Bei den Prototypen ist das Problem der unheimliche Geschwindigkeitsunterschied zwischen den LMP1-Prototypen und den GT-Autos, was das Ganze sehr gefährlich macht, wie die schrecklichen Unfälle kürzlich in Le Mans ja auch gezeigt haben. Die DTM wird natürlich ab nächstem Jahr, durch die Markenvielfalt, sehr aufgewertet und man kommt vielleicht in näherer Zukunft wieder dahin, wo fünf oder sechs Marken um den Sieg kämpfen. Da hätte ich schon Interesse daran, mit dabei zu sein.“

Wer wird 2011 Formel-1-Weltmeister?

„Sieht man sich den aktuellen Punktestand an, so scheint es sehr eindeutig zu sein, dass Sebastian erneut das Rennen macht. Ich bin allerdings sehr gespannt, wie es sich weiterentwickeln wird, wenn, voraussichtlich ab Silverstone, einiges im Bereich des Auspuffs vom Reglement her neu definiert wird. Man nimmt an, dass die Red Bulls momentan das meiste ihres aktuellen Vorsprungs durch ihr Auspuffsystem herausholen. Man muss sehen, ob das nach Einführung der neuen Regelung auch noch immer der Fall sein wird. McLaren hat in den letzten Rennen, vor allem in Sachen Rennpace, sehr stark aufgeholt, und wenn sich das Kräfteverhältnis verschieben sollte, dann ist noch vieles möglich, denn die Saison ist noch lang.“

Lotus-Renault GP hat ja das innovativste Auspuffsystem. Was bringt die neue Regeländerung?

„Genau das ist die große Frage. Wir haben hart daran gearbeitet, unser spezielles Auspuffsystem (das Auspuffrohr mündet hinter den Vorderrädern, also vor dem Motor, d. Red.) zu optimieren. Ich kann momentan schlecht einschätzen, ob uns die Regeländerung stärker oder weniger treffen wird als die andern. Unser jetziges System hat sicherlich noch mehr Potenzial, doch jetzt müssen wir uns darauf konzentrieren, die neue Regelung optimal auszunutzen.“