Oder anders ausgedrückt: Wenn etwas Schreckliches passiert, dann kann man sicher sein, dass es zwar Verantwortliche gibt, jedoch niemand rechenschaftspflichtig ist.
" class="infobox_img" />Sascha Bremer [email protected]
Ein Paradebeispiel für diesen Umstand ist wohl die Murdoch-Affäre dieser Tage in Großbritannien um den Abhörskandal und die Vernetzungen zwischen öffentlichen Institutionen wie Scotland Yard und der britischen Einfluss- und Machtelite. Schreckliches ist in der Tat auf der Insel passiert – aber aufgepasst, liebe Bürger, niemand, außer ein paar Bauernopfern, ist letzten Endes wirklich schuld daran.
Der BBC- und Guardian-Kolumnist Gary Younge brachte es dieser Tage auf den Punkt: „Es scheint so, dass das, was wir Bürger als extrem hierarchisierte Organisationen wahrnahmen – wie Murdochs News International und Scotland Yard –, offenbar wie anarchische Kollektive funktionierten.“ Diesen Zustand findet man komischerweise lediglich in den weltweiten Chefetagen wieder.
Das von Younge aufgezeichnete Schema lässt sich wunderbar auf sämtliche von Menschenhand produzierten Krisen und Katastrophen der letzten Zeit anwenden. Die Finanzkrise? Das war doch keiner, schon gar nicht die Finanzjongleure. Die Griechenland-Krise? Weder in der Politik noch bei den Banken noch irgendwo sonst findet man Menschen oder Organisationen, die Rechenschaft abzulegen haben, geschweige denn Schuld an dem Schlamassel haben … usw., usf.
Rupert Murdoch, seine direkten Untergebenen und deren Handlanger befinden sich in einem illustren Zirkel von Entscheidern, die durch ihre „Verantwortungslosigkeit“ unsere heutige politische und gesellschaftliche Kultur bestimmen, um nicht zu sagen ruinieren. Aber gemach, auch wenn niemand richtig zur Rechenschaft gezogen werden kann, den entstandenen Schaden darf die Allgemeinheit bezahlen.
Bemerkenswert ist, dass die Akteure im Zusammenhang mit der News of the World-Affäre – allen voran Premier David Cameron – gern die Wörter „im Nachhinein“ benutzen. Der Gebrauch dieser temporalen Form wird durchaus auch wieder bei jeder „menschlichen“ Krise und Katastrophe gerne, und vor allem, von Politikern benutzt. Damit will man der Öffentlichkeit weismachen, dass man die Gefahren oder Konsequenzen gar nicht ahnte, sprich nichts davon wusste und deshalb natürlich nicht mit ihnen in Zusammenhang gebracht werden kann.
Nur einige Beispiele aus den letzten Jahren: „Im Nachhinein“ hätte man Lehman Brothers nicht pleitegehen lassen dürfen. „Im Nachhinein“ muss man feststellen, dass die Subprimes, die CDS, die Ratingagenturen, die spekulativen Fonds eher schädlicher Natur als von Nutzen sind. „Im Nachhinein“ hätte man die Ausgaben Griechenlands besser kontrollieren und vielleicht weniger Kriegsmaterial an das Land verkaufen sollen. „Im Nachhinein“ hätte man wohl die Finanzkrise nutzen sollen, um den Finanzmarkt gründlich zu regulieren.
Macht und Verantwortung
Es gibt letztlich keine Konsequenzen ohne Ursachen. Und die Ursachen aller großen Krisen unserer jüngsten Vergangenheit finden ihren Ursprung in der Entkoppelung zwischen Macht und Verantwortung. Die Zähmung der Macht durch die Verantwortung aber ist eine Grundvoraussetzung für Demokratie. Dort, wo die Mächtigen nicht zur Rechenschaft gezogen werden können, kann keine wahre Demokratie herrschen.
De Maart
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